Die bolivianischen Behörden werden das größte Gefängnis des südamerikanischen Binnenstaates schließen. Die hoffnungslos überfüllte Strafanstalt „San Pedro“ in La Paz ist seit mehr als einem Jahrhundert in Betrieb, gilt als Touristenattraktion und steht unter Selbstverwaltung durch die Insassen. Polizisten stehen nur außerhalb der Mauern des Gefängnisses, wo sich ein Mikrokosmos der bolivianischen Gesellschaft entwickelt hat.
Knapp 2.400 Personen leben in der Haftanstalt, die auf 400 Insassen ausgelegt ist. Obwohl als Männergefängnis deklariert, leben viele der Häftlinge mit ihren Frauen und Kindern dort. Im Schnitt hat jede Familie 4 Kinder, insgesamt sind 350 Kinder in „San Pedro“ zu Hause. Die Frauen arbeiten tagsüber in der Stadt und verdienen das für das Überleben im Gefängnis notwendige Geld, während die Kinder beim Vater ihre Zeit verbringen.
In den letzten Jahren haben die Insassen allerdings immer mehr die Kontrolle über „San Pedro“ übernommen. Begünstigt durch den korrupten bolivianischen Amtsapparat wurden Dienste wie Wasser und Strom von „herrschenden“ Banden regelrecht zugeteilt, Zellen vermietet. Kriminelle „Unternehmen“ wurden gegründet, die hierarchisch die unterprivilegierten Häftlinge für sich arbeiten ließen.
Unter den offiziellen Gründen für die Schließung von „San Pedro“ ist die angebliche Vergewaltigung eines Mädchens von 12 Jahren von seinem Vater, seinem Onkel und seinem Taufpaten – alle Insassen des Gefängnisses.
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