Chile: „Schwarzes Loch“ bläst kühlen Staub ins All

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This artist’s impression shows the surroundings of the supermassive black hole at the heart of the active galaxy NGC 3783 in the southern constellation of Centaurus (The Centaur). New observations using the Very Large Telescope Interferometer at ESO’s Paranal Observatory in Chile have revealed not only the torus of hot dust around the black hole but also a wind of cool material in the polar regions.
Datum: 20. Juni 2013
Uhrzeit: 13:41 Uhr
Leserecho: 1 Kommentar
Autor: Redaktion
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► Weiteres Puzzlestück entdeckt

Das Very Large Telescope Interferometer der ESO hat die detailliertesten Beobachtungen des Staubs um ein riesiges Schwarzes Loch im Zentrum einer aktiven Galaxie geliefert, die jemals gemacht wurden. Dabei fanden die Astronomen den leuchtenden Staub nicht ausschließlich wie erwartet in einem ringförmigen Torus um das Schwarze Loch vor, sondern größtenteils über- und unterhalb des Torus. Diese Messungen zeigen somit, dass der Staub als kühler Wind vom Schwarzen Loch ausgeht, eine überraschende Feststellung, die eine Herausforderung für die derzeitigen Theorien darstellt und uns zeigt, wie supermassereiche Schwarze Löcher sich entwickeln und mit ihrer Umgebung wechselwirken.

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In den letzten zwanzig Jahren haben Astronomen herausgefunden, dass sich in den Zentren fast aller Galaxien ein riesiges Schwarzes Loch befindet. Einige dieser Schwarzen Löcher wachsen, indem sie Materie aus ihrer Umgebung einsaugen. Dabei entstehen die energiereichsten Objekte des Universums: aktive Galaxienkerne (engl.: Active Galactic Nuclei, kurz AGN). Die zentralen Regionen dieser leuchtenden Kraftwerke sind von ringförmigen Ansammlungen aus kosmischem Staub umgeben, der aus der Umgebung angezogen wurde, ähnlich wie Wasser, das einen kleinen Wirbel um den Abfluss eines Waschbeckens bildet. Bislang ist man davon ausgegangen, dass der Großteil der starken Infrarotstrahlung, die von den AGN kommt, aus diesen Staubtori stammt.

Neue Beobachtungen einer nahegelegenen aktiven Galaxie namens NGC 3783, die die Leistungsfähigkeit des Very Large Telescope Interferometer (VLTI) am Paranal-Observatorium der ESO in Chile ausgenutzt haben, bargen eine Überraschung für eine Gruppe von Astronomen: Obwohl der heiße Staub mit Temperaturen von 700 bis 1000 Grad Celsius sich tatsächlich wie erwartet in einem Ring befand, fanden sie eine riesige Menge an kühlem Staub über und unter diesem Haupttorus.

Der deutsche Astronom Sebastian Hönig, der zur Zeit an der University of California Santa Barbara in den USA und an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel arbeitet, ist Erstautor des Fachartikels, in dem diese Ergebnisse vorgestellt werden. Er erklärt: „Das ist das erste Mal, dass wir in der Lage sind, detaillierte Beobachtungen des kühlen Staubs mit Raumtemperatur um einen AGN im mittleren Infrarotbereich mit ähnlich detaillierten Beobachtungen des sehr heißen Staubs zu vereinen. Außerdem handelt es sich bei unseren Messungen um den größten Satz infraroter Interferometriedaten für einen AGN, der bislang veröffentlicht wurde.”

Der neu entdeckte Staub bildet einen kühlen Wind aus, der vom Schwarzen Loch aus nach außen strömt. Dieser Wind muss eine wichtige Rolle in der komplexen Beziehung zwischen dem Schwarzen Loch und dessen Umgebung spielen. Das Schwarze Loch stillt zwar seinen unersättlichen Appetit mit dem umliegenden Material, gleichzeitig scheint die dadurch verursachte intensive Strahlung das Material aber auch wegzublasen. Es ist nach wie vor unklar, wie diese zwei Mechanismen zusammenspielen und es supermassereichen Schwarzen Löchern so erlauben zu wachsen und sich innerhalb von Galaxien zu entwickeln. Das Vorhandensein eines staubigen Winds trägt jedoch ein weiteres Puzzlestück zu diesem Bild bei.

Um die Zentralregion von NGC 3783 zu untersuchen, benötigten die Astronomen die vereinte Leistung der Hauptteleleskope des Very Large Telescope der ESO. Schaltet man diese Teleskopeinheiten zusammen, erhält man ein Interferometer mit einer Auflösung, die der eines Teleskops mit 130 Metern Spiegeldurchmesser gleicht.

Gerd Weigelt vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn, ein Mitglied des Astronomenteams, ergänzt: „Erst durch die Kombination der erstklassigen Empfindlichkeit der großen Spiegel des VLT mit der Interferometrietechnik können wir genug Licht sammeln, um so lichtschwache Objekte detailliert zu beobachten. So können wir eine Region in einer Galaxie in einigen zehn Millionen Lichtjahren Entfernung untersuchen, die gerade mal so groß ist wie der Abstand zwischen der Sonne und dem nächsten Stern. Kein anderes optisches oder Infrarotsystem ist derzeit dazu in der Lage.”

Die neuen Beobachtungen könnten zu einem Paradigmenwechsel im Verständnis von AGN führen: Sie sind ein direkter Nachweis dafür, dass Staub von intensiver Strahlung weggestoßen wird. Modelle, die die Staubverteilung und das Wachstum supermassereicher Schwarzer Löcher und deren Entwicklung beschreiben, müssen nun diesen neuentdeckten Effekt berücksichtigen.

Abschließend ergänzt Hönig: „Ich freue mich schon auf das Instrument MATISSE, das es uns ermöglichen wird, alle vier VLT-Hauptteleskope auf einmal zusammenzuschließen und gleichzeitig im nahen und mittleren Infrarot zu beobachten, was uns noch viel detaillierte Daten geben wird.” MATISSE, ein Instrument der zweiten Generation am VLTI, befindet sich derzeit noch im Aufbau.

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Kommentarbereich

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  1. 1
    Martin Bauer

    Warum nur muss ich beim Lesen des Titels an Maduro denken…?

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