Leben auf der Isla de Margarita: ein Paradies mit Macken► Seite 2

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Datum: 15. Oktober 2012
Uhrzeit: 12:35 Uhr
Leserecho: 12 Kommentare
Autor: Dietmar Lang
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Soziale Ungerechtigkeit, Korruption, Versorgungsengpässe und die ganz Venezuela überrollende Welle der Gewalt sind daher auch sie sensiblen Themen, die man bei der Auswandererfamilie beim gemeinsamen Abendessen am liebsten ausblenden würde. Manchmal kann man es, manchmal ist es unmöglich. Und so hat sich Regina mit einem schönen Garten auf ihrem Grundstück ein Refugium als Gegenpol geschaffen, wo sie den venezolanischen Alltag vergessen kann. Etwas abgelegen im Norden der Insel und unweit einer kleineren Stadt hat die Ruhe des Dorflebens die Familie geprägt. Hier fühlt man sich heimisch und sicher, die kleine Gemeinschaft passt auch gegenseitig auf sich auf.

Doch so ganz kann man dem auch nicht mehr vertrauen. Es wird zwar nicht offen ausgesprochen, aber man ist schon ein klein wenig in der „Perle der Karibik“ gefangen. Das Haus will man nicht alleine lassen, gemeinsame Ausflüge oder gar Urlaubsreise fallen damit aus. Zu groß sind Angst vor Einbruch oder Überfall. Auch die gegenseitigen Benachrichtigungen per SMS, dass man bei einer kurzen Fahrt über die Insel nach einem Besuch wieder gut daheim angekommen ist, entwickelte sich zu einem gängigen Ritual.

„Nein, wir wollen hier nicht weg. Wo sollten wir dann auch hin?“ verteidigt Regina ihren Inseltraum schon fast ein wenig trotzig. Dabei weiss auch sie, dass sich alles durch weitere sechs Jahre Chávez-Sozialismus endgültig in einen Alptraum verwandeln könnte. Es bleibt nur die Hoffnung, dass es doch irgendwann besser wird. Schon daher hatte man auf den Herausforderer Henrique Capriles gesetzt und tut sich nun schwer damit, die Niederlage zu akzeptieren. Die Enttäuschung ist zu groß, doch noch will man weiter das Paradies für sich selbst verteidigen.

Und so wird sich die sechsköpfige Familie auch in den kommenden Jahren irgendwie zu helfen wissen, wenn wieder einmal Milch, Öl oder Toilettenpapier in den Supermärkten fehlt. Oder Zement für den Ausbau des Häuschens. Und die Auswanderer wollen sich nach dieser langen Zeit auch weiterhin die Hoffnung bewahren, dass irgendwann „El Comandante“ verschwunden ist. Nicht nur von den Mauern und Laternenmasten der Insel, sondern auch aus dem „Palacio Miraflores“ in Caracas.

Damit es irgendwie wieder besser wird. Wie früher, als der Traum vom Auswandern auf die Karibikinsel gerade erst begonnen hatte. Doch die Zeit wird sich kaum zurückdrehen lassen, die Macken im Paradies werden wohl nie wieder ganz verschwinden. Auch wenn der Kampfgeist irgendwo weiter schlummert. „Wir kriegen das schon hin. Das Leben geht weiter“ lächelt Regina und blickt aus ihrer ganz eigenen kleinen Welt in Richtung untergehende Sonne.

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  1. 1
    Harald

    Absolut realistischer Bericht. So ist es leider. Der linke Kasper aus Caracas hat fast alles kaputt gemacht. Man muss den Linken und Kommunisten nur Zeit geben – Geht nicht-gibts nicht.

  2. so sieht unser Alltag auch aus, aber leider auf dem Festland, da geht es noch ein Stück „härter“ zu….
    Die Niedergeschlagenheit vieler Ausländer ist schon beänstigend! Leider wissen die Venezolaner noch nicht was am Ende rauskommen wird!

