Touristenfalle Brasilien: Nicht nur für Bill Gates

Gran Sabana

Datum: 21. April 2011
Uhrzeit: 03:58 Uhr
Ressorts: Leserberichte
Leserecho: 3 Kommentare
Autor: Jens Mueller, Venezuela (Leser)
Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

Wir begaben uns im Juli 2010 zu viert und wohlgelaunt von Venezuela Richtung Brasilien, in die Heimat meiner Frau- mit dem Ziel Manaus. Als Reisevorbereitung wurde unsere Rechtsanwältin 1 Monat zuvor mit dem beschaffen der notwendigen Dokumente beauftragt. Es mußte lediglich eine internationale Versicherung abgeschlossen werden, ansonsten, so die Anwältin, sei alles ok. Gut ausgerüstet ging die Reise durch ganz Venezuela, über die schöne Gran Sabana an die Grenze zu Brasilien in Santa Helena.

Im Zollbüro von Venezuela haben wir uns nochmals eingehend (bei der Kontrolle der Wagenpapiere und Versicherungspolice) erkundigt, ob die Papiere vollständig seien, oder noch was fehle, da wir keine Probleme haben wollten. Die Antwort, es sei alles bestens, stimmte uns natürlich froh. Das gleiche im Zollbüro von Brasilien. Auch hier bei der Nachfrage nach eventuell fehlender Papiere die gleiche lapidare Antwort, dass alles komplett und korrekt sei. Beim Schlagbaum nochmal dasselbe (alles kontrolliert, auch Fahrzeugdaten) und freundlich gute Reise gewünscht. Am nächsten Tag ging es um 06 Uhr früh auf den sehr beschwerlichen Weg von Boa Vista (über die Mondlandschaft einer ehemaliger Straße) nach Manaus. Um ca. 13 Uhr wurden wir nach ca. 300km vor Manaus an einem Check-Point der Federales (Staatspolizei) kontrolliert. Alles wurde über Internet abgeprüft und dann war die schöne Reise abrupt zu Ende! Die freundliche Stimme des Beamten meinte alles sei klar, ABER die Bewilligung, zum fahren dieses Fahrzeuges in Brasilien fehle…… und das Fahrzeug werde jetzt konfisziert und nach Boa Vista zurück gebracht.

Man ließ uns weder telefonieren, noch Internet benutzen. Auch war man in keiner Weise in irgend einer Art behilflich und nur durch wiederholtes Bitten durften wir die Toilette im Stützpunkt benutzen. Im Freien unsere Notdurft zu verrichten getrauten wir uns nicht, da wir mit noch mehr Problemen rechnen mussten. Das beste war noch, dass ich als Fahrer, so ein Beamter, mit vorläufiger Inhaftierung rechnen müsse. Der entging ich nur, dank massiver Intervention meiner brasilianischen Frau, da meine Gesundheit sehr angeschlagen war.

Für uns fiel eine Welt zusammen. Da stehen 4 Personen mitten in der Wildnis, (die nächsten paar Häuser ca. 1 km entfernt) in der heißen Sonne, ohne ausreichend Landeswährung, nicht akzeptierten Kreditkarten und Dollars (in der Not 1:1 gewechselt, statt 1:1,75BR).

Nach langem Bitten war wenigsten ein Beamter großzügiger weise bereit, 2 von uns mit unserem Fahrzeug und Gepäck in eine nahegelegene Posada zu bringen. Meine Frau und ich durften weiter warten (total ca.5 stunden), bis uns dann am Abend ein Bus (nach 7 stündiger Fahrt) nach Boa Vista zurückbrachte. Um ca. 04 Uhr kamen wir in Boa Vista im Hotel an. Am Morgen um 08 Uhr ging es auf Anwatschle und dann Spießrutenlauf durch die Amtsstuben von Boa Vista.

 

Niemand fühlte sich zuständig für unsere Situation. Entscheiden wollte oder konnte niemand, da das Vergehen doch schwerwiegend sei. Daß da irgend jemand Behördenseits einen Fehler gemacht haben könnte, konnte nicht mal unser Anwalt den zuständigen Stellen vermitteln. Auch auf den Vorschlag, das fehlende Papier beim 300 km entfernten Zoll zu besorgen und nachzureichen, wurde nicht eingegangen. Man blieb idiotisch stur!

