Stegemann-Interview: „Birgit Prinz hatte so einen Abgang nicht verdient!“► Seite 3

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Datum: 24. Juli 2011
Uhrzeit: 00:01 Uhr
Ressorts: Brasilien, Sport
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Autor: Dietmar Lang
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► 2. Teil: Kerstin Stegemann über Silvia Neid und den Abschied von Birgit Prinz sowie die Sportförderung bei der Bundeswehr

Und wie stellen Sie sich Ihre Zukunft in der Bundeswehr vor? Sie sind bekennende Pferdenärrin, man konnte schon von Ihren Plänen von einer Pferdezucht lesen, gelernt haben Sie jedoch technische Zeichnerin.
Ich bin ja Berufssoldatin. Ich habe einen Vertrag bis 2032, dann gehe ich in den Ruhestand. Ich werde jetzt stellvertretende Leiterin der Sportfördergruppe. Wir haben etwas 80 bis 100 Athleten, für die wir zuständig sind. Ich bin dann der zweite Chef und für die Trainingspläne verantwortlich und dass die ganzen Unterlagen da sind.

Aber so einen Vertrag kann man ja unter Umständen auch vorzeitig auflösen. Dann bei Ihnen stellt sich ja auch die Frage nach einer Trainerlaufbahn. Schließlich haben Sie 2002 bereits Ihren Fußball-Lehrer beim DFB mit der Note 1,9 gemacht. Damit können Sie zum Beispiel auch Lizenzen für die Bundesliga bekommen…
Ja, das stimmt schon. Aber in der Frauen-Bundesliga ist man noch nicht soweit, dass man damit so viel Geld verdient, dass man es sich leisten kann, jedes Jahr mal irgendwo rausgeworfen zu werden. Dass man mal 1 Million Abfindung bekommt und sehen kann, wo man bleibt. Bei so einem Trainerposten geht es ja ganz schnell.

Aber es könnte ja auch ein ganz anderer Posten vakant werden, zum Beispiel bei der Frauenfußball-Nationalmannschaft. Der Vertrag von Silvia Neid läuft zwar noch bis 2016, aber man kann ja nie wissen.
Oh nein. Deswegen habe ich auch aufgehört, weil ich mit der Einstellung der jungen Leute ein Problem habe. Sie fordern viel, wollen aber wenig dafür machen. Das ist halt das Problem heutzutage. Das fängt beim Sport an und hört bei der Arbeit auf. Die Mentalität hat sich verändert. Die Jungen sind richtig gut, aber diese Einstellung … Ich bin da noch vom alten Schlag, da gibt es einfach eine Hackordung in der Mannschaft. Da gibt es die Älteren, die Mittleren, die schon länger dabei sind und eben die Neuen. Unter der alten Bundestrainerin war klar, wer die Wasserflaschen und die Hütchen einsammelt: das waren wir Jungen. Da wurde auch nicht gemeckert. Als ich aufgehört habe, war es schon so, dass ich schon diskutieren musste, wer die Sachen mitnimmt. Und letztendlich habe ich immer noch Sachen mitnehmen müssen. Und das ist so mein Ansatz wo ich mich frage, ob ich damit als Trainerin ankomme, denn die Mentalität hat sich einfach verändert. Ich habe – glaube ich zumindest – einen anderen Führungsstil. Ob der jetzt falsch ist oder nicht, darüber kann man diskutieren. Silvia Neid hatte ja auch Erfolg, daher kann man nicht sagen, dass sie alles falsch gemacht hat.

Ist diese Einstellung, gerade mit älteren und jüngeren Spielerinnen, dass was sie daran ärgert, wie Silvia Neid mit Birgit Prinz umgegangen ist?
Ja, definitiv. Das ärgert mich richtig. Ich kenne die Birgit, wir haben die ersten Länderspiele zusammen gemacht, das hat die Birgit nicht verdient. Und ich denke, da kann man eine andere Lösung finden. Wenn es so ist, dass ich als Bundestrainerin das Gefühl habe: „Hey Birgit, tut mir leid, du hast deine beste Zeit gehabt, es ist aber leider so. Um dich zu schützen, machen wir es jetzt so und so!“ Ich hätte sie gegenüber den Medien mehr in Schutz genommen. Und sie lässt sie auf der Bank versauern und das war natürlich richtig Futter für die Presse. Jeden Tag in der Zeitung und das macht eine Spielerin kaputt, auch eine Birgit Prinz. Obwohl die ein dickes Fell hat. Irgendwann nagt es aber an einem. Und dann steht man vor dem Tor und fängt an zu überlegen. Ich finde, eine Spielerin wie Birgit Prinz, die sich so viele Jahre um den Frauenfußball verdient gemacht hat – das geht nicht, das darf man nicht machen. Da muss man als Trainer ein Händchen für haben, wie man so eine Situation löst. Da habe ich eine ältere, verdiente Spielerin und die muss jetzt einen sauberen Abschluss finden. Entweder regelt man das vor der WM oder man tritt damit gleich an die Öffentlichkeit und erklärt es. Zum Beispiel das Birgit noch für das Team wichtig ist, es aber so oder so aussieht. Damit hätte man ganz anderes Auftreten können. Jetzt sagen sie: „Wir wollen noch ein Abschiedsspiel.“ Die Birgit wird kein DFB-Trikot mehr anziehen. Ich kenne die Birgit, ich finde das schade.

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