Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff hat am Mittwoch (16.) die vor einer Woche ernannten sieben Mitglieder der Wahrheitskommission offiziell in ihr Amt eingeführt. Für die Aufarbeitung der im Zeitraum der Militärdiktatur von 1964 bis 1988 aufgetretenen Menschenrechtsverletzungen wurde eine zweijährige Untersuchung anberaumt, die Teil der Kommissionsarbeit der Generalstaatsanwaltschaft und der internationalen Mission der Vereinten Nationen (UN) ist. Die Wahrheitskommission wurde bereits 2009, dem letzten Regierungsjahr von Präsident Lula da Silva, auf den Weg gebracht.
Die Mitglieder des Komitees wurden von Rousseff anhand verschiedener Kriterien, darunter ethisches Verhalten, ausgewählt. Zur Kommission gehören der ehemalige Generalstaatsanwalt der Republik Cláudio Fonteles, Verfassungsrichter Superior Tribunal de Justiça (STJ) Gilson Dipp, Ex-Justizminister José Carlos Dias, Anwalt José Paulo Filho Cavalcante, Psychoanalytikerin Maria Rita Kehl, Professor Paulo Sérgio de Moraes Sarmento Pinheiro (derzeit Mitglied der UN-Inspektionsgruppe in Syrien) und Anwältin Rosa Maria Cardoso Cunha. Als spektakulär wird die Ernennung von Cardoso bezeichnet, die Rousseff bereits in den 70er Jahren wegen ihrer Guerilla-Tätigkeiten vor Gericht verteidigte.
Die Militärherrschaft überspannte das größte Land in Südamerika 21 Jahre. Während der Zeit der Militärdiktatur waren staatlicher Mord, staatliche Todesschwadrone, Folter und Verschwindenlassen von Oppositionellen an der Tagesordnung. Brasilien war beteiligt an der Operation Condor, einem Komplott etlicher lateinamerikanischer Diktaturen, deren Ziel es war, sich bei der Ermordung mißliebiger Staatsbürger gegenseitig zu helfen. Mehr als 400 Menschen wurden entweder getötet oder verschwanden. Tausende, unter ihnen die amtierende Präsidentin Rousseff, wurden verhaftet und gefoltert. Bis 2011 wurden etwa 11.000 Opfer des Regimes finanziell entschädigt, allerdings wurden keine Täter verurteilt.
„Wir wollen, dass die Wahrheit bekannt wird und Gerechtigkeit für die Opfer. Anhand der Befugnisse der Kommission bezweifle ich sehr, dass die Untersuchungen bahnbrechende Ergebnisse liefern“, befürchtet Victoria Grabois, Präsidentin der in Rio de Janeiro ansässigen Organisation „Tortura Nunca Mais“ (Nie wieder Folter). Die brasilianische Regierung anerkannte im Jahr 1995, dass der Staat für Tötungen, Entführungen und Folter während der Militärdiktatur verantwortlich war. Ein Amnestiegesetz von 1979 – vor kurzem in einem Urteil des Obersten Gerichtshofs bestätigt – verhindert bisher jegliche Strafverfolgung der Täter. Die ernannten Mitglieder der Kommission machten bereits deutlich, dass auch sie weder die Autorität noch die Absicht haben, jemanden zu belangen.
„Wir sind nicht hier, um zu bestrafen. Das ist nicht die Aufgabe einer Wahrheitskommission“, erklärte Professor Paulo Sérgio de Moraes Sarmento Pinheiro, Mitglied der Kommission und ehemaliger UN-Sonderberichterstatter für Burma. „Es gibt seit den 1980er Jahren mehr als 40 Wahrheitskommissionen in der Welt – wir werden eine Menge von ihren Erfahrungen profitieren. Es ist fair zu sagen, dass Brasilien in Bezug auf seine Wahrheits-Kommission spät reagiert, aber es ist unfair zu sagen, dass nichts passiert“, fügte er hinzu.
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