Reporter ohne Grenzen (ROG) hat am Mittwoch (12.) die aktuelle Rangliste der Pressefreiheit veröffentlicht. Sie zeigt, wie stark die Dominanz der Sicherheitsbehörden die Arbeit von Journalisten in vielen Ländern erschwert. Besonders besorgniserregend ist, dass diese Entwicklung sogar traditionelle Demokratien erfasst hat. Die ROG-Rangliste der Pressefreiheit vergleicht die Situation der Medien in 180 Staaten und Regionen für den Zeitraum von Dezember 2012 bis Mitte Oktober 2013. An der Spitze der Rangliste stehen west- und nordeuropäische Länder, Schlusslichter sind wie seit Jahren Eritrea, Nordkorea und Turkmenistan.
Die Rangliste 2014 berücksichtigt die Situation vom 1. Dezember 2012 bis zum 15. Oktober 2013; Fälle getöteter Journalisten sind bis Mitte Dezember 2013 eingearbeitet. Die Bewertung bezieht nur Verletzungen der Pressefreiheit mit ein, nicht aber Menschenrechtsverletzungen im Allgemeinen.
Als Grundlage für die Rangliste hat Reporter ohne Grenzen einen umfangreichen Fragebogen an Partnerorganisationen auf allen Kontinenten, an unser eigenes Netzwerk
von 150 Korrespondenten sowie an Journalisten, Wissenschaftler, Juristen und Menschenrechtsaktivisten versandt. Die Antworten werden qualitativ und quantitativ
ausgewertet, wobei es sich jedoch nicht um eine repräsentative Umfrage nach wissenschaftlichen Kriterien handelt.
Die Fragen beziehen sich auf alle Arten von Verletzungen der Medienfreiheit mit direkten Auswirkungen auf Journalisten (z.B. Morde, Verhaftungen, körperliche Angriffe und Drohungen) und auf Medien (z.B. Zensur, Beschlagnahmung von Zeitungsausgaben). Der Index erfasst auch, inwieweit Personen, die für Verletzungen der Pressefreiheit verantwortlich sind, ungestraft davonkommen.
Lateinamerika
In Paraguay (Platz 105, -13) steigt nach dem Putsch von 2012 weiter der Druck zur Selbstzensur. Verbrecherbanden und ihr Einfluss auf den Staatsapparat erschweren die Arbeit von Journalisten auch in Brasilien (Platz 111, -2). Dort kommt das verbreitete Phänomen mächtiger Regionalpolitiker hinzu, die zugleich wichtige Geschäfte und Medien kontrollieren. Ein Jahr vor der Fußball-WM wurden bei den Protesten im Sommer 2013 rund 100 Journalisten Opfer von Gewalt; zwei Drittel der Vorfälle werden der Polizei zugeschrieben.
Auch in vielen anderen Ländern des Kontinents ist die Medienkonzentration als Relikt der Zeit der Militärdiktaturen hoch und bleibt ein politisch umstrittenes Thema. 2013 folgte Ecuador (Platz 95, +25) – wie zuvor schon Bolivien (Platz 94, +16) – dem Vorbild Argentiniens (Platz 55, unverändert) und verabschiedete ein Gesetz, das über eine faire Neuverteilung der Radiofrequenzen zwischen öffentlichen, kommerziellen und nichtkommerziellen Sendern mehr Pluralismus sicherstellen soll. Dies birgt jedoch auch die Gefahr einer politisch einseitigen Frequenzvergabe. Zudem definiert das neue ecuadorianische Gesetz ein Recht auf „verifizierte, ausgewogene, präzise und kontextualisierte“ Information über Angelegenheiten von öffentlichem Interesse und droht damit, sich als Einfallstor für Zensur zu erweisen.
Das kommunistische Kuba belegt auf der Rangliste mit Rang 171 den letzten Platz in Lateinamerika. Am besten platziert ist Jamaika auf Platz 13, dahinter folgen Costa Rica (18), Uruguay (27), El Salvador (38), Trinidad und Tobago (44), Haiti (49), Argentinien (54), Chile (60), Guyana (69), Dominikanische Republik (80), Paraguay (91), Guatemala (95), Peru (105), Brasilien (108), Bolivien (109), Panama (111), Venezuela (117), Ecuador (119), Honduras (127), Kolumbien (129)und Mexiko (153).
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