Puerto Plata: Eine ganz normale karibische Hafenstadt► Seite 3

puertoplata

Parque Central (oder span. Plaza Mayor…) von Puerto Plata (Foto: Stephan Meier/latinapress)
Datum: 08. Dezember 2013
Uhrzeit: 13:40 Uhr
Leserecho: 0 Kommentare
Autor: Redaktion
Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

Es ist hier in Puerto Plata wo genau vor 500 Jahren – in Europa beseelen Renaissance und Reformation die abendländische Welt neu – etwas Atemberaubendes, Neues passiert: Erstmals tragen Menschen des Mare Nostrum ihre ganze Kultur, ihren Glauben und Mut, ihr Seefahrer-, Handels- und Organisations-Knowhow , ihr Bestes und Abscheulichstes, kurz die Quintessenz ihres gesamten mittelmeerischen Seins in die Neue Welt hinaus. Es ist hier, wo dieses Abenteuertum und Sendungsbewusstsein mit teuerstem Blut erkauft, eine gänzlich neue Synthese aus ansässiger Indio-Kultur, afrikanischen Wurzeln und spanischer Lebensart eingeht. Das ist bei allen menschlichen Grausamkeiten einst und Unzulänglichkeiten heute nicht wenig. Und es lehrt auch: die Welt, das Leben funktionieren auch anderswo, nicht nur in Europa, gesättigt, immer leicht bräsig.

Kasten: Die Entdeckung Amerikas – erneut ein Scoop der Templer ?
Man muss kaum so weit gehen, wie Autor Dan Brown in seinem Welt- Roman „Der Da Vinci Code“ und insinuieren, dass die Namen der drei Schiffe Kolumbus‘ sowie das rote Tatzenkreuz des Templerordens auf deren Segeln der programmatische Code für ein (letztes?) Geheim-Kommando der Tempelritter waren: Den Heiligen Gral, das SangReal, das königliche Blut, vor seinen unzähligen Feinden auf dem alten Kontinent für immer in Sicherheit zu bringen. Zunächst, die Schiffsnamen haben schlicht prosaischere Ursachen: Gemäss spanischen Schiffsregistern aus der Zeit, hiess der Besitzer einer Karavelle Juan Niño, unschwer nachvollziehbar, dass sein Schiff auf „Niña“ (Mädchen) getauft wurde. Der Kapitän der zweiten Karavelle war ein Martin Alonso Pinzón, wovon es zum Namen „Pinta“ (Pinte, Gefäss) auch nicht eben weit ist. Schliesslich das Flaggschiff, die Naõ „Santa Maria“ – nun ja, wer wollte zweifeln, dass dies bis heute ein überaus gebräuchlicher Schiffsname ist ? Und man sich darüberhinaus für dieses gefährliche Unterfangen an den Rand der damals bekannten Welt den Segen der Muttergottes erbat? Aber wie immer…: Se non è vero, è ben‘ trovato.

Historisch belegt sind auch folgende Fakten: Der Templerorden oder „Die Arme Ritterschaft Christi und des Salomonischen Tempels zu Jerusalem“, wie er vollständig hiess, war im Hochmittelalter die erste Organisation, die die Ideale adligen Rittertums mit den Lebens- und Glaubensregeln eines Mönchsordens verschmolz. Es entbot sich eine eigentliche Erfolgsstory, die als Vorbild für eine Vielzahl weiterer Orden wie etwa den Deutschen Orden oder spanischen Santiago-Orden diente. Ja, die Templer waren mit der Einbindung adliger Söhne in ihren Verbund so erfolgreich, dass sie in weniger als 200 Jahren eine ungeheure Zahl an Burgen, Klöstern, Landwirtschaftsgütern und Geld anhäuften, so ganz nebenbei ein erstes Wechsel- und Kreditsystem erfanden, und als Geldgeber für Könige, Fürsten, sogar Päpste auftreten konnten. Dies rief naturgemäss auch mächtige Gegner auf den Plan – so lässt sich die Zerschlagung des Ordens historisch präzise festmachen: Am Freitag, den 13. Oktober 1307, schlug Philipp der Schöne, der so klamme König Frankreichs, (dem man übrigens die Aufnahme in den Orden abgeschlagen hatte), in perfider Abstimmung mit dem französischstämmigen, in Avignon residierenden Papst Clemens V., zu. Unter fadenscheinigen Vorwürfen wurde der Orden in Frankreich und ganz Europa verboten, viele Templer auf einen Schlag verhaftet, die Güter und riesigen Finanzmittel eingezogen. Was übrig blieb, übertrug Papst Clemens in einem offensichtlichen Akt schlechten Gewissens dem Johanniter-Orden, der in Rhodos, später Malta seinen Sitz hatte. Für welch gewaltigen Furor dieser infame Akt in ganz Europa damals sorgte, zeigt sich, dass man noch heute mehr als 700 Jahre später, vor einem Freitag, den 13. oder Schwarzen Freitag warnt…

