Colegio Humboldt in Venezuela: Immer mehr Lehrer verlassen das „sozialistische Paradies unter Palmen“

humboldt

Am 15. Mai 1894 wurde die Schule mit den Namen "Deutsche Schule" (Colegio Alemán) auf Initiative einer Gruppe Venezolaner deutscher Herkunft und unter tatkräftiger Unterstützung durch den deutschen Botschafter Graf von Kleist-Tychow gegründet (Foto: colegiohumboldtcaracas)
Datum: 04. Mai 2016
Uhrzeit: 00:56 Uhr
Ressorts: Leserberichte
Leserecho: 6 Kommentare
Autor: Vinicius Love, Caracas (Leser)
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Die Privatschule Colegio Humboldt Caracas hat auch 2016 mit vielen Problemen zu kämpfen. Bereits im Januar 2015 wurde ein Lehrer der Schule brutal in seiner Wohnung überfallen und mit einem Kopfschuss angeschossen. Zuvor waren bereits mehrere Lehrer der Schule Augenzeuge oder Opfer diverser anderer Gewalttaten wie Überfall, Diebstahl, Raub und Waffengewalt geworden, so dass die Schule sich 2015 veranlasst sah bei ihren Stellenanzeigen einen besonderen Hinweis für Interessenten zu geben: „Da Caracas in vielerlei Hinsicht ein schwieriger Schulstandort ist, sprechen wir Kollegen an, die belastbar sind, vielseitige Erfahrungen machen wollen und ein Interesse an der kulturellen Begegnung haben. Bewerber ohne Kinder werden bevorzugt (aufgrund der hohen Lebenshaltungskosten und der Kriminalität)“. Im Mai des vergangenen Jahres begann dann das „unendliche“ Thema des Trinkwasserproblems an der Schule. Das Problem wurde aber nur kurzfristig – und wie sich jetzt herausstellt – teilweise gelöst.

Auch im Jahre 2016 kommt die Schule nicht aus den Negativschlagzeilen heraus. Wie jetzt bekannt wurde, hat die Humboldtschule Caracas erneut mit dem Wasserproblem zu kämpfen. Obwohl das südamerikanische Land über reichlich Wasserzugang verfügt (Orinoco, viele weitere Flüsse, Karibik), sieht sich die sozialistische Regierung außerstande die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Trinkwasser zu versorgen: Trinkwasserleitungen von den Flüssen in die Städte sind marode oder erst gar nicht existent und eine Meerwasser-Entsalzungsanlage kann sich das erdölreichste Land der Welt scheinbar nicht leisten. Kurz vor den Osterferien war ein normaler Schulbetrieb im Colegio Humboldt Caracas deshalb nicht mehr aufrecht zu erhalten, sodass die Schulleitung sich aus Hygienegründen gezwungen sah den Nachmittagsbetrieb der Schule einzustellen.

Die Hoffnung, die Wassertanks während der Osterferien wieder komplett aufzufüllen, hat sich leider in Luft aufgelöst, wie so vieles im „Land des Sozialismus‘ des 21. Jahrhunderts“. Selbst zwei lange Wochen haben im „sozialistischen Paradies unter Palmen“ nicht ausgereicht das grundlegende Menschenrecht der Wasserverfügbarkeit für die Bevölkerung zu gewährleisten; stattdessen muss leider wieder einmal – wie bereits 2015- um Selbstverständlichkeiten gebangt werden. Improvisation und Mangel scheinen im erdölreichsten Land der Welt unter dem sozialistischen Präsidenten Nicolas Maduro dabei zum Dauerzustand zu werden; an eine Behebung der desolaten Lage ist nicht im Entferntesten zu denken.

