Gonaïves in Haiti: Tropensturm Irene im Anmarsch► Seite 2

Datum: 20. August 2011
Uhrzeit: 16:21 Uhr
Leserecho: 0 Kommentare
Autor: Otto Hegnauer
Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

Und es wurde schlimmer und schlimmer. Auch ich lebte seit Wochen ziemlich isoliert und hütete mich vor Fahrten Richtung Stadt. Ich war 3 Tage im Süden, wo es noch ruhig war, und fand da eine Schule, die sich mit allen Kräften wehrte (S.O.S. Kinder Haïti). Rund 200 Schüler wurden ernährt und in 9 Klassen unterrichtet, und, was in Haïti einzigartig war, dies völlig gratis. Und noch grossartiger: die Hlfe und Schulung beschränkte sich auf die Allerärmsten. Nur diese wurden aufgenommen !

Ich hatte mich vorläufig auf die Hilfe für diese Schule beschränkt. Der einst geplante Einsatz für die „Wiederbeschulung“ der Gross- und Katastrophenregion Gonaïves wurde bereits von mächtigen Organisationen vorbereitet, so von Kanada unter Leitung des ehemaligen Erziehungsministers Paul Gérin-Lajoie. Da war ich natürlich überflüssig.

Die koordinierten Hilfswerke errichteten, als es noch keine zumutbaren Wohnblöcke in Gonaïves gab, in der stundenweit entfernten Stadt Saint-Marc eine standesgemässe „Generaldirektion“ und hotterten in ihren klimatisierten, schwarzscheibigen Protz-Geländewagen täglich nach Gonaïves zur „Arbeit“.

Grosse internationale Organisationen befassten sich auch mit der Aufgabe, den Wiederaufbau der Schulen in den betroffenen Gebieten zu fördern. Viele waren schon gar nicht bis Gonaïves gelangt, denn der Zugang war damals auch ohne die Überflutungen schwierig, während Stunden mussten Löcher und andere Hindernisse überwunden werden (Originalzitat aus einem internationalen Protokoll: „Die Situation in Gonaïves, wo Friedenstruppen der Vereinten Nationen alle Hände voll zu tun haben, bewaffnete Banden daran zu hindern, Hilfsgüter zu stehlen, wurde als zu chaotisch und gefährlich bezeichnet. … sodass wir am 29. September 2004 schließlich vorzeitig den Rückweg antraten. … einen starken Eindruck hinterlassen. … Ich glaube, die Kinder von Gonaïves werden dieses Jahr nicht mehr in die Schule gehen können.“)

Das war vor 7 Jahren. Und wie sieht es heute aus? Der Flugplatz ist verschwunden, der einstige Tower reckt noch aus dem Wasser, die riesige Betonbrücke über den durch die Überschwemmungskatastrophe gewordenen See ist immer noch nicht fertig, die 100.000-Seelen-Stadt ein Industrieplatz von Hilfswerken, von Amerikanern, Europäern, Weissen, die Arrivierten haben Arbeit bei Hilfswerken und Obdach in den neuen Blöcken gefunden, im Umland vegetieren die Habenichtse immer noch in zerfetzten Laken, wenn sie Glück hatten sogar in kleinen Holzbaracken. Ja, Helfen ist eine Wirtschaft, eine Industrie geworden. Und gehört zum guten Ton.

P.S.: Sind Sie bei Facebook? Dann werden Sie jetzt Fan von agência latinapress! Oder abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter und lassen sich täglich aktuell per Email informieren!

Die exklusive Haiti-Kolumne im latina press Nachrichtenportal von Otto ‚Swissfot‘ Hegnauer. Der ehemalige Lehrer lebt seit mehreren Jahrzehnten auf Haiti und berichtet exklusiv von seinem täglichen Leben auf der Insel Hispaniola.

© 2009 - 2024 agência latinapress News & Media. Alle Rechte vorbehalten. Sämtliche Inhalte dieser Webseite sind urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung von IAP gestattet. Namentlich gekennzeichnete Artikel und Leser- berichte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Für Einsendungen und Rückmeldungen bitte das Kontaktformular verwenden.

Dies könnte Sie auch interessieren

Kommentarbereich

Hinweis: Dieser Kommentarbereich ist moderiert. Leser haben hier die Möglichkeit, Ihre Meinung zum entsprechenden Artikel abzugeben. Dieser Bereich ist nicht dafür gedacht, andere Personen zu beschimpfen oder zu beleidigen, seiner Wut Ausdruck zu verleihen oder ausschliesslich Links zu Videos, Sozialen Netzwerken und anderen Nachrichtenquellen zu posten. In solchen Fällen behalten wir uns das Recht vor, den Kommentar zu moderieren, zu löschen oder ggf. erst gar nicht zu veröffentlichen.

Leider kein Kommentar vorhanden!

Diese News ist älter als 14 Tage und kann nicht mehr kommentiert werden!