Mit der Bibel in der Hand, als Motor um die Schwierigkeiten des Lebens zu überstehen, kamen die Mennoniten aus Deutschland und Russland vor 85 Jahren auch in das südamerikanische Land Paraguay. Der nicht einladende Chaco wurde zu ihrem Schicksal, welches sich zum positiven ändern sollte. Mennoniten sind eine evangelische Freikirche, die auf die Täuferbewegungen der Reformationszeit zurück geht. Der Name leitet sich von dem aus Friesland stammenden Theologen Menno Simons (1496–1561) ab. Als Täufer sind die Mennoniten geschichtlich eng mit den Hutterern und Amischen verbunden.
„Diese Religionsgemeinschaft gründete 1927 ihre erste Siedlung rund 550 km von Asunción entfernt. Sie entkamen Stalins Diktatur und wurden für Paraguay unentbehrlich“, so Ronaldo Dietze, ein Nachkomme deutscher Kolonisten. Die ersten Immigranten bekamen noch den Chacokrieg zu spüren, wo sie einen großen Teil ihrer Ernte an die bolivianischen Truppen abgeben mussten. Als dies als überstanden galt, mussten sie die paraguayischen Truppen durchfüttern. Das damals schon existierende Krankenhaus von Filadelfia wurde zum Zentrum für Kriegsverletzte.
„Mit den Einkünften vom Fleischverkauf, der Milch, Getreide und Exportgütern diverser Bereiche, tragen die Mennoniten zu 6 bis 7% des Bruttoinlandprodukts (BIP) bei“, versichert Dietze, der gleichzeitig auch Sprecher der Föderation der Produktionskooperativen (Fecoprod) ist. Etwa 80% der Produktion von Lebensmitteln wird in den Gemeindewerken hergestellt.
„Ohne Glaube an Gott und Jesus Christus wäre das nicht möglich gewesen“, erklärt Patrick Friessen, Sprecher der Mennonitenkooperative in Filadelfia, eine der größten Städte in der Provinz Boquerón.
Dort wo im Sommer 45 °C herrschen, wo Regenwasser aufgefangen werden muss, hält nicht nur wirtschaftlicher sondern auch sozialer und kultureller Fortschritt Einzug. Dieses Jahr verlassen erstmals Studierende die Universität für Agrarwissenschaften in Loma Plata, einer nahe gelegenen Kolonie zu Filadelfia. „Wir sind stolz auf unsere ersten Studienabgänger aus der Region“, freut sich Walter Stöckl, Gouverneur der Provinz Boquerón.
Auch bei der industriellen Modernisierung hat die Täuferbewegung Schritt gehalten. Sie bewirtschaften vier Milchindustriezentren, drei Kühl- und Schlachthäuser, acht Tierfutterfabriken, eine Yerba-verarbeitende Fabrik, Produkt-Verteilerstationen im ganzen Land und mobile Laboratorien für ständige Qualitätskontrolle.
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