Lateinamerika: Fünf Neueinträge in UNESCO-Listen des immateriellen Kulturerbes

bailechino

Baile Chinos sind aus Musikern bestehende Bruderschaften (Foto: cultura.gob.cl)
Datum: 28. November 2014
Uhrzeit: 13:37 Uhr
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Autor: Redaktion
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Der Zwischenstaatliche Ausschuss der UNESCO für die Erhaltung des immateriellen Kulturerbes hat auf seiner Tagung vom 24. bis 28. November 2014 in Paris 38 Traditionen in die drei UNESCO-Listen aufgenommen. In die „Repräsentative Liste“ wurden 34 Kulturformen aufgenommen, drei weitere in die Liste des dringend erhaltungsbedürfigen immateriellen Kulturerbes. Mit der „Liste des dringend erhaltungsbedürftigen immateriellen Kulturerbes“ macht die UNESCO auf vom Aussterben bedrohte Kulturformen aufmerksam

In die Liste des dringend erhaltungsbedürftigen immateriellen Kulturerbes (Region Lateinamerika) wurde die mündliche Tradition der Mapoyo in Venezuela aufgenommen. Die mündlichen Überlieferungen der Mapoyo umfassen einen Kanon aus Erzählungen, die das kollektive Gedächtnis des indigenen Volks darstellen. Sie sind symbolisch an eine Reihe von Orten, die sich im angestammten Gebiet der Gemeinschaft entlang des Orinoco-Flusses befinden, gebunden. Die Traditionen berühren Sozialstruktur, Wissen, Erklärungsmodelle zur Entstehung und Entwicklung der Welt und überlieferte Geschichten. Gemeindeälteste sind derzeit die wichtigsten Hüter der mündlichen Überlieferungen und ihrer Symbolik. Verschiedene Faktoren gefährden die Weitergabe. Dazu zählen die zunehmende Abwanderung junger Menschen auf der Suche nach besseren wirtschaftlichen und Bildungsmöglichkeiten sowie die abnehmende Verwendung der Mapoyo-Sprache.

Bolivien fand mit Pijullay und Ayarichi, Musik und Tänze der Yampara-Kultur, Aufnahme in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit. Pujillay und Ayarichi sind die wichtigsten musikalischen und choreographischen Ausdrucksformen der Yampara-Kultur. Pujillay wird in erster Linie von Männern während der Regenzeit aufgeführt, um die Erneuerung des Lebens und den vom Regen gebrachten Überfluss in der Natur zu zelebrieren. Die Klänge, Tänze und Kostüme des Rituals erinnern an Tata Pujillay, ein dämonisches und fruchtbares Wesen mit grenzenloser Energie. Ayarichi wird während der Trockenzeit zu Ehren verschiedener katholischer Heiliger, die Einfluss auf die soziale und kosmische Ordnung haben, praktiziert. Die zu diesen Anlässen getragenen Kostüme werden von Handwerkerinnen in akribischer Kleinarbeit gewoben. Die Gemeinschaft wird mobilisiert, um das Ritual zu organisieren und reichlich Essen und Trinken vorzubereiten. Die Weitergabe des musikalischen und choreographischen Wissens an Kinder erfolgt durch gemeinschaftliche Spiele und durch Beobachten. Pujillay und Ayarichi schaffen Einheit unter den Yampara-Gemeinschaften und stellen für sie einen Weg dar, um mit der Natur zu kommunizieren.

Ebenfalls Capoeira, eine afro-brasilianische kulturelle Praxis, bei der Tanz und Kampfsport kombiniert werden. Die Capoeiristas bilden einen Kreis, in dessen Mitte zwei Spieler im Wettkampf gegeneinander antreten. Die Bewegungen, Schritte und Schläge im Capoeira erfordern hohe körperliche Geschicklichkeit und Konzentration. Die Spieler im äußeren Kreis singen, klatschen und spielen während des Wettkampfs Perkussionsinstrumente. Capoeira-Kreise bestehen aus einem Meister und seinen Schülern. Die Aufgabe des Meisters ist es, das Bewegungsrepertoire weiterzugeben sowie den Zusammenhalt der Gruppe und die Einhaltung ritueller Abläufe sicherzustellen. Der Capoeira-Kreis ist ein Ort, an dem Wissen und Fertigkeiten durch Beobachtung und Nachahmung erlernt werden. Er hat die Funktionen, gegenseitigen Respekt zwischen Gemeinschaften, Gruppen und Einzelpersonen zu fördern und auch an den historischen Widerstand der afro-brasilianischen Gemeinschaft gegen ihre Unterdrückung zu erinnern.

Auch die Baile Chinos aus Chile stehen in der Liste. Sie sind aus Musikern bestehende Bruderschaften, die durch Musik, Tanz und Gesang im Rahmen von Gedenkfeiern ihren Glauben ausdrücken. Der Brauch wird hauptsächlich im nördlichen Chile, dem Norte Chico, und in den zentralen Regionen des Landes ausgeübt. Der Chino-Tanz besteht aus Sprüngen und speziellen Beinbewegungen. Er wird zum Rhythmus isometrischer Instrumentalmusik, die meist auf Trommeln und Flöten aus präkolumbianischer Zeit gespielt wird, aufgeführt. Der Leiter der Gruppe singt strophenweise entweder auswendig gelernte oder improvisierte Reimpaare, die von Heiligen oder anderen religiösen Themen handeln. Die Musik, Tänze und Reime werden durch direkte Beobachtung, Nachahmung und innerhalb der Familien erlernt und weitervermittelt.

Als fünftes Land in Lateinamerika wurde Peru eingetragen. Das Festival der Jungfrau von Candelaria findet jedes Jahr im Februar in der peruanischen Stadt Puno statt. Es umfasst religiöse und kulturelle Aktivitäten, die sich sowohl auf katholische Traditionen als auch auf symbolische Elemente aus der Weltanschauung der Andenvölker stützen. Das Festival wird mit einer frühmorgendlichen Messe eröffnet, gefolgt von einer Reinigungszeremonie. Am nächsten Morgen findet eine religiöse Prozession statt, wobei das Bild der Jungfrau hoch erhoben durch die Straßen getragen wird. Traditionelle Musik und Tanz umrahmen das Geschehen. Das Festival fährt mit zwei Wettbewerben fort, auf denen sich Tanz- und Musik-Gruppen aus der gesamten Region versammeln. Die meisten der Darsteller stammen aus ethnischen Gruppierungen der Quechua und Aymara. Auch viele Emigranten aus Puno kehren zurück, um am Spektakel teilzunehmen. So bleibt eine kulturelle Kontinuität bestehen. Traditionell wird das Festival von drei regionalen Verbänden organisiert, die die Kenntnisse bezüglich des Tanzes, der Musik und der Herstellung von Masken erhalten. Bei Proben und in Workshops werden sie den jüngeren Generationen weitervermittelt.

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