Hetzjagd auf die Spendenklauer

Diebstahl

Datum: 19. Juni 2010
Uhrzeit: 09:35 Uhr
Leserecho: 1 Kommentar
Autor: Otto Hegnauer
Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

Ein Dauerbrenner der letzten Tage waren der Strom, dann die Verbindung. Da müssen selbst  Himmelspfarrer und -pförtner her. Doch heute sind Kriminologen gesucht. Ich sitze unter schwerbewaffneten Uniformierten in meinem früheren Lieblingshotel, das jetzt geschlossen und zum Pressezentrum umfunktioniert ist. Rundum stören mich Journalisten, Politiker mit ihrem naseweisen Geschwafel, Reporter und andere Schwätzer und Lärmer. Und da sollte man noch schreiben können. Aber wenigstens habe ich Strom und Verbindung, beides hat lange gedauert.

Kriminologen wären zwar gut, aber die faseln zu englisch. Wie wenn sie nicht wüssten, wo sie sind. Mein heutiger Dauerbrenner soll das Klauen werden. Ich meine nicht das der Kleinen, die mehrmals eingebauten gebrauchten unbrauchbaren Autoteile, das verbrannte Elektrokabel, das mir das Elektrizitätswerk über das Tal vor der Bergburg gezogen hat mit dem Versprechen, damit Strom zu liefern – und das jetzt etwa zum dreifachen Preis ( übrigens auch ein stolzer dreistelliger US-$-Preis ) erneut bezahlt werden muss. Und während des Welt-Fussballfiebers hat ohnehin niemand Zeit zum Arbeiten. Es wird also noch dauern, der Dauerbrenner Strom, bis er endlich funktionieren wird, und ob überhaupt.

Nein, dass arme Kleine auf diese Art klauen, ist ja irgendwie begreiflich. Aber heute will ich von den großen Klauern sprechen. Von „renommierten“ Groß Firmen, wie Visa und BHD, von Diebstählen aus verschlossenen Geheimumschlägen und codegesicherten Elektronikdokumenten heraus. Und solchen von mindestens fünfstelligem US$-Wert, darunter fangen die gar nicht an. Würde nicht einmal die Spesen decken. Ja das gibt es, da staunen meine Leser. Ich kann, wie immer, aus dem Vollen schöpfen: aus meinem eigenen Erfahrungs-Schatz. Der ist bekanntlich fast unermesslich. Mir selber wurden etwa gleichzeitig rund sechstausend US$ gestohlen. Aus verschlüsselten absolut sicheren Dokumenten heraus. Die Hälfte sogar für mich als Spende bestimmt. Und damit Sie nicht glauben, für solche Erfahrungen extra nach Haiti, das sich die Karibikinsel Hispaniola mit der Dominikanischen Republik teilt,  reisen zu müssen, beginne ich gleich mit der VISA Schweiz.

Die VISA hat sich, wenn man bei den Kosten etwas blinzelt und mindestens ein Auge zudrückt, noch einigermaßen korrekt verhalten: ihre clevere Sicherheitsabteilung hat öfters auffällige Transaktionen, die Karte gestoppt und nach der Rechtmäßigkeit nachgefragt. Auch wurden vorgekommene Missbräuche anstandslos ersetzt. Deshalb darf ich auch bewusst ihren Namen nennen, was bei anderen Karten teils nicht der Fall sein dürfte.

Sie erinnern sich an den dreisten Raubüberfall vom Februar vor dem Hotel in Paris, als uns neben allem Geld, den Pässen, VISA und allen anderen Dokumenten alles entrissen und gestohlen wurde was nicht immobil war, und das gab es ja nach Haiti auch nicht mehr. Die rührige Polizei sperrte unverzüglich alle Karten, leider ( mangels Befugnis ) nicht gleichzeitig Ein- und Ausgänge der nächsten Moscheen, und ein durch die Diebe erfolgter Belastungsversuch wurde durch VISA verhindert. Als ich einige Tage später mit provisorischen Dokumenten in der Schweiz eintraf, war die Visa-Karte mit einer neuen Nummer bereits eingetroffen. Zum Glück hatte ich jedoch den Umschlag noch nicht geöffnet, denn bereits klingelte das Handy, und die Sicherheitsabteilung der VISA war am Apparat. Sie befragten mich, ob eine Reihe erfolgter Belastungen im Betrag von über 3000 Franken zu Recht bestünden, was ich verneinte. Sie betrafen alle mir unbekannte Software-Bestellungen übers Internet, dem Besteller war meine neue Kartennummer bekannt bevor ich den Briefumschlag mit ihrer Mitteilung überhaupt geöffnet hatte, ein Fall der auch für jeden Nichtkriminologen völlig klar sein musste !!! Natürlich hat VISA die entsprechenden Belastungen gestrichen. Da kann ich der aufmerksamen Sicherheitsabteilung nur gratulieren!