Aufgrund der genannten Missstände versucht das Colegio Humboldt aktuell neue Lehrer anzuwerben, denn viele verlassen noch vor Ende ihrer Vertragslaufzeit das Land frühzeitig, so dass die Fluktuation an deutschen Lehrern enorm hoch ist. Da man weder mit Sicherheit noch einem schönen Leben in der venezolanischen Hauptstadt unter der karibischen Sonne neue Lehrer aus Deutschland anlocken kann und das ganzjährig tropische Klima nicht alle Fehlentwicklungen in Venezuela kompensieren kann, zählt mittlerweile nur noch das „liebe“ Geld (Euro) als massives Lockmittel. Es bleibt die Frage, ob es weiterhin leichtsinnige, idealistische und links-verblendete Lehrer geben wird, die bereit sein werden den finanziellen Anreiz ihrer persönlichen Sicherheit vorziehen?!

Leider weist die Schule nicht auf die extrem hohe Inflationsrate, die Existenz der Parallelwährung und die Problematik des Geldumtauschs hin. Somit wird das Ortsgehalt (Landeswährung: Bolívares) in ein paar Monaten nicht mehr das Papier wert sein, auf dem es gedruckt ist. Das Ortsgehalt wird in Landeswährung ausgezahlt. Zur Zeit liegt das monatliche Einkommen für eine deutsche Ortslehrkraft bei ca. Bs 45.000,00.

Zusätzliche Leistungen:

Standortszulage: € 1.200,00 pro Monat

Mietzuschuss maximal Bs 37.500,00 im Monat

Lebensmittelkärtchen Bs 6.750,00 monatlich

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Kommentarbereich

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  1. 1
    Insel-Kalle

    „…eine Meerwasser-Entsalzungsanlage kann sich das erdölreichste Land der Welt scheinbar nicht leisten.“

    Auf Margarita (Macanao) habe ich mal etwas gesehen, was eine solche Anlage gewesen sein könnte, war aber verlassen und nicht in Betrieb. Weiß jemand, was es damit auf sich hat?

  2. 2
    Gringo

    Viele verlassen das Paradies, da ist doch viel Platz
    für Wagenknecht und Co.

    Was ist der Unterschied zwischen einem normalen
    und einem sozialistischen Märchen??????
    Normales Märchen: Es war einmal……., Verfasser gestorben!!
    Sozialistisches Märchen: Es wird einmal sein……, Verfasser lebt!!!

  3. Links-verblendete Lehrer sollten dort ruhig hingehen und Caracas ausgiebig erkunden, vor allem nachts! Nur haben die venezolanischen Kinderchen keinen Bock auf solche Traumtänzer, im Gegensatz zu vielen europäischen Altersgenossen.

    Den Lehrern 44.250 BsF in Landeswährung zu zahlen ist natürlich ein Witz. Das sind umgerechnet 37,50€, abgesehen von der Standortzulage. Was soll das? Man muss schon sehr links-verblendet zu sein, um dafür täglich sein Leben zu riskieren.

    • 3.1
      fideldödeldumm

      Das dürften wohl eher einheimische Ortslehrkräfte sein, wenn dieser Betrag zutreffend ist.

      • 3.1.1
        Martin Bauer

        Ich denke eher nicht. Schon der Artikel schreibt ganz klar, das gehalt wird in Landeswährung ausgezahlt. Und von daher ist der Betrag völlig normal. Man darf nicht vergessen, dass auch das Schulgeld, welches die Schüler zahlen, in Landeswährung entrichtet wird und die Schule auf dieser Basis wirtschaften muss. Ein Gehalt auf deutschen Niveau würde um die 400.000 Biolivares liegen. Die Herkunft solcher Beträge in Landeswährung müsste belegt werden. Den Parallel-Wechsel-Mark könnte die Schule hierzu nicht nutzen, das wäre illegal. Und über den offiziellen Wechselkurs wären dies völlig absurde 35.000€. Wie ich das sehe, hat die Schule gar keine andere Möglichkeit, als die Gehälter in Landeswährung zu zahlen. DIe Auslandszulage von 1.200€ wird wohl in Deutschland ausgezahlt. Anders kann ich es mir nicht vorstellen.

      • 3.1.2
        fideldödeldumm

        Die Bun­des­pro­gramm­lehr­kräfte und die Aus­lands­dienst­lehr­kräfte (überwiegend Beamte bzw. angestellte Lehrer in Festanstellung) werden in Euro bezahlt. Die Ortslehrkräfte erhalten Scheine zum Tapezieren.

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