Venezuela ein Jahr nach Hugo Chávez: Ein Land versinkt im Chaos

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Verstorbener Ex-Präsident Hugo Chávez kann nicht kopiert werden (Foto: Archiv)
Datum: 04. März 2014
Uhrzeit: 11:28 Uhr
Leserecho: 11 Kommentare
Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

Venezuelas Ex-Präsident Hugo Chávez hat sein Land verändert und die Machtverhältnisse in ganz Lateinamerika umgekrempelt. Laut der aktuellen Regierung ist der charismatische Staatschef am 5. März 2013 gestorben, bereits kurz nach seinem Staatsbegräbnis begann ein tiefer Einschnitt für das südamerikanische Land. Galoppierende Inflation, Lebensmittelknappheit und eine Schwindel erregende Mordrate haben ein Jahr nach dem Tod des „Comandante“ das erdölreichste Land der Welt an den Abgrund geführt.

Der Caudillo aus dem Miraflores war nach Fidel Castro und Perron die drittgrösste Führungspersönlichkeit in den letzten 50 Jahren in Lateinamerika. Er hätte es sich sicherlich nicht träumen lassen, dass ein mehr als unfähiger Nachfolger sein gewaltiges politisches Erbe bereits kurz nach seinem Ableben leichtfertig verspielt hat. Seit Nicolás Maduro im April 2013 mit knappem Vorsprung die Präsidentschaftswahl gewonnen hat (lt. Wahlkommission), dreht sich die Spirale aus Gewalt und Misswirtschaft in dem südamerikanischen Land unaufhaltsam und immer schneller. Die Wirtschaft dümpelte bereits zu Chávez-Zeiten und ist inzwischen am Boden. Die meisten Waren werden importiert, vor den Supermärkten stehen die Menschen stundenlang nach Grundnahrungsmitteln an.

Chávez, Sohn eines Dorfschullehrer-Ehepaares aus der Kleinstadt Sabaneta im Bundesstaat Barinas, stieg auf zum Oberstleutnant und wurde Präsident des auf Erdöl schwimmenden Landes. Chávez regierte Venezuela wie seine private Hacienda und achtete stets darauf, dass seine Herrschaft durch Wahlen legitimiert war. Vier Urnengänge, einen Staatsstreich-Versuch und eine Volksabstimmung hat er überstanden und ging gestärkt aus jeder Krise hervor.

Als vom Tod Gezeichneter ging er in den Wahlgang im Oktober 2012. Als Vollblutpolitiker wusste er, dass es knapp werden würde. Damals prophezeite er den Menschen im Fall seiner Niederlage einen Bürgerkrieg und konnte trotzdem nicht verhindern, dass ihm die Dinge bereits aus der Hand glitten. Er hatte Milliarden-Einnahmen des staatlichen Ölkonzern PDVSA in Sozialprogramme und seinen Wahlkampf umgeleitet, wodurch die Bilanzen kurzfristig geschönt wurden. Nach seinem Ableben brach das sozialistische Kartenhaus zusammen, das Volk steht vor einem gigantischen Scherbenhaufen.

Ex-Busfahrer Maduro zog nun in den Präsidentenpalast ein und hatte nichts wichtigeres zu tun, als seinen unnachahmlichen Vorgänger, Entertainer und Einpeitscher, kopieren zu wollen. Dass er dazu auch nicht nur ansatzweise in der Lage ist, beweist die aktuelle Situation im Land. Maduro konnte das Heft des Handelns noch nie in seine Hand nehmen und hat nun den Großteil seiner Untertanen gegen sich.

Seit drei Wochen vergeht in Venezuela kein Tag ohne Wasserwerfer, Tränengas und gewaltsamen Protesten gegen das Regime. Die Lage ist so unübersichtlich, wie die Proteste berechtigt sind. Statt das Ruder herumzureißen und die sicherlich schmerzhaften Reformen auf den Weg zu bringen, verfällt er in das für links ausgerichtete Systeme typische ideologisch-emotionale Moment des Machterhalts. Eine schon peinliche Vergötterung des toten Chávez, die Verteidigung der bolivarischen Revolution, der Kampf des Volkes gegen die Faschisten sind allerdings Phrasen, die nicht das geringste zur dauerhaften Befriedung Venezuelas taugen. Ein Jahr nach dem Tod des als messianisch geltenden Chávez sitzt Maduro alles andere als sicher im Sattel – die Pferde sind ihm längst durchgegangen.

