Franziskus – Der Papst für die Armen kommt aus Lateinamerika

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Datum: 13. März 2013
Uhrzeit: 17:24 Uhr
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Autor: Dietmar Lang
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► Katholischer Kirche könnten tiefe Veränderungen bevorstehen

Grenzenloser Jubel in Buenos Aires! Erstmalig in der Geschichte der katholischen Kirche ist ein Argentinier zum Oberhaupt der Glaubensgemeinschaft gewählt worden. Der 76-jährige Jorge Mario Bergoglio aus Buenos Aires tritt damit die Nachfolge von Papst Benedikt XVI. an, der am 28. Februar aus Altersgründen zurückgetreten war. Bergoglio wird sein Pontifikat als erster Lateinamerikaner unter dem Namen Franziskus ausüben. Zu seinen Ehren werden in der argentinischen Hauptstadt noch am Mittwochabend Ortszeit zahlreiche spontane Gottesdienste stattfinden.

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Papst Franziskus wurde am 17. Dezember 1936 in Buenos Aires als Sohn italienischer Einwanderer geboren. Nach der Schulzeit trat er in den Jesuitenorden ein, 1960 machte er seinen Abschluss in Philosophie, zehn Jahre später seinen Abschluss in Theologie. 1969 wurde er zum Priester geweiht, die Ernennung zum Weihbischof erfolgte 1992 durch Papst Johannes Paul II. 2001 wurde er in das Kardinalkollegium auf genommen. Bei dem Konklave 2005 soll er nach den persönlichen Aufzeichnungen eines anonym gebliebenen Kardinals im dritten Wahlgang 40 Stimmen erhalten haben. Bei dem jetzigen Konklave galt er allerdings keinesfalls als Favorit.

Bergoglio ist besonders in seinem Heimatland zudem nicht unumstritten. Kritiker werfen dem Geistlichen eine große Nähe zu der Militärdiktatur von 1976 bis 1983 vor. Unter anderem soll er von Entführungen und Misshandlungen in seinem Umfeld gewusst und diese nicht verurteilt haben. Auch sei er in die Enführung von zwei Geistlichen verwickelt gewesen, möglicherweise hatte er diese sogar selbst denunziert. Eine gegen ihn eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde jedoch wieder eingestellt.

Das seit Montag (11.) in der sixtinischen Kapelle abgehaltene Konklave war zudem das Kürzeste in den letzten 100 Jahren. Bereits nach dem fünften Wahlgang erschien für die im strömenden Regn auf dem Petersplatz ausharrenden Gläubigen der ersehnte weisse Rauch. Dieser zeigt an, dass auf einen Kandidaten mehr als Zweidrittel der Stimmen der 115 wahlberechtigten Kardinäle entfallen sind und damit ein neuer Oberhirte gewählt ist. Zuvor war nach dem ersten Wahlgang am Dienstagabend und nach dem dritten Wahlgang am Mittwochmittag schwarzer Rauch aus dem speziell dafür installierten Schornstein getreten.

Gut eine halbe Stunde später erschien Franziskus ganz in weiss gekleidet auf dem Balkon des Petersdoms und begrüßte die mittlerweile rund 200.000 Gläubigen auf dem Petersplatz mit den Worten „Brüder und Schwestern, guten Abend“. Es scheine, als hätten ihn die Kardinäle vom Ende der Welt ausgesucht, sagte er. Franziskus dankte zudem seinem Vorgänger Benedikt XVI. und betete für ihn. Man wolle nun einen Weg der Brüderlichkeit beginnen, so der Pontifex, dem im Vorfeld der Konklave allenfalls eine Aussenseiterrolle zukam.

Als große Favoriten waren in den vergangenen Tagen der 63-jährige Odilo Pedro Scherer, Erzbischof von Sao Paulo sowie Angelo Scola (71), Erzbischof von Mailand gehandelt worden. Aber auch dem Erzbischof von Wien, Christoph Schönborn (68) waren große Chancen zugesprochen worden. Nach dem Rücktritt von Benedikt XVI. hatten zahlreiche Geistliche als auch Gläubige einen Wandel in der katholichen Kirche und in diesem Zusammenhang einen „nichteuropäischen Papst“ gefordert. Dieser Wunsch wurde ihnen nun erfüllt, erstmalig in der Kirchengeschichte kommt das Oberhaupt von einem anderen Kontinenten.

Experten rechnen bereits jetzt damit, dass die Wahl von Franziskus die katholischen Kirche in Lateinamerika nachhaltig stimulieren wird. Mit fast 500 Millionen Gläubigen leben über 40 Prozent der weltweit rund 1,2 Milliarden Katholiken in Mexiko, Mittel- und Südamerika. Der neue Pontifex aus dem tiefen Süden des Subkontinenten hat in Südamerika vermutlich zudem seinen ersten großen internationalen Auftritt. Vom 23. bis 28. Juli 2013 findet der XXVIII. Weltjugendtag in Rio de Janeiro statt, woran traditionell auch der Papst teilnimmt.

Jorge Mario Bergoglio hat sich mit Sicherheit nicht ohne Grund den Namen des Heiligen und Bettelmönchs Franz von Assisi zugelegt. Der Geistliche gilt in seiner Heimat als „Kardinal der Armen“ und dürfte daher auch die Politik der Weltkirche danach ausrichten. Dem Vatikan könnte so eine weitgreifende Richtungsänderung – auch in Hinblick auf das Engagement in Lateinamerika und Afrika – bevorstehen. In Sachen gleichgeschlechtliche Partnerschaften sind allerdings keine Überraschungen zu erwarten. Erst zuletzt hatte er Argentiniens Staatspräsidentin Cristina Kirchner aufgrund der Legalisierung der Homo-Ehe scharf kritisiert.

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