Lufthansa will mit Agrosprit Kosten sparen

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Datum: 19. Mai 2010
Uhrzeit: 22:15 Uhr
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Autor: Klaus Schenck
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In der jüngeren Vergangenheit sind in Fernost und in Afrika aber auch in Lateinamerika sehr viele Hoffnungen auf Jatropha gesetzt worden. Die Lufthansa ist einer der größten und profitabelsten Konzerne in der Zivilluftfahrtbranche weltweit. Diese Position will die Airline weiter ausbauen und setzt auf kräftiges Wachstum. Als eine der ersten Fluggesellschaften kündigte Lufthansa nun für die kommenden zwei Jahre Serientests mit Agrosprit an. Bis zum Jahr 2020 sollen dem fossilen Kerosin 5 bis 10 Prozent Agrosprit beigemischt werden. Lufthansa verbrauchte im vergangenen Jahr 7,7 Millionen Tonnen Flugtreibstoff. Daraus folgt ein Agrosprit-Einsatz von 385.000 bis 770.000 Tonnen pro Jahr.

Dahinter stehen wirtschaftliche Überlegungen: Der Treibstoffverbrauch stellt mit 15 Prozent einen der wesentlichen Kostenfaktoren für die Airline dar. Bei weiter steigenden Ölpreisen sieht der Konzern in Agrosprit eine kostengünstigere Alternative. Außerdem hofft Lufthansa nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden Mayhuber, dadurch bei den Ausgaben für den Emissionshandel Vorteile zu haben.

Ab 2012 bezieht die Europäische Union die Fluggesellschaften in den Handel mit Verschmutzungsrechten ein. Derzeit schlagen 24 Millionen Tonnen Kohlendioxid bei der Lufthansa zu Buche. Lufthansa schätzt die dadurch entstehenden Kosten auf 150 bis 350 Millionen Euro pro Jahr. Durch die Beimischung des Agrosprits würde die Lufthansa zumindest buchhalterisch ihre CO2-Bilanz verbessern und Ausgaben sparen. Das globale Klima wird von diesem Zahlenspiel nicht profitieren – im Gegenteil.

Als Voraussetzungen für den Einsatz von Agrosprit nennt Lufthansa, dass er sich für den Luftverkehr eignet und ausreichende Mengen zu einem akzeptablen Preis verfügbar seien. Weiter schreibt die Airline in ihrem aktuellen Nachhaltigkeitsbericht 2010: „Lufthansa legt auch großen Wert darauf, dass der alternative Kraftstoff nicht in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion steht und ein nachgewiesener Nutzen für die Umwelt besteht.”

Doch genau hier liegen die Probleme beim Agrosprit. Lufthansa bleibt die Antwort darauf schuldig, wie die genannten Ziele erreicht werden können. Der Konzern nennt „als Hoffnungsträger Algen und sogenannte Energiegewächse wie Jatropha“. Doch Treibstoff aus Algen steht erst am Anfang der Entwicklung und „in den nächsten zehn Jahren sind keine nennenswerten Mengen an Kraftstoff aus diesem Rohstoff zu erwarten“, wie Lufthansa selbst vermerkt.

Der tropische Wunderstrauch Jatropha bringt auf marginalen Böden in der Praxis nicht die versprochenen hohen Erträge. Nur auf fruchtbaren Böden und mit Bewässerung lassen sich rentable Erträge erzielen. Doch damit steht der Jatropha-Anbau in direkter Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion. Zudem fallen nach wissenschaftlichen Studien für einen Liter Biodiesel aus Jatropha 20.000 Liter Wasser während des Anbaus an. Die Universität Twente in den Niederlanden hat nachgewiesen, dass Jatropha fünf Mal so viel Wasser benötigt wie Zuckerrohr oder Mais.

Für die Anlage der Jatropha-Plantagen werden direkt und indirekt natürliche Ökosysteme gerodet, vor allem sehr arten- und kohlenstoffreiche Savannengebiete. Die Umwandlung dieser Ökosysteme in Monokulturen vernichtet die Biodiversität und heizt durch die massive Freisetzung des in Vegetation und Böden gebundenen Kohlenstoffs den globalen Treibhauseffekt an.

Wer Treibstoffverbrauch und Kohlenstoffemissionen ernsthaft reduzieren möchte, der muss auch über Lösungen nachdenken, die zu weniger Flugbewegungen führen. Die Wahl des Verkehrsmittels beim Transport von Menschen und Gütern muss stärker nach ökologischen Gesichtspunkten erfolgen.

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