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Kommentarbereich

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  1. 1
    babunda

    dieser rote pavian, hat sein korruptes land ruiniert, vor ihm gab es wohlstand und ruhe, keine hohe inflation und keine leeren regale und auch keine 24.000 toten im jahr.

  2. 2
    Alexander

    Die Frage ist doch, ob die Refomen die nötig sind überhaupt durchführbar sind. Wäre es wirklich durchführbar, dass die Subventionen auf Benzin restlos gestrichen würden und so die Preise sich vermutlich innerhalb von wenigen Tagen verzehnfachen würden? Wäre es wirklich durchführbar, weitere soziale Subventionen zu streichen (ich spreche nicht von den Lebensmittelsubventionen), an denen sich die Menschen so lange erfreut haben? Wäre es wirklich durchführbar, wenn die Währung freigegeben würde und sich der Wert innerhalb weniger Tage auflösen würde. (Eine komplett neue Währung wäre auch noch eine Alternative)

    Die Frage ist doch, ob die Menschen überhaupt wissen was nötig ist und welche Konsequenzen das für sie hat. Gegen Korruption, Gewalt und Misswirtschaft zu sein macht Sinn, aber die Einschnitte, die nötig sind um diese Umstände abzustellen werden sehr hart werden und ich weiß nicht, ob den Menschen das bewusst ist und sie dies auch hinnehmen.

    Früher oder später werden sie aber gezwungen diese Einschnitte hinzunehmen, da es irgendwann keine andere Möglichkeit mehr gibt. Die Situation erinnert mich ein wenig an die Zeit vor Chavez, wirtschaftlicher Niedergang, eine korrupte Elite, Banken- und Währungskrise, leider sind die Wahlen noch etwas hin.

    • 2.1
      VE-GE

      ich glaube Sie wissen garnicht was Sie da reden !

    • 2.2
      Marco Calde

      Huhu,

      natürlich geht das, nur nicht von heute auf morgen. Ich würde zuerst auch gar nicht mal an den Subventionen, sondern bei den Gesetzen/Transparenz ansetzen. Eine der ersten Aufgaben sollte es sein Transparenz herzustellen, so das man auch mal eine Bestandsaufnahme machen kann. Dafür könnte man z.B. eine TaskForce von Fachleuten zusammenstellen aus Vzla, Lateinamerika und anderen Ländern, wie z.B. Dänemark oder Schweden.
      Damit man auch mal weiß, was überhaupt noch produziert wird und wo Investitionen nötig sind. Ich denke mal, im Bereich Bau und Infrastrukturen kann man Unternehmen wie Sidor und Cemex problemlos die nächsten zwei Jahrzehnte auslasten – die muss man halt mal wieder in Schwung bringen. Bei den Staatsbetrieben stellt sich dann auch die Frage, wie geht man mit den alten Eigentümern um?

      Die Benzinsubventitionen könnte man vermutlich sofort streichen, da die sowieso in erster Linie die SUVs bevorteilen. Bei den anderen muss man eben zu gegebener Zeit schauen. Den Wechselkurs kann man sofort glaube ich gar nicht freigeben, da wären die Verwerfungen einfach zu groß. Eine anständige Abwertung wird es wohl geben müssen, aber um den Wechselkurs freizugeben, müsste man als erstes die Wirtschaft stabilisieren und neue Pflänzchen setzen. Ich vermute mal, dass ausländische Investoren wg fehlendem Vertrauen nicht so schnell zurückkommen werden, deshalb müsste der Staat eine kluge Wirtschaftspolitik machen – diejenigen die noch im Land sind unterstützen und parallel auch schauen, wie man evtl. einige Unternehmen/StartsUps auf den Weg bringen.

      Eine ordentliche Finanzspritze wird das Land wohl auch benötigen, fragt sich nur von wem, denn ich persönlich bin kein großer Freund des IWFs, die andere Möglichkeit wäre evtl. sich von Ländern in Südamerika direkt Geld zu besorgen, wie das im Prinzip Kirchner bei Chavez gemacht hat oder eben über die südamerikanische Bank – die gibt es doch oder liege ich da falsch??
      Über eine Antikorruptions-TaskForce könnte man auch wieder Geld ins Land holen, das wird aber vermutlich eine Weile dauern, – da würde ich mir auch wünschen, dass sie sich Fachleute holen.

      Allem in allem denke ich mal das man in einem Zeitraum von 10-20 Jahren denken muss, bis das Land sich wirklich wieder stabilisiert hat.