Weniger klar war der Sachverhalt bei einem anderen Diebstahl in ähnlicher Größe. Ein lieber und treuer Leser hatte sofort nach dem Beben vom Einsturz meines prächtigen Hauses und von meinem Verlust von sämtlichem Hab und Gut gelesen und mit einer großzügigen Spende von 2500 US$ reagiert. Da ich nach meinem zehntägigen Freiluftbiwak nach Santo Domingo evakuiert wurde und dort wochenlang auf Plätze in einem Flugzeug warten musste, vereinbarten wir als Zielort für den gespendeten Betrag meine Aufenthaltsadresse in der dominikanischen Hauptstadt. Dies erwies sich als grosser Fehler, denn bis zu meinem Abflug etwa einen Monat später war – angeblich – noch nichts angekommen. Und heute sind seitdem etwa sechs Monate verstrichen, und wir wissen immer noch nichts über den Verbleib des Betrages. Wie auch schon in schwierigen Fällen habe ich über einen Artikel Schach dem Spendenklau meine Leser um Hilfe gebeten, was bis heute einige Informationen gebracht hat, aber noch keine Hinweise über den Verbleib meiner Spende. Auf Wunsch des Spenders habe ich aus Sicherheitsgründen die erste Zeile des Originaldokumentes unleserlich gemacht, ebenfalls habe ich die mir wichtig scheinenden Informationen aus dem Dokument rot hervorgehoben. Im Übrigen liegt das Originaldokument in der heutigen Kolumne wieder unverändert vor, und ich bin jedem Leser für weitere Hilfe dankbar. Wie wird es auch den wirklich „Großen“ ergehen, wenn schon ich „Dreikäsehoch“ derart gegen Spendendiebe kämpfen muss !

Ich habe den einzigen, aber unschätzbaren Vorteil, unbescholten zu sein. Nach dem fernsehbekannten Einsturz meines eigenen Hauses und von dem Verlust von sämtlichem Hab und Gut habe auch ich einschlägige Erfahrungen mit großen Spendenempfängern machen müssen. Meine sämtlichen Hilfegesuche wurden dort bürokratisch-schnodderig abgelehnt. Dazu ein andermal mehr, Die Jahre lang unselbständig gearbeitet hatte sich schon freuen. Ich befasse mich heute mit den Millionen von Armen, die noch in Zelten leben, und mit den Milliarden von Spendendollars, von denen man nichts mehr sieht. Wollen und können Sie mir dabei helfen?

Wie ich denn weiterlebe? Ich genieße Gastfreundschaft bei einer lieben Familie, die überlebt hat aber außer „mir“ über keine Einkünfte verfügt. Pünktlich wie eine Schweizer Uhr kommt von dort jeden Monat eine bescheidene Altersrente (14 x 1,7 % meines letzten Lohns, da ich dort 14 Jahre lang unselbständig gearbeitet habe, macht 23.8 % meines Abgangslohns, nach Adam Riese oder und wie der auch immer heisst ). Von diesem Riesen-Ding das dort „AHV“ heißt können hier immerhin etwa 10 Personen leben, das ist doch echte Welt-Hungerhilfe, nicht ? Drüben in Europa gibt es noch eine Rente von der ehemaligen Firma her, die lass ich gleich dort, wo all die Geier kreisen – früher hatte ich geglaubt, das sei nur in Afrika so.

Ich bin ja auch weder ein Detektiv noch ein Crashprophet, aber ich möchte nun den neuen Dauerbrenner wirklich nicht schon wieder loslassen. Ich bin überwältigt vom Echo auf meine Hetzjagderöffnung und danke allen Lesern und Leserinnen sehr herzlich für jeden Hinweis und werde bestimmt wieder über die Fortschritte berichten. Ich bitte um weitere Hilfe von unbezahlbaren – unbezahlten Übersetzern, Rechtsgelehrten, Idealisten, und was sonst noch ein Herz hat.

Helfen sie mit ! DIE HETZJAGD AUF WEITERE SPENDENKLAUER IST ERÖFFNET !

Ich erwarte allerdings ungeduldig jenen Tag, an dem ich mich wieder interessanteren Themen widmen kann.

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Die exklusive Haiti-Kolumne im latina press Nachrichtenportal von Otto ‚Swissfot‘ Hegnauer. Der ehemalige Lehrer lebt seit mehreren Jahrzehnten auf Haiti und berichtet exklusiv von seinem täglichen Leben auf der Insel Hispaniola.

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