Tatsache ist aber auch, dass der Orden in der Peripherie Europas, auf den britischen Inseln, in Italien, Mittel-, Osteuropa und auf der iberischen Halbinsel, was den Verlust seines Besitzes als auch die Verfolgung seiner Angehörigen betraf, de facto weitgehend verschont blieb. In Spanien etwa, sorgten Krone und Adel dafür, dass dessen gesamte Güter und auf Wunsch auch deren Angehörige, in die Ritterorden von Santiago, Calatrava und Alcántara aufgenommen wurden und so weiter am Kampf gegen die Mauren teilnahmen. In Portugal gründete das Königshaus 1319 den Christusorden, und übertrug die Güter der Templer dahin.

Mit der Vertreibung der Araber aus Al-Andalus Ende des 15. Jahrhunderts verloren die spanischen Orden auf einen Schlag ihren Daseinszweck. Zum anderen waren die Kassen der Krone Spaniens aufgrund dieses epischen Ringens inzwischen leer. Was lag da näher, die reichen Ritterorden dem Königshaus zu unterstellen? Ein macht- und finanzpolitischer Geniestreich, der zwischen 1487 und 1523 mit weitgehender Zustimmung des Heiligen Stuhls sowie der Ritterorden selbst erfolgte.

Es ist genau die Zeit, da das katholische Königspaar Fernando II. von Aragón und Isabel I. von Kastilien, dem Genuesen Kolumbus die Bewilligung erteilt, einen handelstechnisch lukrativen Seeweg gen Westen, nach Asien zu suchen. Christoph Kolumbus ist denn auch auf seinem Totenbett noch felsenfest überzeugt, in der Karibik das sagenumwobene Cipango, Japan erreicht zu haben. Und dies, wichtig für das Verständnis der Zeit, vor den Portugiesen, für die Vasco da Gama (übrigens auch er Mitglied des Santiago Ordens) auf seiner Ost-Route um Afrika, erst 1498 den Weg nach Indien fand.

Historisch verbürgt ist auch, dass einige der bedeutendsten Mitstreiter wie Gegenspieler Kolumbus‘ hochrangige Angehörige dieser spanischen Orden waren. Francisco de Bobadilla, der Kolumbus als Gouverneur auf Española ablöste, gehörte dem Calatrava-Orden an. Nicolás de Ovando, als dritter Gouverneur Begründer Puerto Platas und seines Hafens, war Angehöriger des Alcántara-Ordens. Richtig ist demnach, dass die meisten führenden spanischen Kolonisatoren der Karibik, und insbesondere der Dominikanischen Republik und Haïti, in der Tradition und Geisteshaltung dieser Orden, und damit auch der Templer standen. Wen erstaunt daher, dass sich so hoch gebildete, gut vernetzte, ebenso verdienstvolle wie mutige Adlige, die Ritter Gottes in ihrem eigenen Selbstverständnis, an dieser epochalen Zeitenwende neue, vielversprechende Aufgaben jenseits der Horizonte suchen?

Autor:
Stephan A. Meier, Lic. Phil I. in Geschichte, Publizistik UNI Zürich

P.S.: Sind Sie bei Facebook? Dann werden Sie jetzt Fan von agência latinapress! Oder abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter und lassen sich täglich aktuell per Email informieren!

© 2009 - 2024 agência latinapress News & Media. Alle Rechte vorbehalten. Sämtliche Inhalte dieser Webseite sind urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung von IAP gestattet. Namentlich gekennzeichnete Artikel und Leser- berichte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Für Einsendungen und Rückmeldungen bitte das Kontaktformular verwenden.

Dies könnte Sie auch interessieren

Kommentarbereich

Hinweis: Dieser Kommentarbereich ist moderiert. Leser haben hier die Möglichkeit, Ihre Meinung zum entsprechenden Artikel abzugeben. Dieser Bereich ist nicht dafür gedacht, andere Personen zu beschimpfen oder zu beleidigen, seiner Wut Ausdruck zu verleihen oder ausschliesslich Links zu Videos, Sozialen Netzwerken und anderen Nachrichtenquellen zu posten. In solchen Fällen behalten wir uns das Recht vor, den Kommentar zu moderieren, zu löschen oder ggf. erst gar nicht zu veröffentlichen.

Leider kein Kommentar vorhanden!

Diese News ist älter als 14 Tage und kann nicht mehr kommentiert werden!