Haiti: Die fliegenden Handorgeln

Konsul

Datum: 14. Dezember 2011
Uhrzeit: 09:28 Uhr
Leserecho: 0 Kommentare
Autor: Otto Hegnauer
Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

Die Nächte werden immer interessanter, und vor allem zu kurz. Denn da ist Tag in rechten Landen (ich denke natürlich an Euroland, ironisch wie immer), und da ist nichts zu verschlafen. Schlafen kann man wenn nichts läuft, oder am Tag. Heute morgen schrieb eine Lehrerin, meine Texte seien zu schwierig für ihre Schüler zum Schmunzeln, das tut mir echt leid. Aber es gibt ja Google und Wikipedia, und wenn das zu mühsam ist, müssen die kleinen Studenten halt warten. Das Buch „Otto’s Tiergeschichten“ ist ja extra für junge Wissensgeier geschrieben, Bandbreite nach unten, aber auch die hört abwärts mal auf. Und leider kann das Warten noch ein Jahr betragen. Bis dann verstehen die Leseratten meine Texte vielleicht von selbst, sogar ohne Google und Wikipedia.

Heute morgen habe ich übrigens mein Buch für die kleine Schule fertiggestellt. Ich bin ja so wackelig, dass man nie so recht weiss, – auch Ungeister hören manchmal auf zu geistern. Dann muss auch meine AHV und damit die finanzielle Unterstützung der Bergbürger und der kleinen Schule ESMONO aufhören, was ich nicht möchte. Deshalb habe ich mich zur Ausgabe eines 5. Buches entschlossen. Was würde sich da besser eignen als das Manuskript zu ÜBERLEBEN AUF DER BERGBURG, das schon fast druckreif ist und die Lebensweise eines Erdbeben-Überlebenden und seiner Gastgeber-Familie meint, das mit ECOLE SUR LES MONTAGNES NOIRES (SONNE ÜBER DEN SCHWARZEN BERGEN) nur noch erweitert werden musste, und der Titel wäre auch schon fertig. Dieses Buch soll einmal für das Weiterleben der rührigen Bergburg-Familie und der kleinen Bergschule da unten auf dem Schluchtgrund sorgen. Ihr könnt mithelfen, dass es ein Bestseller wird!

Doch meine Erlebnisnacht wird noch spannender, bei weitem spannender. Zuerst mit Facebook. Ich habe zur Zeit Leserbesucher aus deutschen Landen, das ist allein schon immer spannend. Aber die sind gerade unterwegs zur Zitadelle, dem „8.Weltwunder“ drüben beim Cap, da lese ich von Oliver, wie er kühn von neuen Planeten erzählt, so wie wenn er schon dort gewesen wäre. Oder hat er klammheimlich mit den Ausserirdischen im Weltraumbahnhof zu tun, der ja etwas weiter aussen im Bermuda-Dreieck liegt (Märchen aus der Vaudou-Trommel, Aufstieg ins All)?

Die UFO-Menschen steigen aus den Trommelmärchen heraus. Seit dem 5. sind die Medien voller Schlagzeilen über das All: In 600 Lichtjahren Entfernung: „Kepler“ bestätigt Erd-Planeten, noch ist es zu früh zu sagen, ob in 600 Lichtjahren Entfernung Leben existiert – bewiesen ist hingegen, dass es Planten gibt, die theoretisch die Bedingungen für Leben zu erfüllen – wie viele Erden gibt es im All? – sein Durchmesser ist 2,4 Mal größer als derjenige der Erde – gibt es andere Welten als die unsere? – er umrundet seine Sonne, die etwas kleiner und kühler ist als die unsere, alle 290 Tage.

Und weiter: Planetenjäger haben bereits mehr als 700 Planeten anderer Sterne aufgespürt, sogenannte Exoplaneten – auch frühere Beobachtungen hatten bereits erdähnliche Planeten in oder am Rande der bewohnbaren Zonen ihrer Heimatsterne gefunden – Das Nasa-Weltraumteleskop „Kepler“, das zur Suche nach erdähnlichen Planeten gestartet worden war, hat bislang mehr als 2300 Kandidaten für Exoplaneten bei anderen Sternen gefunden, davon 48 Kandidaten in bewohnbaren Zonen – 50 neue Planeten entdeckt, eine zweite Erde ist nicht dabei.

Das ist Kepler 22b. 600 Jahre für das Licht. Wie lange muss dann erst ein e-Mail unterwegs sein, das oft von Haïti nach Euroland schon versumpft? An Schlaf ist heute nacht nicht mehr zu denken.

Die Spannung hört nicht auf. Peter Sollberger von Volksmusiknet.ch habe ich vor mehr als 30 Jahren, auf der Gasse in Zürich kennen gelernt, ein weiterer Kontakt blieb aus. Er hat zur Visitenkarte bezw. Adresse gut Sorge getragen, denn heute schreibt er mir: „Joseph Grossnicklaus ist seit vielen Jahren Musiklehrer an einer staatlichen Schule in Port-au-Prince (Haiti). Seit dem grossen Erbeben vom Januar 2010 gibt es offiziell keinen Musikunterricht für Kinder mehr. Das Klavier und die meisten Musikinstrumente sind heute noch unter den Ruinen vergraben. Im letzten Monat hat Volksmusiknet.ch zehn Blockflöten im Nachbarstaat in St. Domingo eingekauft und war dafür besorgt, dass diese Instrumente an Joseph Grossnicklaus ausgeliefert wurden. Wir haben erfahren, dass dank diesen zehn Blockflöten bereits über 30 Kinder wieder Musikunterricht geniessen können. Nun möchte Volksmusiknet.ch dem Musiklehrer fünf Handorgele für die Schule zur Verfügung stellen. Mit diesen fünf Instrumenten können dann bis zu 20 Kinder unterrichtet werden. Helfen Sie uns mit einer Geld-Spende, diesen Kinderwunsch zu erfüllen. Volksmusiknet.ch wird sich persönlich darum kümmern, die Instrumente Occasion in Miami (USA) einzukaufen und übernimmt den Transport nach Haiti.“ Vielleicht gibt das ja den nächsten Besuch! Da lacht mein Herz wieder einmal, und ich wünsche den fliegenden Handorgelen und allem was folgt viel Glück! Ein Link ist ja eingebaut und funktioniert, in weniger als 600 Lichtjahren.

Auch die Schweizer Stiftung 3hf, mit der wir zusammenarbeiten, sucht Standplätze für „2 Container mit 120 Compis und 200 Musikinstrumenten“ für Gonayiv, vielleicht noch weitere fliegende Handorgeln. Hier muss man mit allem rechnen.

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Die exklusive Haiti-Kolumne im latina press Nachrichtenportal von Otto ‚Swissfot‘ Hegnauer. Der ehemalige Lehrer lebt seit mehreren Jahrzehnten auf Haiti und berichtet exklusiv von seinem täglichen Leben auf der Insel Hispaniola.

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