Gefrustet mußten wir jemanden mit einem Kleintransporter organisieren, der bereit war 4 Personen mit sehr viel Gepäck (auf der katastrophalen Straße) nach Manaus zu bringen. Die meisten lehnten dankend ab. Wir hatten Glück im Unglück und fanden jemand der bereit war. Noch in der Nacht fuhren wir 2 wieder mit dem Bus (ca.6 Stunden) Richtung Manaus, in die Nähe der Posada unserer Mitreisenden. Nach kurzem Schlaf unterwegs wurden wir nächsten Morgen in der früh um 6 Uhr von unserem Fahrer an der vereinbarten stelle abgeholt und suchten danach unsere Freunde und Gepäck. Nachdem unsere Mitreisenden abgeholt und das Gepäck verstaut war, ging es den ganzen Freitag (über 10 Std.), durch die paar hundert Kilometer Mondlandschaft nach Manaus ins Hotel. Kosten dieses Transports nochmals um die 600 $ (Auffahrunfall inkl.).

Da unser Anwalt die folgenden 2 Wochen (entgegen unserer Erwartungen) nichts erreichen konnte, mußten wir die Heimreise nach Venezuela ohne Fahrzeug antreten.

Es blieb uns nichts anderes übrig als (da mein Visum ablief) per Flugzeug auf eine äußerst lange Heimreise zu gehen. Von Manaus ging es nicht mehr direkt nach Caracas, sondern umständlich ca. 5:000 km in den Süden nach Sao Paulo und dann nach langem Warten ca. 7:000 km in den Norden nach Caracas und 10 Stunden später per Inlandflug nach Hause (das ganze über 26 Stunden). Die gemischten Gefühle und der Ärger was Brasilien betrifft, sind bis heute vorhanden.

Heute gut 10 Monate später ist die Situation folgende:

Der Richter in Boa Vista konnte nicht entscheiden. So wird nun das ganze seit Dezember 2010 in Brasilia nochmals äußerst langweilig verhandelt wird….. Ausgang ungewiss!- und das alles wegen menschlichen Fehlern von Staatsangestellten (auf venezolanischer wie auch auf brasilianischer Seite).Die einen hätten uns ohne dieses Papier nicht ausreisen lassen dürfen- und die Brasilianer hätten uns niemals ohne dieses Papier einreisen lassen dürfen. Über die Kosten des Ganzen gar nicht zu reden. Unsere Meinung ist: Der Staat muss sich in diesem Punkt noch sehr Richtung Touristenfreundlichkeit bewegen. Schon bald werden die Fußball WM und die Olympischen Sommer-Spiele ausgetragen….. und dann Gnade Gott wer einen Fetzen Papier vergisst.

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Kommentarbereich

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  1. 1
    la luna

    Oh Mann, was für ein mieses Urlaubserlebnis……da ist es nicht wirklich tröstend, dass das auch einem Bill Gates passiert !

  2. 2
    Andre

    Was für ein wichtiges Papier fehlte denn?

  3. 3
    Josef Meier

    Dramatische Geschichte. Wer in Brasilien von A nach C kommen will und dabei in B etwas erledigen möchte hat oft beschwerliche und lange Reisewege. Das liegt mitunter an den geographischen (Größen)Verhältnissen. Ein wichtiges Papier fehlte. Zeigen sich bras. Behörden wenig kooperativ (sem Jeitinho) bzw. kommunikativ sind sie verärgert und/oder haben einen Grund dafür. Obwohl was für die einen unbedeutend ist kann für andere wichtig sein. Das Führen eines Fahrzeuges ohne ein „wichtiges“ Dokument kann so ein Grund sein. Auch Prominenz schützt vor Sanktion oft wenig. Billy Boy war nicht der erste der diese Seite kennenlernte. Für ein paar Reails, die für jenen schon wichtig sein können, hätte ein einheimischer Reiseleiter die Tour problemlos begleitet.

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