Sozialismus in Venezuela: Gefangen in der Figur von Hugo Chávez

chav

Datum: 24. Februar 2012
Uhrzeit: 14:20 Uhr
Leserecho: 11 Kommentare
Autor: Redaktion
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► Sozialistische Projekt ist in Gefahr

Hugo Chávez, seit seiner Machtübernahme vor 13 Jahre unangefochtener Volkstribun in Venezuela, muss sich einer erneuten Operation auf Kuba unterziehen. Alle Beteuerung der letzten Monate, nach denen er wie durch ein Wunder urplötzlich vom Krebs genesen war, haben sich wie erwartet als Trugschluss erwiesen. Der charismatische und allgegenwärtige bolivarische Führer gab keine Details über seine neuerliche Erkrankung bekannt, erkannte allerdings nach eigenen Worten, dass er nicht unsterblich sei.

Indessen wird die Regierung in Caracas nicht müde, an ihren offensichtlich geschwächten Kandidaten für die Präsidentschaftswahl am 07. Oktober festzuhalten. „Nichts und niemand kann die bolivarische Revolution stoppen“, ist in diesen Tagen vermehrt aus der Hauptstadt zu hören. Analysten machen allerdings schon seit Monaten darauf aufmerksam, dass das sozialistische Projekt in Gefahr ist. Dem selbst ernannten Baumeister des „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ wird ein großer Fehler unterstellt, da er in seiner Amtszeit selbstherrlich regierte und keinen Gedanken über einen evtl. Nachfolger verschenkte.

„Dieses Verhalten war unverzeihlich. Die bolivarische Revolution dreht sich nur um einen Führer, diese komplizierte Aufgabe kann nicht funktionieren“ erklärte Mariana Bacalao, Professorin an der „Universidad Católica Andrés Bello“. Sollte es der regierenden Partei nicht gelingen, einen starken und gesunden Kandidaten in den Wahlkampf zu schicken, dürfte der Traum von einer Wiederwahl ausgeträumt sein.

„Chávez hat es versäumt, Relieffiguren zu suchen. Ein sozialistischer Prozess kann nicht ewig von einem Mann abhängig sein“, teilte Nicmer Evans, politischer Analyst und Professor an der „Universidad Central de Venezuela“ mit. „Alles dreht sich nur um ihn, niemand wagte es ihm zu widersprechen“, fügte er hinzu.

Das mögliche Wiederaufflammen des Krebses bereitet den Chávez-Anhängern Sorge. Allerdings wird darüber nicht öffentlich diskutiert, die Erkrankung war und ist ein Tabu-Thema. „Chávez ist und bleibt unser Kandidat, er ist der Führer der Bolivarischen Revolution“, gab Diosdado Cabello Rondón, der am 13. April 2002 während der Entführung von Hugo Chávez für einen Tag amtierender Präsident Venezuelas war, bekannt. Luis Vicente León, Direktor der Meinungsforscher Datanálisis, bezeichnete die Ministerriege und den Bruder des Präsidenten als „Delfine“, die nur der Sicherung und der Unterstützung der Revolution dienen.

„Das größte Problem ist der große emotionale Anschluss der Wähler. Es ist schwer vorstellbar, einen Mann wie Chávez über Nacht zu entfernen. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustands des Präsidenten könnte Machtkämpfe innerhalb der Chávistas entfachen, die sich um sein Erbe und ihre Pfründe streiten“, so León. Er wies darauf hin, dass sich die Menschen von den nachwachsenden Haaren und dem robusten Auftreten des Präsidenten nach dessen Chemotherapie haben täuschen lassen.

Das amtierende Staatsoberhaupt genießt mehr als 50% Popularität bei der Bevölkerung. Auf ihn wartet der 39-jährige Kandidat der Opposition. Henrique Capriles Radonski ist 18 Jahre jünger und strotzt vor Gesundheit und Selbstbewusstsein.

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Kommentarbereich

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  1. 1
    Martin Bauer

    Ich möchte nur wissen, wo in aller Welt diese „über 50%“ zu finden sein sollen, die CHávez unterstützen. Letztes Wochenende war ich mal wieder in einem der Barrios, auf einer Geburtstagsfeier mit Freunden und deren Nachbarn. Alle bedachten Chávez mit den übelsten Flüchen und Verwünschungen, bis ein junger Mann aus der Nachbarschaft eintrat, von dem man mir zuflüsterte, er sei der Sohn eines Chavista und Drogendealers. Ab diesem Moment war das Thema tabu.