    • 2.3
      Martin Bauer

      Erst müssen mal die Mörder in roten Hemden weg, Demokratie, Freiheit und Wahrung der Menschenrechte wieder gewährleistet sein. Dann kann man sich über wirtschaftliche und soziale Reformen Gedanken machen. Doch daran sollte kein Halunke aus der PSUV beteiligt sein!

      • 2.3.1
        Marco Calde

        Das sehe ich ein bisschen anders. Meines Erachtens ist das eine der großen Schwächen der Oposition – die propagiert den Wandel/Wechsel, hat dafür aber scheinbar keine Konzepte. Und du wirst die PSUV davon auch nicht ausschließen können, das wäre auch nicht sinnvoll, weil sich dann die andere Hälfte der Bevölkerung wieder ausgeschlossen fühlt.

        Was Vzla braucht ist eine Regierung von der sich große Teile der Bevölkerung vertreten fühlen.

        Auch wenn dir das evtl. den Blutdruck raussprengt, ich glaube auch das man bei einem Wechsel über eine Art Selbstanzeige für Korruptionsfälle nachdenken müsste.

      • 2.3.2
        Alexander

        Und was bringt es dir, wenn die Roten Hemden aus dem Miraflores gescheucht werden und die Menschen verhungern? Zu aller erst müssen die grundlegenden Versorgungen wie Nahrung und Dach über den Kopf erfüllt werden, dann kannst du über den Rest nachdenken.

        „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral“ Bertold Brecht

      • 2.3.3
        Martin Bauer

        Ich verstehe was du meinst. Aber es geht dabei nicht um meinen Blutdruck, sondern um die Weiterentwicklung des demokratischen Bewusstseins eines grossen Teils der Venezolaner. Die PSUV ist eine undemokratische Partei, mit der „Revolution“ zum Kommunismus als doktrinäres Ziel, also der Ausschaltung jeder anderen Meinung, Abschaffung von Demokratie und Freiheit. Eine solche Partei ist nicht akzeptabel. Niemand hat das Recht, eine solche Partei mit solchen Zielen zu gründen odert ihr anzugehören.

        Wenn Venezuela eine Chance auf eine bessere Zukunft haben will, dann muss „die andere Hälfte der Bevölkerung“ (die tatsächlich höchstens 30% ausmacht) darauf verzichten, in die Vergangenheit zurück zu verfallen, genauso wie die Opposition, die die breite Masse des Volkes verkörpert.

  3. 3
    Der Bettler

    Na hoffentlich gallopieren sie mit seinem Gefolge gen Cuba !!!

  4. 4
    Caramba

    Ich stimme Marcus Calde nicht in allen Einzelheiten zu, bin aber auch kein Experte. Dafür soll sich wer auch immer diese Reformen macht, ja Experten holen. Und vielleicht nicht wieder den „sozialisten des 21 Jh “ aus Deutschland….
    Wo ich aber vollkommen zustimme, ist, dass diese Reformen wie Anti-Korruption, Transparenz, Rechtssicherheit, Sicherheit auf den Strassen, wo wir wieder auf die Korruption bei der Polizei zurückkommen etc gemacht werden müssen, und auch, dass sie für viele wohl schmerzhaft werden.
    Auch geht das sicher nicht von heute auf Morgen……ich hoffe nur, dass der DURCH diese Reformen entstehende Frust nicht wieder zu Kurzschlussreaktionen bei der nächsten Wahl führt.
    ……..

  5. 5
    Alba

    Na, bei den Gemütern, da muss man wirklich aufpassen, dass sie nicht nach Neuwahlen in alte „Muster“ verfallen. Ob links oder rechts, ist es denn so schwer endlich zu begreifen, dass der „issmus“ noch keinem Land gedient hat? Aber Venezuela könnte auch schneller als Gedacht aus der Missere kommen, zuerst allerdings muss eines klar sein, es geht nicht mit den alten und uralten Spielregeln, d.h. weder die ehemaligen Kapitalistenparteien (Mehrzahl korrupt) noch mit der PSUV noch einer anderen Partei diesen Couleurs kann man in Neuwahlen starten. Danach kann ein Wiederaufbau rascher vorangehen als in anderen Ländern, Venezuela ist reich, die Menschen, die Venezolaner haben potenzial, ob man es glauben will oder nicht es gibt durchaus kluge Köpfe in diesem Land.
    P.s.: Selbstanzeige wegen Korruption, da war wohl Schäuble der Vater des Gedankens?

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