Wie im unsterblichen Tango des Carlos Gardel schien die Vergangenheit Jorge Mario Bergoglio, den zum neuen Papst Geweihten, einzuholen. Es war eine böse Woche, schauderhafte Mutmassungen in der internationalen Presse unterstellten dem ehemaligen Erzbischof von Buenos Aires Komplizenschaft mit der blutigen Militärdiktatur (1976-1983), deren Machthaber wegen nachweislicher Misshandlungen und Ermordung von 30.000 Argentiniern hinter Gitter sitzen und deren Handlanger sich auch dreissig Jahre später noch vor der Justiz zu verantworten haben.
In der Lawine der Verdächtigungen wurden Papst Franziskus insbesondere die Denunzierung zweier jesuitischer Ordensbrüder und die Duldung des Kinderraubs durch die Militärs angehängt. Insgesamt 800 Babys wurden ihren gefangenen Müttern in den Kerkern der Diktatur entrissen und mit falschen Namen illegal adoptiert, 400 von ihnen werden dreissig Jahre nach Ende der Diktatur immer noch von den leiblichen Angehörigen, zumeist ihren Grosseltern, gesucht. Somit trifft die schwere Anklage Alicia De la Cuadras, Mutter einer ermordeten politischen Gefangenen, die in einem geheimen Folterzentrum ein Mädchen zur Welt brachte, eher den damaligen Bischof Mario Piqui, doch kaum den vermittelnden Bergoglio.
Die Anschuldigungen fussen auf Recherchen des argentinischen Journalisten Horacio Verbitzky, Autor des 2005 erschienenen Buches “El Silencio”, welches der Katholischen Kirche Argentiniens, aber auch der Päpstlichen Nuntiatur in Buenos Aires, von Duldung bis hin zur Kollaboration mit den Militärs unterstellt. Der Versuch ist Verbitzky durch Zugang zu vertraulichen Akten des argentinischen Außenministeriums zum Teil gelungen, das Schweigen der Kirche über schwere Verbrechen ist zumindest in einigen Fällen dokumentiert, die aktive Teilnahme des damaligen Provinzial der Jesuiten in Argentinien, Jorge Mario Bergoglio, ist jedoch nicht eindeutig erwiesen.
Als die Wogen immer erbitterter gegen die Pforten des Vatikans schlugen, sprang ausgerechnet ein Linker, der argentinische Menschenrechtler und Friedensnobelpreisträger (1980), Adolfo Pérez Esquivel, für seinen Landsmann in die Presche: „Der Papst hatte rein garnichts mit der Diktatur zu tun, er war nicht ihr Komplize, er stand zwar nicht in der ersten Reihe mit den Bischöfen, die für die Wahrung der Menschenrechte kämpften, er pflegte eher eine schweigsame Diplomatie, indem er für das Leben von Gefangenen und Verschwundenen bat“.
In diesen Tagen meldete sich nun auch der seit zwanzig Jahren in einem Exerzitienhaus im oberfränkischen Wilhelmsthal (Landkreis Kronach) lebende ungarische Jesuit Franz „Francisco“ Jalics. Mit dem 2003 verstorbenen Ordensbruder Orlando Yorio, ist er einer der beiden Geistlichen, die zur Zeit der Diktatur als Seelsorger in einem Armenviertel von Buenos Aires arbeiteten und unter dem Verdacht der Zuarbeit für die Guerrilla verhaftet und Monate lang gefoltert wurden. Horacio Verbitzky unterstellte, Yorio und Jalics seien von ihrem eigenen Jesuitenprovinzial, Jorge Mario Bergoglio, verraten worden. Doch Jalics gesteht:“Früher neigte ich selber zu der Ansicht, dass wir Opfer einer Anzeige geworden sind. Ende der 90er Jahre aber ist mir nach zahlreichen Gesprächen klar geworden, dass diese Vermutung unbegründet war“. Jetzt kontert Jalics, und spricht Papst Franzikus frei: „Dies sind nun die Tatsachen: Orlando Yorio und ich wurden nicht von Pater Bergoglio angezeigt“.
Somit wurden die Anschuldigungen Verbitzkys empfindlichst entkräftet.
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