Die Krise der venezolanischen „Demokratie“

Datum: 26. April 2013
Uhrzeit: 15:10 Uhr
Ressorts: Leserberichte
Leserecho: 1 Kommentar
Autor: Vinicius Love, Caracas (Leser)
Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

Eine der ersten Maßnahmen, die der ehemalige venezolanische Präsident Hugo Chávez Frías bei der Installation seiner Bolivarischen Revolution veranlasste, war die Ablösung der konstitutionellen Demokratie durch eine authentische partizipative Demokratie. Seit der umstrittenen Wahl von Chávez Wunsch-Nachfolger Nicolás Maduro hat dieser der Welt einen genaueren Blick auf diese neue Art der Demokratie vor Augen geführt.

Im Anschluss an die Präsidentschaftswahlen (die laut der Nationalen Wahlkommission (CNE) Maduro mit 50,66 Prozent der Stimmen gewonnen haben soll), war der vermutliche Präsident mit einer Neuauszählung der Stimmen einverstanden. Am nächsten Tag lehnte der von Chavistas kontrollierte Oberste Gerichtshof dies allerdings ab. Eine per Verfassung erlaubte Demonstration der Opposition wurde vorsichtshalber gleich verboten.

In den folgenden Tagen wurden kleine Straßenproteste von der Polizei und der Bolivarischen Nationalgarde (GNB) brutal niedergeschlagen. Zahlreiche Schlägertrupps der Chavistas zogen durch die Strassen und versuchten die Menschenmassen einzuschüchtern. Mehrere Bürger-Videos zeigen die Morde an unbewaffneten Zivilisten durch die GNB, ebenfalls das Abfackeln von Privathäusern und Brände in den örtlichen Zentralen der Regierungspartei, die der Opposition in die Schuhe geschoben werden sollten.

ve17

Der vermeintliche Grund für diese Gewalt ist laut einigen linken Blättchen darin zu suchen, dass die Opposition – unterstützt von den USA – eine Niederlage bei der Wahl nicht annehmen will. Anhänger des Regimes weisen aufgeregt darauf hin, dass die knappe Mehrheit, mit der George W. Bush Al Gore besiegte, fast identisch mit der Höhe des Sieges von Chavez-Apostel Maduro war.

Klingt natürlich einfach. Aber da hört der Vergleich bereits auf. Im Gegensatz zu den USA kontrollieren in Venezuela Chávistas die Nationale Wahlbehörden, die Nationalen Streitkräfte, die Polizei, den Obersten Gerichtshof und die Ressourcen der staatlichen Ölgesellschaft. Und, anders als in einer rechtsstaatlichen Demokratie, erklärte der Chef der Streitkräfte vor der Wahl „ein antiimperialistischer Verteidiger der sozialistischen Revolution“ zu sein.

Diese „neue Demokratie“ hat einige einzigartige Eigenschaften. Oppositionszeitungen, Fernseh-und Radiosender werden zensiert oder einfach heruntergefahren. Nicht-Anhängern des Regimes wird der Arbeitsplatz gekündigt, Nicht-Chávistas spielen keine Rolle bei politischen Entscheidungsfindung. In einer „partizipativen Demokratie“ hat die Opposition zwei Optionen: Schweigen oder Migration.

Das Regime spricht seine eigene kriegerische Sprache. Die „wahre Revolution“ will alle Spuren des Kapitalismus zerstören. Vergisst bisher allerdings, dass sie sich dabei als einen der größten Nutznießer selbst abschaffen muss.

P.S.: Sind Sie bei Facebook? Dann werden Sie jetzt Fan von agência latinapress! Oder abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter und lassen sich täglich aktuell per Email informieren!

Berichte, Reportagen und Kommentare zu aktuellen Themen – verfasst von Lesern von agência latinapress. Schicken auch Sie Ihre Erfahrungen, Erlebnisse oder Ansichten an redaktion@latina-press.com

© 2009 - 2024 agência latinapress News & Media. Alle Rechte vorbehalten. Sämtliche Inhalte dieser Webseite sind urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung von IAP gestattet. Namentlich gekennzeichnete Artikel und Leser- berichte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Für Einsendungen und Rückmeldungen bitte das Kontaktformular verwenden. Bildnachweis: Archiv

Dies könnte Sie auch interessieren

Kommentarbereich

Hinweis: Dieser Kommentarbereich ist moderiert. Leser haben hier die Möglichkeit, Ihre Meinung zum entsprechenden Artikel abzugeben. Dieser Bereich ist nicht dafür gedacht, andere Personen zu beschimpfen oder zu beleidigen, seiner Wut Ausdruck zu verleihen oder ausschliesslich Links zu Videos, Sozialen Netzwerken und anderen Nachrichtenquellen zu posten. In solchen Fällen behalten wir uns das Recht vor, den Kommentar zu moderieren, zu löschen oder ggf. erst gar nicht zu veröffentlichen.
  1. 1
    Der Bettler

    In diesem Land gibt es seit 2000 keine Demokratie mehr.Was uns jetzt diese illegale Regierung bietet ist Diktatur und Kommonismus pur.

Diese News ist älter als 14 Tage und kann nicht mehr kommentiert werden!