Hundert Milliarden Dollar Raub in Venezuela

dollar

Datum: 31. August 2011
Uhrzeit: 16:47 Uhr
Ressorts: Leserberichte
Leserecho: 4 Kommentare
Autor: Martin Bauer, Caracas (Leser)
Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

Gestern erschien in der venezolanischen Tageszeitung „El UNIVERSAL“ eine Meldung, welche besagt, die Nationalbank finanzierte die PDVSA mit 42,5 Milliarden U.S. Dollar. Was soll man sich darunter vorstellen? Zunächst ist festzuhalten, dass wohl kein einziger Dollar von der Banco Central de Venezuela (BCV) an die PDVSA floss, sondern umgekehrt. Jeder Dollar, den die PDVSA einnimmt und nicht auf ausländischen Konten belässt, landet bei der BCV, denn diese hat als einzige Institution des Landes das Recht, Devisen zu deponieren und in nationale Währung zu wechseln.

Dies tut sie auch sehr gerne, denn der hierfür von der Regierung festgesetzte Kurs liegt bei weniger als 50% des effektiven Wertes des Bolivar Fuerte (BsF). Eine leichtere Art, ohne nennenswerte Arbeit und Leistung Milliarden zu verdienen, kann man sich kaum vorstellen. Den Schaden trägt die PDVSA, denn sie erhält so von ihren Verkaufserlösen nur weniger als die Hälfte und dies in einer international wertlosen Währung, mit denen sie keine Verbindlichkeiten an ausländische Firmen begleichen kann. Auch wenn Mineralölkonzerne üblicherweise satte Gewinnspannen erzielen, macht dies deutlich, dass die PDVSA allein durch dieses Prozedere an den Rand des Ruins getrieben werden musste. Hinzu kommt, dass die BCV diese BsF, die sie der PDVSA für deren gute Dollar zahlt, einfach druckt, anstatt sie aus Wertschöpfungsprozessen der nationalen Wirtschaft zu beziehen, oder durch sonstige reale Werte zu decken. Damit erhöht sie in unverantwortlicher Weise die Geldmenge und liefert so eine der Hauptursachen der unglaublich hohen Inflationsrate des BsF. Dies also ist mit „Finanzierung der PDVSA“ gemeint: Das Bild des Bolivar Fuerte auf Papier drucken und dafür die Einnahmen in U.S. Dollar verschwinden lassen.

Als direkte Konsequenz hieraus ist PDVSA seit langer Zeit gezwungen, sich Geld zu leihen. Dies geschah durch Ausgabe von „Petrofonds“, die man zu einem Ausgabekurs von zuletzt etwa 112% kaufen konnte, so zumindest die Theorie. Die jährliche Verzinsung lag bei 7-12%, also erheblich höher als marktüblich. Wären dies Anleihen in BsF, würde dies die Höhe des Zinssatzes erklären. Dennoch käme bei den Inflationsraten der letzten Jahre kein Mensch auf die Idee, ein solches Papier zu kaufen. Also musste man sie zwangsläufig auf Dollar Basis ausgeben. An sich kein Problem, denn man brauchte ja auch Dollar. Das Besondere dieser Anleihen aber ist, dass man sie mit BsF bezahlen konnte, ebenfalls zu dem irrealen Wechselkurs der Nationalbank und dass sie am Ende ihrer Laufzeit in Dollar ausbezahlt wurden. Abgesehen von dem Zeichnungsverlust von 12% hatte man also eine satte Verzinsung von ca. 60% über dem international üblichen Niveau, plus rund 50% Gewinn durch den Wechsel von BsF in Dollar, also im Grunde genau dieses herrliche Geschäft, welches oben beschrieben wurde.

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Kommentarbereich

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  1. 1
    Gast.

    Danke! Die Zusammenhänge der Erdöl-Maffia gehen schon seltsame
    Wege.Der Niedergang des Systems ist unausweichlich,man siehts ja
    jeden Tag in der Praxis.
    Selbst wenn die Regierung ausgetauscht wird dauert es Jahrzehnte
    um einigermaßen wieder Normalität zu erreichen.

    • 1.1
      Afrika

      So wie es aussieht, wird Venezuela schneller als geglaubt in der Gosse enden. Wenn man alleine bedenkt, auf wieviele Jahrzehnte die Chavezbanditen Verträge eingehen, die irgendwann bedient werden müssen, kann sich das venezolanische Volk schon mal warm anziehen und genügend Schnaps auf Vorrat kaufen um das kommende Elend zu ersäufen.
      Wie schwer es ist dem Volk eines Tages gestohlenes Geld wieder zurück zu geben, hat die Vergangenheit deutlich gezeigt.

      Die Intelligenten haben am EXODUS bereits teilgenommen.

  2. 2
    Der Bettler

    Wieder mal ein hervorragender detailierter Bericht über die Dollar und Öl-
    mafia.Wir kommen an so ein Material niemals ran,darum freut es mich sehr
    daß Du, Martin in diesem Forum schreibst.Die ganzen Zusammenhänge
    sind ja haarsträubend.Wie es ausgehen wird zeichnet sich ja schon seit
    Jahren ab.

    • 2.1
      Martin Bauer

      Besten Dank! Aber ich habe auch keinen Zugang zu geheimen Interna. Ich lese nur, was öffentlich zugänglich ist und höre was die Betroffenen sagen.

      Die Emission einer jeden Anleihe wird veröffentlicht, mit allen Details und Konditionen. Das Material ist jedem zugänglich. Wer dann den Nutzen und wer den Schaden hat, ist offensichtlich.

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