Venezuela: Im Sozialismus wird nicht nur der Sand in der Wüste knapp

sand

Bei der Zuckerfabrikation wird aus Pflanzen mit hohem Zuckergehalt (Zuckerrübe, Zuckerrohr) der Zucker extrahiert und in verschiedenen Formen und Reinheitsgraden verbrauchsfähig hergestellt (Foto: Ministerio)
Datum: 28. Februar 2016
Uhrzeit: 17:45 Uhr
Ressorts: Leserberichte
Leserecho: 5 Kommentare
Autor: Vinicius Love, Caracas (Leser)
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Im Jahr 2000 hat Venezuelas verstorbener Präsident Hugo Chávez (1954 – 2013) mit der „Rückgewinnung“ von fruchtbarem Land begonnen und verstaatlichte unter anderem zehn Zuckerfabriken. Die „dritte Phase der Bolivarischen Revolution“ sollte dem „fortschrittlichen Weg Kubas“ ähneln, was inzwischen realisiert wurde. Die aktuelle Situation im erdölreichsten Land der Welt ähnelt einem Zitat, dessen Ursprung offenbar in der Sowjetunion liegt und bereits in den Mund von unzähligen Politikern schaffte: „Was passiert, wenn in der Sahara der Sozialismus eingeführt wird? Zehn Jahre überhaupt nichts, und dann wird der Sand knapp.“ – Franz Josef Strauß, bayerischer Ministerpräsident und CSU-Chef, im Bundestagswahlkampf 1983.

Sechzehn Jahre, nachdem Chávez das staatliche Agrarunternehmen Corporación Venezolana Agraria (CVA) ins Leben gerufen hat, sieht die Realität ernüchternd aus. Der drastische Rückgang der Produktionsmengen von Zucker führt dazu, dass das kristalline Lebensmittel für teure Devisen aus dem Ausland importiert werden muss. Chávez wollte die „Wirbelsäule des Importeure-Monopols“ brechen und war der Meinung, „dass die Bauern müde vom kauen sind, was andere eh schlucken“. Die Zuckermühlen wurden von Tochtergesellschaften des staatlichen Ölkonzerns „Petróleos de Venezuela“ geschluckt, Bauern erhielten Anteile in Höhe von 51%, die restlichen 49% blieben in den Händen der Regierung. Finanziert wurde das ganze von der Banco Industrial de Venezuela, die technischen „Berater“ kamen aus Kuba und die „landwirtschaftlichen Manager“ waren meist hohe Militärs.

Laut Edgar Contreras, Agronom und Direktor der Gesellschaft der Zuckerrohrbauern im Bundesstaat Lara (Socadol), steht Venezuela vor der größten Zucker-Krise der nationalen Geschichte. „Wenn die Regierung nicht unverzüglich dringende Maßnahmen ergreift, wird es einen katastrophalen Mangel geben. Die Situation ist sehr ernst. Wegen Mangel an Rohstoffen und Ersatzteilen sind verschiedene Mühlen bereits seit zehn Monaten vollständig gelähmt. Statt dem Planziel von knapp über eine Million Tonnen werden wir in den ersten Monaten des Jahres höchstens 350.000 Tonnen produzieren – der inländische Verbrauch für höchstens drei Monate. Bis vor kurzem hat die Regierung den Wert des Endprodukts auf 12 Bolívares fixiert, jetzt auf 64 und damit immer noch viel zu niedrig. Wir bräuchten einen Preis von über 96 Bolívares. Zudem ist es eine Schande, dass die Regierung ihre Schulden erst nach sechs bis sieben Monate begleicht“, so Contreras.

milch

Er bedauert, dass die Fabriken weit unter ihrer Kapazität arbeiten, während die Menschen stundenlang vor den Supermärkten nach völlig überteuerten Lebensmitteln anstehen. „Wir müssen das Produktionsniveau wiederherstellen. In der Ernte 2005-2006 kamen wir auf 9,2 Millionen Tonnen Zucker. Nun schätzen wir die Gesamternte auf höchstens vier Millionen“.

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Kommentarbereich

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  1. 1
    Gringo

    Das Einzige, das es in den Läden gibt, sind Schilder: No hay !!!!!!!!

  2. Die Menschen sehen wohlgenährt aus und ordentlich in Kleidung. Eine Wohnung haben auch alle. Wie kann das sein, wenn es angeblich an allem mangelt?

    • 2.1
      fideldödeldumm

      Fahren Sie doch mal hin und informieren sich vor Ort. Aber nicht im Club der Ahnungslosen mit Frau Knipping oder anderen Genossen/innen, welche die Wahrheit nicht sehen wollen.

      Aus Afrika gibt es auch regelmäßig Bilder von Kindern mit dicken Bäuchen. Halten Sie die auch für gut genährt?

    • „… wenn es angeblich an allem mangelt?“
      Was soll denn diese dümmliche polemische Rhetorik? Ausserdem ist es eine glatte Lüge, zu behaupten, alle hätten eine Wohnung. Obdachlose suchen ihre Schlafplätze immer mehr in den besten Wohngegenden, weil dort das Risiko, ausgeraubt zu werden, geringer ist, und weil sie hier eher mit Unterstützung von den Anwohnern durch Essen und Kleingeld rechnen können, als bei denen, die selbst nicht genug haben.

      Den Mangel und das Elend in Venezuela in dieser Form in Frage zu stellen, entweder ohne jegliche Sachkenntnis oder wider besseres Wissen, ist eine Unverschämtheit, wie wir sie aber aus der linken Ecke, dem ethischen Bodensatz unserer Gesellschaft, gewohnt sind. Die halten ja auch Kuba für das Paradies auf Erden und jeden mörderischen kommunistischen Diktator für einen Engel und jeden U.S. Präsidenten für den Teufel.

  3. 3
    don ewaldo

    Habe 35 Jahre venezuelaerfahrung, ein geübtes Auge sieht den Niedergang an den „Fettxxxxxxxx, nachlässige Kleidung, Malandros allgegenwärtig etc.
    Die “ Miss“ werden weniger, Die Gesichter auch immer Länger, nichts mehr mit lustigem, glücklichem Karibik-Volk. Die weisen Worte eines deutschen Politikers bei dem Bundestsgswahlkampf 1983 :
    Was passiert, wenn in der SAHARA der Sozialismus eingeführt wird ; erst mal 10 Jahre garnichts,und dann wird der Sand knapp !!!!!!!!!!!!!!!!!1

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