„Paradise Papers“: Steuervermeidung bremst Entwicklung

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Künftige Bundesregierung muss den Kampf gegen Steuervermeider zur Priorität erklären (Foto: Misereor)
Datum: 07. November 2017
Uhrzeit: 17:37 Uhr
Leserecho: 3 Kommentare
Autor: Redaktion
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Die Enthüllung der Paradise Papers offenbaren eindrücklich, dass die Politik der aggressiven Steuervermeidung transnationaler Konzerne bislang keine wirksamen Grenzen gesetzt hat. „Während Unternehmen, wie z.B. der in den „Paradise Papers“ genannte Rohstoffkonzern Glencore, Milliardengewinne am Fiskus vorbeischleusen, trocknen die öffentlichen Haushalte in Entwicklungsländern und in der EU gleichermaßen aus“, erklärt Klaus Schilder, Experte für Entwicklungsfinanzierung bei MISEREOR. Allein Deutschland gingen durch den Transfer von Unternehmensgewinnen in Steueroasen geschätzte 17 Milliarden Euro an Steuereinnahmen pro Jahr verloren, in der EU sind es insgesamt 60 Milliarden Euro. „Wir können nicht oft genug betonen, in welchem Maße die Steuervermeidungstricks vieler Konzerne den Menschen in den Entwicklungsländern schaden. Diese Konzerne enthalten den Menschen Geld für Investitionen in Bildung und Gesundheit und Infrastruktur vor und tragen oftmals zusätzlich zu Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden bei“, so Schilder.

„In Berlin darf nach den erneuten Enthüllungen der Paradise Papers nicht wieder Business-as-usual einkehren. Wir fordern die Koalitionsparteien auf, das Thema Steuergerechtigkeit und den Kampf gegen Steueroasen zu zentralen Themen der bevorstehenden Koalitionsverhandlungen zu machen. Dazu sollten sich die Koalitionsparteien des künftigen Jamaika-Bündnisses in Deutschland, der EU und international für strenge und wirksame Regeln gegen Steuervermeidung und -hinterziehung einsetzen“, fordert Schilder. Nötig sei in erster Linie die Verpflichtung von Unternehmen auf eine umfassende und öffentliche länderbezogene Berichterstattung ihrer Unternehmensbilanzen. „Es muss Schluss sein mit anonymen Briefkastenfirmen in Steueroasen, in Deutschland und vielen anderen Ländern.

Die neue Bundesregierung darf die Blockadehaltung der letzten Legislaturperiode nicht weiter aufrecht erhalten und sollte sich während der Erarbeitung der 5. EU-Geldwäscherichtlinie für ein öffentliches Verzeichnis der wahren Eigentümer von Trusts und Scheinfirmen einsetzen“, erklärt Schilder. „Kooperationsunwillige Staaten gehören umgehend auf eine Schwarze Liste, beispielsweise im Rahmen des Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz. Darüber hinaus fordert MISEREOR die Einrichtung einer Enquete-Kommission für konsequente Steuergerechtigkeit in Deutschland und weltweit. Damit würden die Koalitionsparteien ihrem politischen Willen zum Kampf gegen Steueroasen Nachdruck verleihen.“ Schließlich könnte die Einführung eines Unternehmensstrafrechts nicht kooperative deutsche Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen und Steuerhinterziehungen weltweit zur Rechenschaft ziehen.

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Kommentarbereich

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  1. 1
    Miguel

    Es ist ganz einfach, nur Rechnungen aus dem eigenen Land dürfen Einkommens mindernd abgezogen werden. Sollte kein Problem darstellen.

    • Da sehe ich aber jede Menge Probleme. Zum Beispiel:
      • Eine Firma hat ausländische Lieferanten. Die stellen Rechnungen.
      • Eine Firma produziert ein Musikstück eines ausländischen Komponisten. Der stellt Rechnung, eventuell für Lizenzgebühren.
      Die sollen dann alle nicht steuerlich absetzbar sein? Der gesamte internationale Handel und internationale Kooperationen würden unmöglich.

  2. Es ist schlicht unglaublich, was für eine bösartige Hetzkampagne hier gegen Kaufleute geschürt wird, die einfach nur ihre Arbeit richtig machen. Sie werden im einem Atemzug mit Steuerhinterziehern genannt und damit ebenso vorsätzlich wie ungerechtfertigt kriminalisiert. Wer so argumentiert, bewegt sich zwar konform mit dem Mainstream der Habenichtse, aber juristisch auf sehr dünnem EIs.

    Ein Mensch, der nicht alle sich bietenden Möglichkeiten der Steuervermeidung nutzt, ist ein Idiot und gehört bestraft. Im Falle des normalen Gehaltsempfängers, der seinen Lohnsteuerausgleich (Auch STEUERVERMEIDUNG, nicht STEUERHINTERZIEHUNG!) nicht korrekt macht, bestraft sich selbst. Der Geschäftsführer oder Vorstand einer Firma, der die weltweit angebotenen legalen Konstrukte zur Senkung von Unternehmenssteuern nicht nutzt, sollte fristlos entlassen und von den Firmeneignern bzw. Aktionären auf Schadenersatz verklagt werden.

    Wem geltendes Recht nicht gefällt, darf ändernd darauf einwirken. Und sei es nur mit seiner Wählerstimme. Bis dahin aber hat er das Recht zu respektieren und auch jeden einzelnen, der sich daran hält.

    Ganz unter uns: Auch ich zahle meine Steuern pünktlich und in voller Höhe. Aber natürlich dort, wo sie niedrig sind, im Einklang mit meinen Lebensmittelpunkt. Wenn es denn unbedingt sein müßte, ginge es auch komplett steuerfrei. Aber dann müßte ich an einen Ort umziehen, der mir mißfällt. Und ich finde, jeder sollte seinen Beitrag zum Erhalt und Voranschreiten der Gesellschaft leisten. Nur über die Höhe solche Beiträge gehen die Meinungen weit auseinander. In den meisten europäischen Ländern ist die Summe aller zu zahlenden Steuern und Zwangsabgaben längst völlig absurd, um nicht zu sagen, gesetzlich verankerte räuberische Erpressung, die Vorstellungen hierzu gänzlich pervertiert.

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