Chile: Gipfeltreffen der Mapuche fordert Entmilitarisierung und autonomen Staat in Araukanien

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Datum: 16. Januar 2013
Uhrzeit: 02:55 Uhr
Ressorts: Füllgrafianas
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► Indigenes Volk kämpft seit 500 Jahren um angestammtes Gebiet

Araukanien brennt wieder – im wahrhaftigen und bildlichen Sinn. Nach tödlichen Brandanschlägen und Truppenmassierung der Polizei, berufen Mapuche-Führer Gipfeltreffen mit der chilenischen Regierung für den 16. Januar in Araukanien ein

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In der Mapuche-Heimat brennt es, genau genommen, seit 500 Jahren, als die Spanier in Zentral-Chile auf den erbittersten aller Widerstände während der erfolgreichen Conquista stiessen, und von den Mapuche im blutigen, ein Jahrhundert andauernden Arauco-Krieg besiegt wurden. Den Sieg und die Anerkennung ihres Territoriums machten die Mapuche auf dem Parlament von Ñielol aktenkundig, als König Phillips IV Emmissäre 1641 zu den Lonkos – die Stammesfürsten – der Mapuche reisten um die nördliche Grenze zum Mapuche-Land am Biobío-Strom vertraglich festzulegen.

Rund zweihundert Jahre lang herrschte Frieden zwischen den Eroberern und den Mapuche. Erst Anfang des XIX Jh. begann der Aufstand der chilenischen Criollos unter der Führung von Bernardo O´Higgins gegen die Spanier – 1819 wurde Chile unabhängig. Wenige Jahre später, trafen sich nun die Vertreter der jungen Republik Chile mit den Lonki der Mapuche und ratifizierten auf dem Parlament von Tapihue, vom Januar 1825, zum zweiten Mal die Anerkennung der Mapuche-Nation mit eigenem, unantastbarem Territorium: die Gebietsgrenze em Biobío wurde anerkannt.

Die neuen Herren über Chile schienen es ernst zu meinen mit dem 33 Klauseln zählenden Vertrag, bei dessen Unterzeichnung es ritterlich und feierlich zuging [frei übersetzt]: „33. Als vereinbarte und unterschriebene Einigung, sah das Protokoll die Aufstellung der Truppe in Reihe und Glied am feierlichen Ort der Begegnung vor, der zum Mittelpunkt des Aufmarsches dient, dem die Hissung der Flagge der Nation mit zehn Kanonenschlägen-, Trompeten und Trommel-Getöse folgte um das dem Naturvolk-Angehörigen typischen Friedens-Zeremoniell anzukündigen, das darin besteht, dass die Oberste Regierung ein Schwert entzweit und die Butralmapu jeweils eine Lanze brechen. Als Krönung der Zeremonie sind eine Artillerie-Salve in gleicher Anzahl und Schreie zu vernehmen – ¡Viva la Unión!

Damit es aktenkundig und befolgt sei, unterschreiben beide Parteien in Tapihue, am 7. Januar 1825.

Don Francisco Mariluan [Mapuche-Führer]
Julián Grandón [ für die Republik Chile]
Pedro Barnachea [Prokollführer]…”.

Der Vertrag war kaum vierzig Jahre in Kraft, als er vom chilenischen Staat 1866 gebrochen-, Araukanien besetzt- und das Mapuche-Territorium unter chilenischen und ausländischen Bauern verteilt wurde – ein frecher, Vertragsbruch, der von der „offiziellen“ Geschichtsschreibung in Chile unterschlagen-, an den die weisse Herrschaft im Lande Sebastián Piñeras nicht gern erinnert wird. Denn, tut sie es, muss sie ihren bisherigen Konfrontationskurs aufgeben und sich zu juristischen Fakten bekennen: nicht nur den ritterlichen Tapihue-Vertrag, sondern die Gesetzeswidrigkeit der sog. „Fiskalländereien“, die die Landvergabe als staatliche Konzession legitimieren sollten. Steuerpflichtige Staatsländereien gab es damals garnicht südlich des Biobío, wie Mapuche-Historiker Toledo Llancaqueo erinnert. Somit entbehrt die Landvergabe an In-und Ausländer – darunter z. B. die 150.000 Hektar des schweizer Eternit-Erben und Milliardärs, Stephan Schmidheiny – jeder legalen Grundlage.

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In seiner wöchentliche Kolumne stellt Frederico Füllgraf aktuelle Themen vor und versucht zugleich, indiskutable Fortschritte in Politik, Bilateralen Beziehungen, Wirtschaft, Soziales, Umwelt und Kultur auf die Spur zu kommen.

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