Geographie-Studierende der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) haben während einer 15-tägigen Exkursion die Nachhaltigkeit in Brasilien unter die Lupe genommen. In den vergangenen Jahren hat das größte Land Südamerikas eine rasante ökonomische Entwicklung erfahren und stellt heute mit knapp 200 Mio. Einwohnern eine der zehn größten Volkswirtschaften der Erde dar. Gleichzeitig ist Brasilien nach wie vor von ganz erheblichen sozialen und regionalen Ungleichheiten gekennzeichnet, und die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich immer weiter.
Wie lassen sich diese – teils widersprüchlichen – Entwicklungen erklären? Welche Rolle spielt die Einbindung Brasiliens in die Weltwirtschaft? Welche Auswirkungen gibt es für die Umwelt? Wie nachhaltig ist also der Aufstieg des Landes zu einer südamerikanischen Großmacht? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, reiste die Exkursionsgruppe von Rio de Janeiro über São Paulo und Campinas bis nach Salvador da Bahia.
Fünf Themenkomplexe standen während der Reise besonders im Zentrum: die Rohstoff- und Energiewirtschaft als Devisenbringer und Hoffnungsträger für steigende Exporterlöse (Öl- und Gasindustrie); Brasilien als Standort multinationaler Unternehmen für Produktion, Forschung und Entwicklung; die „Agrarweltmacht“ Brasilien; Megastädte als Steuerungszentralen und Problemräume sowie die Potenziale des Tourismus für die Entwicklung Brasiliens. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Exkursion entwickelten zu diesen Themen in der Vorbereitung der Reise ein breites Spektrum an Forschungsfragen, auf die während der Termine und Expertengespräche vor Ort sowie mittels der eigenen Beobachtungen – in Kombination mit den Kenntnissen aus der Literatur und dem Hörsaal – aufschlussreiche Antworten gefunden werden konnten.
Die Gruppe stellte fest, dass Brasilien großes Potenzial für eine langfristige nachhaltige Entwicklung besitzt. Dabei bestehen nach ihrer Meinung jedoch große Unterschiede in den drei Teilbereichen der Nachhaltigkeit. Die ökonomische Entwicklung genießt derzeit eine große Priorität und die Entwicklung in Schlüsselbranchen wie der Öl- und Gasindustrie sowie der Agrarwirtschaft deuten auf einen weiteren positiven Entwicklungstrend hin. Die soziale Nachhaltigkeit ist kritisch zu bewerten, da nur ein Teil der Bevölkerung am Wirtschaftsaufschwung partizipiert. Direkt beobachtbar sind Brüche in der Gesellschaft insbesondere in Megastädten wie Rio de Janeiro und São Paulo. Hier lässt sich eine starke sozialräumliche Segregation, die mit einer Privatisierung von Sicherheit und öffentlichem Raum einhergeht, unmittelbar im Stadtbild ablesen. Condomínios fechados (geschlossene und bewachte Wohnkomplexe) und die in Brasilien sehr beliebten Shopping Center sind allgegenwärtige Zeugnisse dieser Entwicklung. Auch die ökologische Nachhaltigkeit der Entwicklung scheint derzeit noch den beiden zunächst genannten Entwicklungszielen untergeordnet zu sein.
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