Venezuela: EU-Flugverbot für Conviasa nicht unerwartet

conviasa

Datum: 04. April 2012
Uhrzeit: 05:16 Uhr
Leserecho: 2 Kommentare
Autor: Redaktion
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► Sicherheit hat oberste Priorität

Das wegen erheblicher Sicherheitsbedenken von der Europäischen Kommission verhängte Flugverbot für die venezolanische Luftfahrtlinie Conviasa kommt für internationale Luftfahrt-Experten nicht unverhofft und ist ein weiteres Beispiel für die katastrophalen Zustände im „Sozialismus des 21. Jahrhunderts. Die Kommission hatte am Dienstag die 19. Aktualisierung der sogenannten „Schwarzen Liste“ vorgelegt und unter anderem die in Venezuala zugelassene Luftfahrtlinie Conviasa wegen erheblicher Sicherheitsbedenken mit einem Flugverbot belegt.

Die Entscheidung war einstimmig vom Ausschuss für Flugsicherheit (bestehend aus Vertretern der 27 Mitgliedsstaaten, Kroatien, Norwegen, Island, Schweiz und die Europäische Agentur für Flugsicherheit) beschlossen worden. In der Praxis ist von dieser Maßnahme nur der Conviasa Flug nach Madrid betroffen. Die Airline gab am Mittwoch (4.) auf ihrer Website bekannt, dass „Santa Bárbara Airlines“ die Flüge auf die iberische Halbinsel übernehmen wird. Experten äußern allerdings ihre Zweifel an der Sicherheit bei anderen Frequenzen der Fluggesellschaft, die 14 Ziele im Inland und 10 international anfliegt. Die Regierung in Caracas wies die Entscheidung der EU in gewohnter Manier als „völlig unverhältnismäßig“ zurück.

„Sicherheit hat die absolut oberste Priorität. Wir können auf diesem Gebiet überhaupt nicht kompromittieren. Wenn wir innerhalb oder außerhalb der Europäischen Union Beweise für Unregelmäßigkeiten besitzen, müssen wir handeln und ein Flugverbot verhängen. Ich betone nochmals: Die Sicherheit der Fluggäste hat absolute Priorität“, erklärte EU-Verkehrskommissar Siim Kallas. Die aktualisierte EU-Flugsicherheitsliste sieht ein vollständiges Betriebsverbot in der EU für sämtliche Fluggesellschaften (insgesamt 279 namentlich bekannte Unternehmen) aus 21 Staaten vor. Conviasa wurden aufgrund von Unfällen und Vorfeldkontrollen auf EU-Flughäfen erhebliche Sicherheitsbedenken attestiert.

Conviasa hat ihren Sitz in Maiquetía, die Basis liegt auf dem Flughafen Caracas. Die Fluggesellschaft wurde am 30. März 2004 gegründet und nahm am 28. November 2004 den Flugbetrieb auf. Conviasa gehört zu 80 Prozent der Regierung Venezuelas und zu 20 Prozent der Regionalregierung des Bundesstaates Nueva Esparta. Das Unternehmen ist für seine technischen Pannen, ständigen Verspätungen und Annullierungen bekannt. Letzte Woche fand ein Flug von Caracas nach Madrid 30 Stunden später statt.

Bereits im Januar hatte der an Krebs erkrankte venezolanische Präsident Hugo Chávez angekündigt, die bestehende Flotte von 18 Flugzeugen mit 20 Embraer-Maschinen aus Brasilien zu erweitern. Andrew Parés, Präsident der Nationalen Pilotenvereinigung von Venezuela teilte bereits vor Monaten mit, dass die Flugzeuge des südamerikanischen Landes total veraltet sind und von einem “Friedhof” stammen. Flugunfall-Ermittler Martin William Dugarte erklärte, dass die von der Regierung veröffentlichten Zahlen über 48 Zwischenfälle im vergangenen Jahr nicht der Wahrheit entsprechen. Laut einer Statistik der Organisation “Rescate Humboldt” gab es mehr als 74 Flugunfälle.

„In Venezuela werden die Kontrollen bei den Airlines anscheinend nicht hinreichend streng durchgeführt. Viele Maschinen sind 30 Jahre alt“, erklärte William Dugarte, Berater und Rechtsvertreter der Opfer von Flugzeugabstürzen in Lateinamerika. Er vertritt unter anderem die Opfer des Absturzes einer Conviasa-Maschine vom September 2010, bei dem 17 Menschen in der Nähe Puerto Ordaz starben.

Globale Besorgnis über die Sicherheit der venezolanischen Flotten sind nicht neu. Erst 2006, nach mehr als einem Jahrzehnt, hob die Federal Aviation Administration USA (FAA) ein Flugverbot für venezolanische Fluglinien in die USA auf. In den letzten acht Monaten wurden mindestens fünf Unfälle mit Flugzeugen der Bolivarischen Nationalen Streitkräfte registriert, bei denen 20 Personen getötet wurden.

In diesem Zusammenhang billigte die venezolanische Regierung am Montag 500 Millionen Dollar für den Kauf der von Chávez im Januar angekündigten neuen Flugzeuge. Zumindest auf dem Papier sollen die Träume des sich seit 13 Jahren an die Macht klammernden Volkstribuns beibehalten werden.

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Kommentarbereich

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  1. 1
    Linus Bracher

    Ob das verlogene Pack die EU-Entscheidung ablehnt – oder nicht, interessiert keinen Menschen. Fakt ist, dass die Schrott-Airline keinen europäischen Boden oder Luftraum berühren wird.

  2. 2
    Martin Bauer

    In einen Vogel von Santa Barbara Airline kriegt mich aber auch keiner rein. Ich kenne die Schlamperei dieser Brüder zu genüge.

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