Santos und Venezuela: „Feindliche Kräfte, die Zwietracht sähen wollen“

chavez-santos

Datum: 05. August 2011
Uhrzeit: 14:39 Uhr
Ressorts: Leserberichte
Leserecho: 9 Kommentare
Autor: Martin Bauer, Caracas (Leser)
Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

Es ist ein Drahtseilakt für die kolumbianische Regierung, mit Venezuela und Chávez Frieden zu halten. Wie kann sie das, obwohl, nach verlässlichen Informationen neutraler Quellen, nach wie vor Einheiten der FARC und ELN auf venezolanischem Territorium Unterschlupf finden und von dort aus gegen Kolumbien operieren? Diplomatie nennt sich dies. Schöne Worte, welche die Wahrheit verschleiern ohne dabei zu lügen.

Doch nicht jeder hat so viel Geduld, nicht jeder kann es ertragen, dem Mann in Miraflores die andere Wange hin zu halten, solange dieser organisierte Mörderbanden mit Millionen Dollar unterstützt, damit sie gegen das „geliebte“ Nachbarland mit militärischem Gerät einen Untergrundkrieg führen, Menschen entführen, morden und Drogen schmuggeln. So sprach denn Admiral Édgar Cely, Oberbefehlshaber der kolumbianischen Streitkräfte, sehr deutliche Worte zu dem Thema, die den diplomatischen Frieden störten. Chávez reagierte prompt hysterisch.

Präsident Manuel Santos, eiligst bemüht, die Wogen zu glätten, sprach daraufhin von „feindlichen Kräften“ in beiden Staaten, die zwischen den Regierungen in Bogotá und Caracas Zwietracht sähen wollten. Dabei bezog er sich allerdings mit keinem Wort auf Mitglieder seiner Regierung, schon gar nicht explizit auf Admiral Cely. Kubas Nachrichtenagentur „Prensa Latina“ hingegen schob Santos die Worte in den Mund, „Er (Cely) hat eingestanden, dass er sich geirrt hat und dass er das nicht hätte sagen sollen“.

Eigenartigerweise stand „Prensa Latina“ diese Meldung wohl exklusiv zu Verfügung, denn in keiner anderen Presseagentur der Welt taucht sie auf, auch nicht in Kolumbien selbst. Recherchen ergaben, dass Santos niemals öffentlich derartiges gesagt hat. Auch Édgar Cely weiß nichts von einem solchen Schuldeingeständnis, schließlich hat er nur die Wahrheit gesagt, auch wenn sie nicht in den diplomatischen Kurs des Präsidenten passt.

Dass kubanische Medien ein gestörtes Verhältnis zu Wahrheit haben, ist nicht neu, war ihr Vorbild doch die „Prawda“ zur „guten alten Zeit“ des kalten Krieges, den sie liebend gern fortsetzen würden. „Amerika.21“ greift diese Falschmeldung prompt auf, in ihrem Artikel „FARC in Venezuela? – Santos kritisiert Armeechef“. Eigene Recherche war noch nie die Stärke dieser Website, die lieber schreibt, was ins rote politische Weltbild passt, ob es nun stimmt oder nicht.

Diese Art des Zweckjournalismus ist der Brunnenvergifter, dahinter stehen die „feindlichen Kräfte“, von denen Präsident Carlos sprach. Offensichtlich träumen Überbleibsel der ehemaligen SBZ Führung, die so weit links stehen, dass nicht einmal die Sozialistische Internationale sie aufnimmt, von einem neuen roten Imperium in Lateinamerika. Solange ihnen aber nichts Besseres einfällt, als über „Amerika.21“ Unwahrheiten und frei Erfundenes zu verbreiten, wird es bei Träumen bleiben.

P.S.: Sind Sie bei Facebook? Dann werden Sie jetzt Fan von agência latinapress! Oder abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter und lassen sich täglich aktuell per Email informieren!

Berichte, Reportagen und Kommentare zu aktuellen Themen – verfasst von Lesern von agência latinapress. Schicken auch Sie Ihre Erfahrungen, Erlebnisse oder Ansichten an redaktion@latina-press.com

© 2009 - 2024 agência latinapress News & Media. Alle Rechte vorbehalten. Sämtliche Inhalte dieser Webseite sind urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung von IAP gestattet. Namentlich gekennzeichnete Artikel und Leser- berichte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Für Einsendungen und Rückmeldungen bitte das Kontaktformular verwenden. Bildnachweis: Archiv

Dies könnte Sie auch interessieren

Kommentarbereich

Hinweis: Dieser Kommentarbereich ist moderiert. Leser haben hier die Möglichkeit, Ihre Meinung zum entsprechenden Artikel abzugeben. Dieser Bereich ist nicht dafür gedacht, andere Personen zu beschimpfen oder zu beleidigen, seiner Wut Ausdruck zu verleihen oder ausschliesslich Links zu Videos, Sozialen Netzwerken und anderen Nachrichtenquellen zu posten. In solchen Fällen behalten wir uns das Recht vor, den Kommentar zu moderieren, zu löschen oder ggf. erst gar nicht zu veröffentlichen.
  1. 1
    Heinz

    Was wollt ihr von denen erwarten, trauriges Häufchen ehemaliger Alt-Kommunisten aus der Zone.

