Heuchlerischer Kniefall, Kuss des Heimatbodens, Huldigung an den Nationalhelden Dessalines, Polittheater und Zweckgeheul. Das war erst der Anfang. Die Fortsetzung folgte Allsogleich, und täglich. Anstelle meiner zügellosen Zunge lasse ich einige schöne Zitate sprechen: „Wenn das stimmt und sich Baby einfindet um sich freiwillig zu stellen, vielleicht sogar vorgesehen am Jahrestag des Schreckensereignisses (mit leichter Verspätung), des Todestages der 300.000 (Baby Doc hatte es „nur“ auf 10% davon gebracht), dann würde das allerdings zu einem leichten Farbwechsel des Schweinwerferlichts berechtigen“ habe ich noch frohlockt, offenbar blauäugig wie immer. Denn am folgenden Tag habe ich in der Frankfurter Rundschau gelesen „Am 1. Februar tritt in der Schweiz ein Gesetz in Kraft, nach dem der dort gelagerte Teil seines (Baby’s) gestohlenen Vermögens an Haitis Regierung überwiesen werden kann. Wer es für Zufall hält, dass Duvalier ausgerechnet jetzt nach Hause kommt, ist selber schuld.“ Tatsächlich ist ein versuchter Handel mit der Regierung, wie er in Haiti – allgemein und besonders auch bei der Noch-Regierung üblich ist – naheliegend, wahrscheinlicher als Vaterlandsliebe, Gedenkfeier zum 12. Januar, Reue oder „Hilfe für die Armen“, wie Baby beteuert hat.
Die Rundschau schreibt weiter, „Duvaliers zynische Bemerkung, er komme, „um zu helfen“, lässt das Schlimmste befürchten. Nichts spricht dafür, dass der Ex-Diktator je gelernt hätte, jemand anderem zu helfen als sich selbst.“ Das Blatt bezeichnet die Reise sogar als ein symbolischer Anschlag gegen die Hoffnungen auf eine bessere Zukunft Haitis. „Und nun scheint er die Chance zu sehen, sich am mühsamen Aufbau nach dem Erdbeben erneut zu bereichern“. Und cpt p schreibt „Die Rückkehr von Duvalier zieht wohl leider auch die Konsequenz nach sich, dass die Spenden- und Hilfsgelder weniger bis überhaupt nicht mehr fließen werden. – Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand an Baby Doc spenden möchte, sollte dieser wieder entsprechende Positionen bekleiden, was ihm durchaus gelingen könnte“.
Besonders schön das Zitat des Kokosnuss-Apostels: „Bevor Papa Doc Duvalier Präsident von Haiti wurde, entzog er sich zwei Jahre lang dem Zugriff der damaligen Regierung, indem er sich als Frau verkleidete. Wenn Papa Doc Rat in Staatsangelegenheiten brauchte, holte er ihn sich meistens, indem er sich in die Badewanne hockte, einen schwarzen Zylinder aufsetzte und sich in die Eingeweide einer toten Ziege vertiefte. Er behauptete auch, er könne die Zukunft vorhersagen dank der nächtlichen Unterhaltung mit einem abgeschlagenen menschlichen Kopf, den er in einem Schrank im Präsidentenpalast aufbewahre. Für die haitianischen Schulen hatte er das Vaterunser umschreiben lassen: „Doc unser, der Du im Nationalpalast bist, geheiligt werde dein Name jetzt und in alle Ewigkeit. Dein Wille geschehe in Port-au Prince wie auch in den Provinzen. Gib … mehr“.
Der Rückkanal ist seit Baby hier ist, verstopft, man hört mich beim Skypen (Telefonieren mit dem Internet) in Europa bestenfalls gackern, man versteht so wenig wie von den Hühnern. Dass das Internet manchmal zusammenbricht, habe ich schon geschildert. Auch dass dies umso mehr der Fall ist, desto mehr Journalisten sich mit ihren Sendeköfferchen im Netz tummeln. Manchmal sollen es tausende sein, dann geht überhaupt nichts mehr. So ein Tag war gestern und heute. Am unverständlichen Kreischen meines abgehenden Tons kann ich fast ablesen, wie viele sich um die Wellen streiten. Und ich sehe, dass die Anwesenheit eines Massenmörders interessanter ist als irgendeine Grosskatastrophe, oder ein paar tausend Cholera-Tote.
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