„Wenn wir jetzt nicht reagieren, kommt irgendwann die Ökodiktatur!“

aequatorinitiative

Datum: 18. Juni 2012
Uhrzeit: 21:29 Uhr
Leserecho: 0 Kommentare
Autor: Sarah Hommel
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► Interview mit Martin Sommerschuh von der Äquatorinitiative

Die „Equator Initiative“ (Äquatorinitiative) verleiht in diesem Jahr den „Equator Prize 2012“ im Rahmen der UN-Nachhaltigkeitskonferenz Rio+20 in Rio de Janeiro. In diesem Zusammenhang findet für die Preisverleihung eine große Gala in Anwesenheit von Achim Steiner, Leiter des UN-Umweltprogrammes, statt. Wir sprachen im Vorfeld direkt vor Ort mit Martin Sommerschuh, der ebenfalls in die brasilianische Millionenmetropole gereist ist, um an verschiedenen Workshops teilzunehmen. Der 25-jährige Student der Politikwissenschaft absolviert momentan ein Praktikum bei der „Equator Initiative“ in New York.

Hallo Herr Sommerschuh, was muss man sich unter der Äquatorinitiative vorstellen?
Die Äquatorinitiative ist eine Untereinheit vom UN-Entwicklungsprogramm. Wir versuchen, das hohe Abstraktionsniveau auf das Niveau der Leute herunterzuholen. Wir vergeben alle zwei Jahre den Äquatorpreis an 25 Organisationen in Entwicklungsländern für die Verbindung von Umweltschutz mit wirtschaftlicher Entwicklung. Ein Beispiel dafür sind Ökotourismusprojekte oder nachhaltige Fischerei, wo aus der natürlichen Lebensumgebung Profit entsteht. Oder beispielsweise Medikamentengewinnung aus natürlichen, einheimischen Pflanzen mithilfe von traditionellem Wissen. Wir hatten dieses Jahr 800 Bewerbungen und 25 Projekte aus verschiedenen Ländern wurden am Ende ausgewählt.

Und wie sind Sie zur Äquatorinitiative gekommen?
Ich interessiere mich für die Verbindung von Entwicklung und Umweltschutz. Das steht für mich immer in Verbindung. Wenn ich Umweltschutzprojekte antreiben möchte, muss ich die Leute mitnehmen. Ich bin dazu gekommen, als ich bei meinem Studium in Ecuador für eine Nichtregierungsorganisation gearbeitet habe. Die hat sich vor allem mit dem Thema Wasser im Andenhochland beschäftigt, danach habe ich noch einen Monat auf einer Amazonas-Forschungsstation im Tiefland gearbeitet.

Diese Arbeit wollte ich jetzt auf eine höhere Ebene bringen und einen systematischen Ansatz dazu finden. Und da gibt es die Äquatorinitiative, die sich darum kümmert, wenn lokale Organisationen Umweltschutz und wirtschaftliche Entwicklung verbinden. Lokal heißt, die treibende Kraft sitzt vor Ort und es steckt keine ausländischen Organisationen dahinter. Diese können schon mal etwas damit zu tun haben, aber die Projektideen müssen von den Leuten vor Ort kommen. Wir glauben, man muss den Leuten vor Ort nicht zeigen, wie Entwicklung funktioniert und wie man Entwicklung und Umweltschutz verbinden kann. Die wissen das selber. Sie haben nur schlechte Rahmenbedingungen und unterliegen äußeren Einschränkungen. Man muss den Leuten, die gute Ideen haben, eine breitere Basis geben.

Wie groß ist der Einfluss der Vereinten Nationen auf eure Arbeit? Schließlich seid ihr dem Entwicklungsprogramm der UN angegliedert.
Ich glaube, dass der Einfluss eher umgekehrt ist. Wir zeigen der UN, wo es gute Ideen und Projekte gibt und wo diese genutzt werden können, statt von ganz vorne anzufangen. Die guten Ideen gibt es auch schon, aber niemand weiß davon. Ein Musterbeispiel ist ein prämiertes Projekt gegen Buschbrände im Togo, wo lokale Methoden entdeckt wurden und nun auch in anderen Regionen impliziert werden. Darüber zu erfahren war sehr schwierig. Seit 40 Jahren wurde diese einfache, aber erfolgreiche Praktik dort impliziert und es wurde deshalb keine Hilfe von außen gebraucht. Das heißt, es hat nie jemand davon erfahren.

Die Gelder kommen aber doch von der UN. Bestimmen die daher nicht am meisten, was damit gemacht wird?
Die Gelder kommen zu einem Teil von der UN, zum Großteil aber auch aus Norwegen und in geringeren Teilen von den Regierungen von Schweden und Deutschland. Es stimmt, dass es so ein Risiko gibt. Aber es ist eine unabhängige Entscheidung, wer diesen Preis erhält. Die wird von 150 unabhängigen Experten getroffen, die ehrenamtlich gearbeitet haben und die Bewerbungen bewertet haben. Ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass dort wirklich nur das beste Projekt bewertet wird. Wir hatten schon Bewerbungen, in denen größere Organisationen dahintersteckten, aber das finden wir dann aber auch heraus.

Die Preisverleihung findet in einer großen Galaveranstaltung hier in Rio statt. Ihr wart aber auch schon vorher hier aktiv, oder?
Es macht Sinn, dass man mit den Leuten, die den Preis gewinnen, noch andere Aktivitäten macht. Die sind jetzt noch zwei Wochen hier und machen Workshops. Sie stellen ihre Projekte vor, diskutieren diese kritisch und sehen, was sie voneinander lernen können. Als Belohnung für ihre Arbeit können sie mal das Flair einer UN-Konferenz kennenlernen. Das Ziel ist, Leute zu vernetzen, die gute Arbeit machen.

Eure Workshops wurden aus dem Kongresszentrum ausgelagert. Ihr seid damit ein bisschen aus dem Licht der Öffentlichkeit herausgerückt. Wie bewerten Sie das?
Erstmal könnte man denken, das wäre nicht so toll. Andererseits, wer hier auf der UN-Konferenz ist weiß, dass es so viele Veranstaltungen gibt. Unser Publicity-Flagschiff ist die Preisverleihung, an der werden auch Peter Steiner, Chef des UN-Umweltprogrammes sowie Helen Clark, Chefin des UN-Entwicklungsprogrammes, teilnehmen. Über denen kommt eigentlich nur noch Ban Ki-moon, der UN-Generalsekretär.

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