Mögliche Ursache der „Azteken-Pest“ gefunden

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Das Forschungsteam analysierte DNA von 29 menschlichen Überresten aus der Fundstelle und verwendete dabei ein neuartiges, hocheffizientes Computerprogramm für die Charakterisierung der in den Proben enthaltenen bakteriellen DNA (Foto: Archiv)
Datum: 16. Januar 2018
Uhrzeit: 11:59 Uhr
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Autor: Redaktion
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Europäische Kolonisatoren haben bei ihrer „Eroberung“ der Neuen Welt Krankheiten und Keime eingeschleppt, gegen die die lokale Bevölkerung keine Immunität hatte und völlig machtlos war. Die „Pest“ von 1545, die das heutige Mexiko und einen Teil von Guatemala heimsuchte, fand nur zwei Jahrzehnte nach einer Pockenepidemie statt, die nach der Ankunft der Spanier zwischen 5 und 8 Millionen Menschen tötete. Forscher haben nun die Ursache für die „Azteken-Pest“ gefunden, die bis zu 15 Millionen Menschen getötet hat. Diese Episode gilt als eine der schlimmsten Epidemien in der Geschichte der Menschheit , nach der schwarzen Pest, die im 14. Jahrhundert 25 Millionen Menschen in Westeuropa tötete (fast die Hälfte der Bevölkerung).

Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte, der Universität Harvard und des Nationalen Instituts für Anthropologie und Geschichte Mexikos hat eine neuartige Software zur Datenanalyse verwendet, mithilfe derer aus alter DNA die möglichen Erreger einer der zahlreichen Epidemien im kolonialen Amerika identifiziert werden konnten. Viele Epidemien breiteten sich im 16. Jahrhundert großflächig in der „Neuen Welt“ aus. Zwar wurden die Symptome dieser Krankheiten in zeitgenössischen Berichten gut beschrieben, aber die genauen biologischen Ursachen der kolonialen Epidemien sind anhand dieser historischen Überlieferungen nur schwer zu bestimmen. In der nun vorgelegten Studie, die in Nature Ecology and Evolution veröffentlicht wurde, gelang es dem Team durch neue Methoden zur Analyse alter DNA, Salmonella enterica Paratyphi C, ein Bakterium, das enterisches Fieber verursacht, in den Skeletten von Opfern der sog. „Cocoliztli“-Epidemie von 1545-1550 in Mexiko zu identifizieren.

Nachdem die einheimischen Bevölkerungsgruppen der amerikanischen Kontinente mit Europäern in Kontakt gekommen waren, fegten Dutzende von Epidemien mit verheerenden Auswirkungen durch die „Neue Welt“. Obwohl viele Berichte aus erster Hand über diese Epidemien vorliegen, war es bislang in den meisten Fällen schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, ihre Ursachen anhand der historischen Beschreibungen der Symptome eindeutig zu bestimmen. So können zum Beispiel die Symptome, die durch die Infektion mit verschiedenen Bakterien oder Viren verursacht werden, einander sehr ähnlich sein, oder die Symptome, die durch bestimmte Krankheiten hervorgerufen werden, können sich in den letzten 500 Jahren verändert haben. Deshalb haben Wissenschaftler gehofft, dass Fortschritte bei der Analyse alter DNA einen Durchbruch bei der Identifizierung der unbekannten Ursachen früherer Epidemien ermöglichen könnten.

Das Forschungsteam analysierte DNA von 29 menschlichen Überresten aus der Fundstelle und verwendete dabei ein neuartiges, hocheffizientes Computerprogramm für die Charakterisierung der in den Proben enthaltenen bakteriellen DNA. Diese Technik ermöglichte es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die Proben vollständig auf bakterielle DNA zu untersuchen, ohne vorher genauer spezifizieren zu müssen, wonach gesucht werden sollte. Für zehn Proben erbrachte diese Methode vielversprechende Hinweise auf DNA-Spuren des Bakteriums Salmonella enterica.

Nach diesem ersten Befund kam eine speziell für diese Studie entwickelte DNA-Anreicherungs-methode zum Einsatz. Mit ihr gelang es dem Forschungsteam, komplette Salmonella enterica-Genome zu entschlüsseln und zu zeigen, dass die zehn Individuen mit einer Unterart des Bakteriums Salmonella enterica infiziert waren, das enterisches Fieber verursacht. Dies ist das erste Mal, dass Wissenschaftler durch die Analyse alten Materials aus der Neuen Welt molekulare Beweise für eine mikrobielle Infektion mit diesem Bakterium gefunden haben. Bakterielles enterisches Fieber, dessen bekannteste Form heute Typhus darstellt, verursacht hohes Fieber, Dehydratation und schwere Magen-Darm-Infektionen. Heute gilt die Krankheit als weltweite Bedrohung. Allein im Jahr 2000 traten schätzungsweise 27 Millionen Krankheitsfälle auf. Über die Schwere der Krankheit in der Vergangenheit und ihre globale Verbreitung ist allerdings bis heute wenig bekannt.

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