Der 17. Oktober 2009 war der 203. Todestag Jean-Jacques Dessalines und wird jedes Jahr als Gedenktag gefeiert. Der 1760 in Ghana geborene wurde als Sklave nach Haiti verschleppt und mauserte sich zu einem erfolgreichen Führer der Aufstände gegen die Kolonialmacht Frankreich. 1804 rief er die Unabhängigkeit aus und erklärte sich zum Kaiser Jakob I. Am 17. Oktober 1806 wurde er im Auftrag des späteren Königs von Nord-Haiti, Henri Christophe, ermordet.
Die Nationalhymne La Dessalinienne, eine Stadt und ein Arrondissement sind nach ihm benannt. Die Festlichkeiten erfassen alle Volksschichten, und während Tagen hört man im Fernsehen die feurigen Reden von Schwärmern jeden Alters, die zeigen dass der Kaiser äußerst beliebt war und nicht genug gerühmt werden kann. Dabei wird auch mit Vergleichen zur heutigen Situation und Hetze gegen die ausländische „Besetzung“ nicht gespart, und auch kriegerische Töne die immer noch die Rückkehr Aristides fordern, fehlen nicht.
Wie oft habe ich erklärt, die Haitianer hätten Feuer im Blut. Dieses lodert seit Tagen hinter den Rednerpulten, wie wenn Dessalines nicht nur am 17.Oktober gestorben wäre. Wenn Betagte und Junge, Männer und Frauen, Dicke und Dünne, kreolisch und französisch gemixt dermaßen ihre Köpfe verdrehen, ihre Hälse verdrehen, ihre Glieder verrenken, ihre Augen kollern, ihr Organ ausschreien, ihre weißen Zähne fletschen und aufblitzen lassen, ihre Fäuste auf den Rednertisch hauen und ihre Macheten in die Luft schütteln, dann kann die Traumfigur dieser Volkspräsentation niemals gestorben sein. Deeer lebt weiter!
An den Rednerpulten fehlt auch kaum ein einheimischer Politiker oder ausländischer Botschafter. Die tragen zwar dunklen Anzug, weißes Hemd und vornehme Krawatte, trocknen sich andauernd den Schweiß von der Stirn und stehen im Übrigen den glühenden Volksrednern kaum nach, mit Ausnahme der Auslandvertreter. Dabei hört man viel Interessantes über Stand und Ziele der Entwicklung. Zum Beispiel dass Regierung und Geberländer die Strategien umgestellt haben, es werde vermehrt auf Dezentralisierung und Nahrungsanbau im eigenen Land gesetzt. Durch Schaffung von Arbeitsplätzen und anderen Anreizen wird das Wohnen außerhalb attraktiver gemacht, Cocorats ( Straßenkinder ) und Verbrechen werden etwas verringert und der Verkehr erleichtert. Man will das Volk aus der Stadt raus saugen.
Man hört von Hunderten neuer Brücken und Straßen, die die hintersten Winkel des Landes erschließen, Schutzmaßnahmen gegen Hurrikan Katastrophen und Projekten zur Hebung der Volksgesundheit. So sind moderne Katarak-Operationszentren in peripheren Landesteilen geplant, und hunderte von Augenchirurgen werden bald ihre Arbeit aufnehmen. Haiti ist ein Großbau platz geworden. Jetzt stören jetzt nur noch die Plastikabfälle, die sich vor den Abflussschächten stauen.