  3. 3
    Der Bettler

    Kann ich nur zustimmen,wohne seit 17 Jahren auf der Insel. Und wenn hier noch einer schreibt,vor Chavez war es schlimmer,der lügt sich dermaßen die Hucke voll.Wo sind die ganzen Touristen,auf der Insel mit Sicherheit nicht.Viele Hotels sind geschlossen und gammeln so vor sich hin.Aber da sind ja die Neunmalklugen,die behaupten der Tourismus boomt.Haben sie
    sicher wieder in einen Regierungsblättchen gelesen,und ist eine glatte Lüge

    • 3.1
      Helge

      Es ist wirklich ein Jammer…Wie fühlt es sich denn insgesamt so in Sachen Sicherheit auf der Isla? Posadabesitzer werden sicher nicht jeden Tag gemeuchelt, aber insgesamt hört man ja auch öfter, dass die Sicherheitslage auch in den vergangenen zwei, drei Jahren nochmal schlechter geworden ist…Ist das auch Deine Erfahrung? Kann man am Abend noch an ner Strandbar sein, ohne sich über den Heimweg selbst mit Auto große Sorgen machen zu müssen? Und tagsüber?
      Wie haben sich denn Orte wie Juan Griego entwickelt aus Sicht eines Residenten, in den letzten zwei, drei Jahren? So im punkto Sicherheit, Versorgung, Restaurants…?
      Die Posadabesitzer (sofern noch lebend) sind über die Lage sicher nicht glücklich, aber halten die sich noch über Wasser, oder ist da die Pleite oder Aufgeben häufig jetzt eher schon nahe, so vom Hörensagen?
      Das sind so Sachen, die in dem Bericht nicht so deutlich zum Audruck kommen, aber auch einiges über die Lage sagen würden…

      • 3.1.1
        Pandora

        „…… das sind so Sachen, die in dem Bericht nicht so deutlich zum Ausdruck kommen, aber auch einiges über die Lage sagen würden…“

        In dem Bericht wurde ja auch nur die Sichtweise des Schreibers und einer hier lebenden Person dargestellt . Ich glaube kaum , dass ein Posada , Hotel oder Restaurant-Betreiber so ehrlich sein würde ( kann er ja auch verständlicherweise nicht ) und die traurige Wahrheit ( und es ist nun mal die Wahrheit ) preis geben würde . Eher würde man alles „schön reden“ .
        Es geht immerhin um die Existenz – das Überleben schlecht hin .

  4. 4
    gerda mueller

    in wenigen worten kann man die ganze situytion zusammen fassen:
    wir leben in venezuela zurückgezogen in unseren verbarikadierten refugien und gehen nach sonnenuntergang nur sehr selten weg. wir leben in unserem eigenen gefängnis im paradies.
    man muss aber auch einmal sagen, dass der massentourismus in margarita gar nie hätte ausbrechen dürfen (mit seinen geschissenen hotel-club-burgen), denn dies hat den wunderbaren individualtourismus, welcher der einheimischen bevölkerung so viel barchte und die unzähligen restaurant mit gästen füllte und so allen was brachte.

    wenn ich zurück an die massenhoerden an billigsttouristen aus europa denke, bin ich heute glücklich keinen mehr sehen zu müssen.

    dass man diese touristen also nicht vermissen kann auf margarita sollte gebildeten leuten klar sein. mit der zeit, wenn mal endlich die sicherheitslage für die bürger wieder ein wenig besser ist, wird auch der individualtourist gerne wieder aufblühen.

    aber bitte keine LTU oder CONDOR oder MARTINAIR – touris mehr, die nebst dem hoten gerade mal mit 50 euros ausgaben für 14 tagen kalkuliert haben (für zigaretten), denn auf dieses pack verzichten wir gerne.

  5. 5
    Der Bettler

    Ein paar Antworten: Abends Strandbar Fehlanzeige.Auf der ganzen Insel werden die Strandbars bei Sonnenuntergang geschlossen.Der kein Auto hat kommt auch nicht mehr nach Hause,weil Taxis nicht mehr fahren. Am
    Playa Caribe sind Restaurants und Hotels am lichten Tag überfallen worden
    und samt Gästen ausgeraubt worden.In Juan Griego gibt es so gut wie nichts mehr, Mama mia ist seit mindesten 10 Jahren immer noch da,aber unbezahlbar geworden.Eine Pizza 3x teuerer als unsere Italiener in Deutschland.Bars oder Disco gibt es Nachts überhaupt nicht mehr.Avelino
    ein Portugiese hatte früher bis 1 Uhr nachts geöffnet und nach mehreren Überfällen sperrt er jetzt zwischen 8 und 9 Uhr Abends zu.Dann haben wir noch die Marie,die macht erst um 9 Uhr abends auf,eine Spelunke wo fast nur Einheimische verkehren,aber Preise wie in einer Nobelbar. 1 Cuba Libre 40 Bolis und 1 Polar 8 Bolis.Zu erwähnen 5 Chinarestaurants,und ein paar Hähnchenbrater.Ja das ist Juan Griego. In den letzten 2 Jahren weiß ich 5 Deutsche und 7 andere Ausländer die auf der Insel ermordet wurden.