    • 1.1
      peterweber

      es fällt mir nie schwer die leute aus den verschiedensten lagern, nach ihrer zufriedenheit mit der regierung zu fragen. waren es noch vor 12 jahren derer sehr viele, kommen heute ganz bewusst immer mehr kritische töne an den tag. diesten stört, dass die teuerung den löhnen davongaloppiert und den andern stinkt es immer mehr, die grossgekotzten missionsankündigungen und revoluzionsparolen zu hören, denen ausser noch mehr geldunterschlagung und komplizierung der administration und schikanierereien durch das regieme, nichts nachkommt.
      man sagt wo rauch ist, ist auch feuer, aber in dieses revolizzerfeuer pinkeln schon lange die meisten drein.

  2. 2
    Der Bettler

    Sehe gerade im Fernsehen Chavez im offenen Wagen,triumphsfahrtsmäßig
    auf dem Weg zum Flughafen.Man könnte meinen es war eine Krönung oder Hochzeit.Was ich so sehe ist dem Volk nicht mehr zu helfen.Blumen ,
    Blütenblätter Plüschtiere.Ja geht`s noch!! Aber vielleicht war es seine letzte
    Fahrt durch die jubelnde Menge.Was ich nicht verstehe,warum jubelt ihm
    das Volk so zu,wenn er sie in Bezug auf seine Krankheit so belogen hat?
    Was sich da abspielt ist Hollywood reif.

    • 2.1
      Martin Bauer

      Ist ganz einfach zu verstehen. Die selbe Masche die schon Mao, Ulbricht, Honnegger etc. praktizierten: Diese „Miet-Jubler“ sind handverlesen und von überall herbei gekarrt.
      Der geht doch nicht das Risiko ein, sich der Gegenwart normaler Menschen aus dem Volk auszusetzen, von denen ihn vielleicht einer nicht leiden kann. Zumal es Schusswaffen in Privatbesitz gibt, wie Sand am Meer.

  3. 3
    hugo

    vielleicht sind auch leute darunter, denen es unter chavez besser geht als unter seinen vorgängern….“Was ich so sehe ist dem Volk nicht mehr zu helfen…“ vielleicht verstehen einige foristen eben nicht, was das volk will, trotz des langen aufenthalts in diesem land.

    • 3.1
      Martin Bauer

      „…vielleicht sind auch leute darunter, denen es unter chavez besser geht als unter seinen vorgängern…“
      Aber ganz sicher gibt es die: Unverschämte, faules Taugenichtse, die übernacht Millionäre geworden sind, auf Kosten des Volkes, oder Typen, die sich mittlerweile 10 oder 20 Mietshäuser durch dreiste Besetzung unter den Nagel gerissen haben und diese vermieten.
      „…vielleicht verstehen einige foristen eben nicht, was das volk will, trotz des langen aufenthalts in diesem land.“
      Wir sind ein Teil des Volkes. jedenfall ich sehe mich so. Wenn Sie wissen wollen, was das venezolanische Volk will, dann fragen sie nicht machtgierige Sozis und deren verblödete Mitläufer, fragen Sie das Volk auf den Strassen von Caracas!

  4. 4
    ttenzer

    diese leute kann man objektiv an einer hand abzählen – du gehörst vermutlich auch dazu Hugo….

  5. 5
    hugo

    schön, dass die anders denkenden immer „verblödete mitläufer“ sind. wie blöd muss man selber sein, unter diesen „verblödeten mitläufern“ leben zu wollen oder zu müssen?

  6. 6
    Annaconda

    Bitte nicht das Wort Sozialismus gebrauchen, mit dem was sich in Venezuela abspielt.Dem käme wohl eher nahe Populismus faschistoider Ausprägung.Danke

    • 6.1
      Martin Bauer

      Warum denn nicht? Hier spielt sich doch genau das ab, was in Varianten immer und überall auf der Welt abgezogen wurde, wenn eine Regierung sich „sozialistisch“ nannte.

      Wenn Polit-Theoretiker ein „perfektes“ Gesellschaftssystem entwickeln, welches, um zu funktionieren, perfekte Menschen braucht, kann man es getrost auf den Müll werden. Ein solches System muss für die Menschen geschaffen sein, die wir auf der Welt haben, mit all ihren Fehlern und Schwächen. Nicht umgekehrt! – Und ich habe noch keinen getroffen, der auf einem sozialistischen Schiff einfacher Seemann sein will, alles nur Kapitäne.

  7. 7
    ttenzer

    Ave Maria

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