  2. 2
    roland-g

    bitte nicht die „Neuzugänge“ aus dem Westen unterschätzen ;)

  3. 3
    Martin Bauer

    Kleiner Nachtrag mit leider sehr ernstem Hintergrund:

    Vergangene Nacht wurde der Verwalter einer Hacienda nahe Elorza von Banditen der ELN entführt. Dies trifft Freunde meiner Frau, deshalb weiss ich es aus erster Hand. Wir telefonieren schon den ganzen Tag wie blöd, um die Betroffenen zu trösten und möglichst eine Lösung zu finden. Aus Sicherheitsgründen kann ich nicht auf Details eingehen.

    Im diesem Moment, wo ich dies schreibe, kommt die Nachricht über’s Telefon, unser Freund ist wieder frei, gegen Zahlung eines Lösegeldes. Gracias a Dios! – Aber die Verbrecher bleiben ungestraft und werden sich bald ihr nächstes Opfer suchen.

    Der Schlag soll jeden verlogenen Dreckskerl treffen, der noch immer leugnet, daß FARC und ELN in Venezuela operieren, mit Chávez´ Segen. Hier in Venezuela spürt man die Politik der Regierung täglich an der eigenen Haut. In Deutschland dagegen ist man sicher und behütet und kann Weisheiten über den Rest der Welt loslassen, ohne den eigenen Hintern zu riskieren.

  4. 4
    Martin Bauer

    Neuer Nachtrag:

    Der Besitzer der Finca zahlte heute abend 80.000 BsF für die Freilassung seines Verwalters. Das sind rund $10.000, den momentanen Kurs des Cambio Paralelo zugrunde gelegt. Offiziell wären es rund $20.000. Dies ist nicht viel, für ein Menschenleben. Allerdings sieht seine Vereinbarung mit der ELN vor, dass er ab nun jeden Monat den gleichen Betrag von 80.000 BsF als Schutzgeld zahlen muß, oder die Verbrecher schlagen erneut zu. Es trifft keinen armen Mann, aber auch keinen besonders reichen. Die Banditen habe sehr genau ermittelt, wie viel er zahlen kann ohne kaputt zu gehen.

    Hugo Chávez und seine rote Brut haben dies zu verantworten und letztendlich auch die Gysi Bande, welche mit diesem gemeinsame Sache macht. Sorry, aber ich bin mit meiner Geduld am Ende. Im Moment würde ich mich liebsten bis an die Zähne bewaffnen und Amok laufen. Morgen geht es mir hoffentlich wieder besser…!

  5. 5
    eurovenezolaner

    lieber martin bauer, das was ihrem freund passiert, passiert seit langem in ungezählten fällen. einem älteren freund von mir, der über 30 jahre in venezuela lebt, geschah ähnliches vor nicht all zu langer zeit. bei der schweren krankheit seiner frau flossen sehr viel erspartes geld von seinem bankkonto auf das konto des krankenhauses. nach dem ableben seiner frau, erhielt er ein telefonat, wonach er innert 14 tagen über 300.000 bsf. zu bezahlung bereit halten müsse.
    der anrufer nannte ihm alle seine kontonummern und jeweils den genauen saldo, sowie die genauen geldflüsse an ihn.

    er konnto nur noch seinen koffer pocken und abhauen, weil auch jene leute ihm klar machten, dass im anschluss seiner ersten zahlung, jährliche zahlungen im betrag von jeweils weiteren 50.000 bsf. fällig sein werden.

    dass diese machenschaften in diesem umfang möglich sind, darf sich das ganze gesindel von hugo chavez gutschreiben lassen.

  6. 6
    Martin Bauer

    Es sind die Stadt- und Gemeindeverwaltungen (SENIAT), welche Einsicht in die Bankkonten jedes Bürgers haben und diese zum Zwecke des erpresserischen Raubes weitergeben. Sie sind Teil des Systems.

  7. 7
    Angiven

    Ich habe seit 16 Jahren noch nie ein Bankkonto in Venezuela gehabt,und das ist gut so.Bin Rentner und nehme mir das nötige Kleingeld immer nach meinen Gesundheitsuntersuchungen und Urlaub von Deutschland mit.
    Also Seniat ohne mich!!!

    • 7.1
      Pituca

      Ich hab auch hier auch kein Bankkonto und werde auch nie eines haben. Mein Geld verdiene ich ohnehin nicht in Venezuela.

      Es gibt da etwas, das nennen die Araber Hawalla, die Inder Hundi, das lässt sich in abgewandelter Form auch völlig legal und Gesetzes konform praktizieren. Wer googelt der findet…

Diese News ist älter als 14 Tage und kann nicht mehr kommentiert werden!