Das südamerikanische Land Brasilien befindet sich in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise. Der Korruptionsskandal rund um den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras und die schwerste Umweltkatastrophe in der Geschichte des Landes durch den Dammbruch bei der Eisenerzmine in Minas Gerais haben dafür gesorgt, dass die Bevölkerung das Vertrauen in die Regierung verloren hat. Obwohl Präsidentin Rousseff selbst keine Beteiligung im „Escândalo da Petrobras“ nachgewiesen werden konnte, hat sie eine gewisse Verantwortung. Das aktuelle Staatsoberhaupt selbst war von 2003 bis 2010 Verwaltungsratsvorsitzende von Petrobras, in diese Zeit fallen viele der inzwischen bewiesenen Korruptionsvorwürfe. Auch im Fall des Dammbruchs ist ihre Regierung nicht unbeteiligt. Brasilien verfügt über ein modernes und ausgefeiltes Rechtssystem, das seinen Ursprung weitgehend im römischen Recht hat. Für das im Jahre 2002 grundlegend neu gefasste brasilianische Zivilgesetzbuch stand das deutsche BGB Pate. Präzise Gesetze und Bestimmungen regeln unter anderem auch den Bergbau im Bundesstaat Minas Gerais, wurden allerdings wie im ganzen Land üblich durch die Bestechlichkeit von Regierungsbeamten, die für die Einhaltung der gesetzlichen Auflagen zuständig sind, ausgehebelt. In den letzten Monaten waren insgesamt dreiunddreißig Anträge auf Amtsenthebung gegen Präsidentin Rousseff gescheitert und von Parlamentspräsident Eduardo Cunha zurückgewiesen worden. Rousseff sollte eine Beteiligung im Petrobras-Skandal unterstellt werden, was aktuell nicht bewiesen ist. Erst nachdem der Bundesgerichtshof TCU den Regierungshaushalt 2014 für illegal erklärt hatte, änderte die Opposition ihre Strategie und reichte aufgrund des rechtmäßigen Urteils einen neuen Antrag ein. Dieser in der brasilianischen Verfassung vorgesehene Vorgang wurde von Cunha genehmigt und obwohl der Präsident des brasilianischen Kongresses selbst im Zentrum eines Korruptionsskandals steht, hat er seine politische Macht deshalb nicht missbraucht.
Selbst Rousseff wies in einer Fernsehansprache darauf hin, dass ein Amtsenthebungsverfahren Verfassungskonformität hat und beweist, dass Brasilien eine funktionierende Demokratie besitzt. Dies sahen die Richter beim Obersten Gerichtshof genauso und wiesen bereits zwei Beschwerden aus dem Regierungslager ab. Das Prozedere rund um die Absetzung der Präsidentin vertieft das aktuell herrschende Chaos jedoch. Rousseff ist politisch betrachtet bereits gelähmt und hat keine zuverlässige Mehrheit im Parlament. Die grösste Partei der Regierungskoalition beginnt sich zu spalten, Brasilien steht vor wichtigen Entscheidungen.
Ex-Präsident Fernando Henrique Cardoso (von Januar 1995 bis Januar 2003) hat am Freitag (4.) in Lissabon den Antrag auf Amtsenthebung verteidigt und als verfassungsrechtliches Instrument bezeichnet. „Brasilien darf nicht gelähmt sein – und im Moment ist es das“, so der 84-jährige. „Es gibt in der Verfassung festgelegte Anforderungen für die Amtsenthebung. Diese sind nun erreicht und es gibt absolut nichts über dieses konstitutionelle Instrument zu diskutieren. Sicherlich, es war ein Spiel zwischen Cunha und der Präsidentin und beide werden das Spielfeld geschädigt verlassen. Aber das ist jetzt egal. Was nun zählt/wichtig ist, ist zu diskutieren, ob es Gründe für die Anklage gibt. Impeachment ist immer eine heikle Angelegenheit, aber unser Justizsystem ist kompetent“, so Cardoso.
So wie gehabt: die Chefs tragen die Verantwortung und wissen von nichts. Welch ein Hohn.
Youssef hat ja auch noch die Option des Rücktritts, um die „Lähmung“ des Landes zu beenden. Was sie generell als Politikerin ihres Landes bisher abgeliefert hat, wäre Grund genug für einen raschen, leisen Abgang. Auch ohne die Vorwürfe krimineller Handlungen.
Die Option hat Dilma aber welcher Politiker tritt schon zurück und ohne dem Latino-Politiker-Kreis zu nahe zu treten: dort bestimmt nicht.