Im Streit um den Zugang zum Pazifik hat Bolivien den seit Jahren schwelenden Konflikt mit dem Nachbarland Chile verschärft. Eine Woche vor dem angekündigten Gang vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag hat Boliviens linksgerichteter Präsident Evo Morales eine Forellenzucht in den Gewässern der Silala-Quellen an der Grenze zu Chile eingeweiht, deren Verlauf laut Chile nicht unterbrochen werden darf.
Die Silala-Quelle ist ein System von mehreren hundert Quellen am Westrand der Siloli-Wüste in Bolivien und gehört zum Einzugsbereich des chilenischen Flusses Río Loa. Die Quellen von Silala entspringen auf dem bolivianischen Altiplano im Kanton Quetena in der Provinz Sur Lípez im Departamento Potosí, 6-7 km nordwestlich des Cerro Silala. Das Wasser von Silala fließt in westlicher Richtung, bildet Wasserläufe jedoch erst auf chilenischem Territorium, wo es seit mehr als hundert Jahren genutzt wird.
Seitdem Bolivien nach dem Salpeterkrieg Guerra del Pacífico) von 1879 seinen Zugang zum Pazifischen Ozean verloren hat, hat es immer wieder Gespräche über die Nutzung der Quellen von Silala gegeben, aber erst im Jahr 2006 haben beide Länder ein 13-Punkte-Programm unterschrieben, um die bilateralen Beziehungen auf eine neue Basis zu stellen. In einer Ende 2009 unterzeichneten Vereinbarung hat sich die chilenische Regierung verpflichtet, an Bolivien täglich 15.000 US-Dollar für die Nutzung des Wassers aus den Silala-Quellen zu zahlen. In Studien bis 2013 soll die tatsächliche Wassermenge der Quellen ermittelt und die reale Höhe der Ausgleichszahlungen festgelegt werden.
Bolivien fordert seit Jahren einen freien und souveränen Zugang zum Meer. Die chilenische Regierung hofft allerdings auf eine diplomatische Lösung in dem bilateralen Konflikt, beharrt aber auf das seit 1904 bestehende Friedensabkommen, welches die Souveränität Chiles über die gewonnenen Gebiete eindeutig festschreibt. Dieses Abkommen wird von bolivianischer Seite jedoch als kolonial und ungerecht angesehen.
Um seine Ansprüche zu untermauern, hat Morales nun eine Entscheidung getroffen, welche den Konflikt weiter verschärfen dürfte. Das Quellwasser wurde künstlich kanalisiert und wird teilweise in eine sechs Behälter fassende Forellenzucht-Anlage geleitet. Rund 21.000 Forellen sollen pro Jahr etwa 5.400 Kilogramm Fleisch produzieren. Das Projekt liegt ungefähr zwei Kilometer von der gemeinsamen Grenze entfernt, hat mehr einen symbolischen Charakter und wird den Fluss des Wassers nicht wesentlich beeinflussen.
Um die Ernsthaftigkeit seines Vorhabens zu verdeutlichen, wird La Paz die Anlage vom bolivianischen Militär rund um die Uhr bewachen lassen.“Wir haben eine Verpflichtung, die Souveränität unserer natürlichen Ressourcen zu gewährleisten“, so Morales während einer öffentlichen Zeremonie in der Stadt Quetena.
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