  6. 6
    Wolfgang

    Auch ich lebe mit meiner Familie auf der Isla und suche bis heute das fehlende Klopapier, Speiseoel und vom vielen Kaffee bekomme ich hoechstens mal Einschlafstoerungen. Gut, Zement gibt es derzeit nur mit Glueck oder fuer 80 Bollos pro Sack, das stimmt. Aber – lest Ihr anderen Noergelmagaritenos eigentlich die BILD online? In Berlin auf dem Alex werden am hellichten Tag Leute umgebracht, rumaenische Einbrecherbanden ueberall, Benzin 1.70Euro pro Liter, Strom, Gas, Heizoel sind zu absoluten Luxusguetern geworden, dazu Dreckwetter und die Merkel, die „unsere“ Milliarden an Suedeuropa verdaddelt. Love it or leave it, Freunde, klar ist hier nicht alles bueno, aber ich sage euch, 1Woche in Deutschland und Ihr wuerdet auf die Isla zurueck SCHWIMMEN! Und ein Margarita, wo es aussieht wie in Acapulco oder Cancun, das moechte ich nicht.

    • 6.1
      Pandora

      Nörgelmargariteños … na prima . Aber scheinbar hast Du den Bericht nicht richtig gelesen …. da steht ja nicht , dass es jetzt gerade kein Papier für den Hintern , kein Öl etc gibt … diese Zeiten gab es aber und sie sind noch nicht lange her …. Wie lange lebst Du denn schon hier um diese Zeiten nicht mitbekommen zu haben oder hattest Du so viel gehortet , um diese Engpässe gut zu überstehen ?
      Was oder wen interessiert , was in DE abgeht , wenn man doch hier lebt ?
      Ach ja , Bollos – das sind die Teile aus Maismehl und nicht die hiesige Währung ,aber das nur mal so am Rande :)

  7. 7
    Der Bettler

    Herr Wolfgang,ich nörgle nicht,sondern habe auf Wunsch die Situation auf der Insel beschrieben,und so ist es auch. Die wöchentlichen Morde können
    Sie in der Blutzeitung lesen ,eine Beilage der Sol de Margarita.Habe mich auch nur über Juan Griego und Umgebung und deren Strände geäußert.
    An anderen Orten kenne ich die Situation nicht so genau.Wenn Sie an einem Ort wohnen ,wo keine Kriminalität ist,dann sollten Sie sehr froh sein.
    Ich kenne auf der Insel nicht einen Europäer,der nicht schon mal überfallen
    oder verletzt wurde.Bei einem Bekannten mit hoher Mauer und elektrischen Zaun um das ganze Haus wurde schon 2x eingebrochen und
    Fernsehgeräte Telefon und Handys geklaut.Das zur Sicherheit.

    • 7.1
      hugo

      es ist halt ein dritte welt land mit all seinen negativen auswüchsen. je höher die mauern und der elektrisch geladene stacheldraht oben auf, um so größer die not im lande und/oder die ungleichverteilung von besitz und vermögen im lande. man sendet mit derartigen zeichen ein sehr schlechtes signal an die einheimische bevölkerung aus. solange man aber mit den mitteln aus dem herkunftsland noch besser leben kann als aus seinem herkunftsland selbst, nimmt man derartige verwerfungen, von denen man selbst nur rudimentär betroffen ist, selbstverständlich in kauf, bis zu dem zeitpunkt, wo man selbst davon ernsthaft betroffen ist. dies sollte man fairerweise nicht verschweigen. dass die kriminalität exorbitant gestiegen ist hängt eben damit zusammen, dass es kaum arbeitsplätze gibt, die ein auskömmliches einkommen generieren. dies ist aber ein ganz anderes thema.

      • 7.1.1
        joelle

        huguito sorry aber:
        Also auf die Insel bezogen ist das schon wieder Schwachsinn. Hier gibt es genug Arbeit aber viele sind einfach zu faul oder schlicht zu dumm zum Arbeiten oder sind so auf dem revolutionstrip, dass die eh meinen Enteigung machen die oberen doch auch, was solls…. Viele Ueberfaelle werden von Polizisten und GN’s ausgeführt. Es ist ein kulturelles Problem, das durch die Politik deines Lieblings Chavez verstärkt wurde. Denen passiert eh nichts. Wenn sie geschnappt werden sind sie eh gleich wieder draußen. Wenn sie Pech haben dann gehen sie nach San Antonio ins Prison Paradise. Im übrigen kann man hier prima leben und mit Fleiß und dementsprechenden Tugenden auch viel erreichen. Man muss sich eben sein Umfeld und Wohnort aussuchen und nicht den Dicken machen.

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