Der europäische Kraftstoffmarkt wird zukünftig von großen Mengen importiertem argentinischen Biodiesel geflutet. Die bisher dagegen eingesetzten hohen Anti-Dumpingzölle hat das zuständige europäische Trade Defence-Komitee in seiner heutigen Sitzung in ihrer Höhe halbiert. Obwohl sich zehn Mitgliedsstaaten gegen die Absenkung aussprachen und sich zwölf weitere enthielten, reichten sechs Stimmen aus, um die Halbierung zu beschließen. Damit besteht kein wirksamer Aussenschutz für europäischen Biodiesel mehr gegen die unfairen Handelspraktiken Argentiniens.
In Erwartung der Entscheidung sind bereits erste Tankschiffe mit Biodiesel aus Argentinien in europäischen Häfen eingetroffen. Argentinien fördert die Biokraftstoffproduktion mit unfairen Methoden, so dass der dort produzierte Sojabiodiesel billiger als der Rohstoff Sojaöl angeboten wird. „Es ist ein schwaches Bild, dass die Europäische Kommission und die Mitgliedsstaaten keine Möglichkeit sehen, die heimische Biokraftstoffindustrie und auch die Landwirtschaft wirkungsvoll gegen die unfairen argentinischen Handelspraktiken zu schützen“, sagte Elmar Baumann, Geschäftsführer beim Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). „Die von der Welthandelsorganisation eingeräumten massiven Marktstörungen ohne Gegenwehr hinzunehmen, ist völlig inakzeptabel. Die europäische Biodieselindustrie wird weiterhin Wege suchen, um sich gegen die wettbewerbswidrig geförderten Importe zu wehren.“
Die USA schützen seit einigen Wochen ihren Biodieselmarkt durch Anti-Subventionszölle gegen argentinischen Biodiesel in einer Größenordnung. Deshalb erwartet die europäische Branche, dass der bisher in den USA abgesetzte Biodiesel nach Europa umgelenkt wird. Argentinische Produzenten setzten im vergangenen Jahr etwa 1,5 Millionen Tonnen in den USA ab, die nun nach Europa geliefert werden dürften, da die Amerikaner einen wirksamen Außenschutz implementiert haben. Europäische Hersteller produzierten bisher rund 10 Millionen Tonnen Biodiesel jährlich, so dass alleine durch die umgeleitete Ware etwa 15 Prozent des Absatzes verloren gehen.
Argentinien belegt Soja als Rohstoff für die Biodieselproduktion mit sehr hohen Exportsteuern, so dass eine Ausfuhr nicht wirtschaftlich ist. Gleichzeitig hält dies die Sojapreise in Argentinien auf einem künstlich niedrigen Niveau, etwa 30% unter dem Weltmarktpreis. Dagegen sind die Exportzölle auf das Endprodukt Biodiesel sehr niedrig. Da die heimischen Verarbeiter die Rohstoffe für die Biodieselproduktion im Vergleich zum Weltmarkt zu drastisch günstigeren Preisen beziehen können und die Exportsteuern niedrig sind, ist argentinischer Biodiesel in Europa sehr günstig. Gleichzeitig behält Argentinien die Wertschöpfung aufgrund der verzerrenden Besteuerung im eigenen Land.
„Diese massiven und mit unfairen Mitteln geförderten Biodieselimporte werden erhebliche negative Auswirkungen auf die europäische Landwirtschaft haben und hierzulande Arbeitsplätze und Einkommen gefährden“, sagte Baumann. Die EU-Kommission hatte im Jahr 2013 deshalb Anti-Dumping-Zölle gegen argentinischen Biodiesel erhoben. Hiergegen hatte Argentinien vor der Welthandelsorganisation (WTO) geklagt. Die WTO hatte in dem Verfahren im vergangenen Jahr entschieden, dass die Zollhöhe rechtswidrig ermittelt wurde und der EU-Kommission eine Frist zur Nachbesserung gesetzt, die nunmehr abgelaufen ist. Die Kommission hatte daraufhin vorgeschlagen, die Zölle in ihrer Höhe zu halbieren. Diesen Vorschlag hat das Trade Defence Komitee, in dem die EU-Mitgliedsstaaten und die Kommission vertreten sind, in seiner heutigen Sitzung angenommen.
So begrüßenswert die Verwendung nachwachsender Rohstoffe als Energiequelle einerseits ist, darf man dabei andere Faktoren nicht aus dem Auge verlieren.
Die CO2 Bilanz wird durch Biodiesel positiv beeinflußt, solange Biomasse aus Agrarabfällen die Rohstoffbasis ist. Doch werden längst in industrieller Form Pflanzen eigens zur Biodiesel Produktion gesät und geerntet. Dies verschlechtert die CO2 Bilanz gewaltig, fördert die Zerstörung natürlicher Landschaften und gefährdet die Nahrungsgrundlage der Menschheit. Selbst Ländern mit hungernden Kindern werden Agrarflächen zur Erzeugung von Treibstoff genutzt.
Der Hintergrund ist ein Deal zwischen den Giganten der Agrar- und der Mineralölbranche. Der kriminellste und skrupelloseste Raubbau an unseren Lebensgrundlagen wird dabei in Südamerika, Russland und China betrieben, aber auch Indien ist auf dem Vormarsch. In Afrika sind vor allem Firmen aus den USA und China dabei, natürliche Landschaften in Biodieselfarmen umzuwandeln. Neben Soja, Ölpalmen und Raps wird auch Jatropha angepflanzt, eine sehr robuste tropische Heckenpflanze, die ursprünglich zur Einzäunung von Viehweiden angepflanzt wurde. Würde man sich auf den extrem ölhaltigen Samen solcher „Umzäunungen“ beschränken, wäre das eine sinnvolle Verwendung. Doch die systematische Umwandlung von Savanne und Urwald in Jatropha Plantagen haben mit Umweltschutz nichts zu tun.