Politiker aus einer der gewalttätigsten Städte Brasiliens setzten sich hinter den Kulissen dafür ein, das Gebiet eines stark gefährdeten unkontaktierten Volkes wirtschaftlich zu erschließen. Nach Informationen von „Survival International“ haben sich Stadtverordnete aus Colniza im Bundesstaat Mato Grosso mit Brasiliens Justizminister getroffen, um zu erreichen, dass das indigene Gebiet Rio Pardo drastisch verkleinert wird. Der Justizminister soll Berichten zufolge mit den Vorschlägen der Stadtverordneten sympathisieren.
Colniza ist berüchtigt für illegalen Holzeinschlag und illegale Viehzucht, die Stadt war über Jahre die gewalttätigste in ganz Brasilien. Der Plan würde Straßenbau, Rodung, Viehzucht und Sojaanbau auf dem indigenen Gebiet ermöglichen, obwohl hier die letzten Angehörigen der Kawahiva leben, eines der am stärksten bedrohten indigenen Völker der Erde.
Das Überleben der Kawahiva hängt vollständig vom Regenwald ab, doch sie befinden sich seit Jahren auf der Flucht vor Holzfällern und anderen Eindringlingen. Das indigene Gebiet Rio Pardo wurde erst 2016 anerkannt, nachdem Survival International eine weltweite Kampagne geführt hatte und innerhalb Brasiliens Druck auf die Regierung ausgeübt wurde.
Tausende von Survival-Unterstützer*innen wandten sich direkt an den damaligen Justizminister und forderten ihn auf, sofort zu handeln. Der Schauspieler und Oscar-Gewinner Sir Mark Rylance stand an der Spitze einer großen Medienkampagne, die schließlich in der Unterzeichnung jenes Dekrets gipfelte, das eigentlich das indigene Gebiet sichern soll. Nun allerdings könnten mächtige Interessensgruppen in der Region wichtige Teile des erzielten Fortschritts rückgängig machen.
Hintergrundinformationen
Die Kawahiva sind ein nomadisches Jäger-und-Sammler-Volk, das im Regenwald von Rio Pardo lebt. Straßenbau, Viehzucht und Abholzung setzen sie der Gewalt von Eindringlingen aus, die ihnen ihr Land und dessen Ressourcen rauben. Auch eingeschleppte Krankheiten wie Grippe oder Masern, gegen die sie keine Immunabwehr haben, können für sie tödlich sein.
Brasiliens derzeitige Regierung versucht, im Verlauf von Jahrzehnten allmählich erzielte Fortschritte rückgängig zu machen, die bei der Anerkennung der Rechte indigener Völker gemacht wurden. Der Justizminister erklärte kürzlich: „Schluss mit dem ganzen Gerede über Land (-Demarkation) – von Land wird niemand satt.“ Und der neue Chef der brasilianischen Indigenenbehörde FUNAI befand, dass Indigene sich geänderten Zeiten anpassen müssten.
Leider kein Kommentar vorhanden!