Die über mehr als sechs Jahrzehnte vorherrschenden konservativen „Colorados“ sind in Paraguay nach fünf Jahren an die Macht zurückgekehrt. Für ihren Spitzenkandidat Horacio Cartes votierten nach einem Auszählungsstand von rund 90 Prozent knapp 46 Prozent der Wahlberechtigten. Er liegt damit rund neun Prozent vor seinem größten Herausforderer Efrain Alegre von der Liberalen Partei, der knapp 37 Prozent auf sich vereinen konnte. Alegre gestand bereits nach Verkündung der ersten Teilergebnisse seine Niederlage ein. Insgesamt hatten sich 11 Kandidaten um das höchste Staatsamt beworben. In Paraguay reicht für einen Wahlsieg die relative Mehrheit aus. Die Wahlbeteiligung wurde mit rund 68 Prozent angegeben.
Mit dem 56-jährigen Cartes haben die Menschen in den südamerikanischen Binnenland einen absolutem Politikneuling das Zepter überreicht, der nach eigenen Angaben 2010 zum ersten Mal überhaupt gewählt haben soll. Der schwerreiche Unternehmer war auch erst 2009 in die Partei „Asociación Nacional Republicana – Partido Colorado“ ANR-PC eingetreten. Diese war zuvor von 1947 bis 2008 ununterbrochen an der Macht gewesen. Erst bei den letzten Wahlen hatte sich ein linkes Bündnis mit dem ehemaligen katholischen Bischof Fernando Lugo an der Spitze durchsetzen und damit zumindest vorübergehend einen Zeitenwechsel einläuten können.
Doch das sozial-liberale Bündnis des „Bischofs der Armen“ war nur von kurzer Dauer. Nach anhaltenden Streitigkeiten und einem Bruch der Koalition kam es im Juni 2012 dann endgültig zu Eklat. In einem umstrittenen Amtsenthebungsverfahren wurde Lugo binnen weniger Stunden abgesetzt, sein bisheriger Vizepräsident Frederico Franco führte die Amtsgeschäfte bis zu den regulären Neuwahlen weiter. Die neue Regierung wurde jedoch international kaum anerkannt, das Land politisch zunehmend isoliert. Vor allem die Staatenbündnisse Mercosul und Unasul protestierten vehement gegen den „institutionellen Putsch“ und suspendierten die jeweilige Mitgliedschaft Paraguays auf unbestimmte Zeit.
Cartes Präsidentschaft beginnt damit auch gleich mit zahlreichen Herausforderungen. Zum einen muss er Paraguay wieder international als Demokratie „verkaufen“ und so die Rückkehr in die Bündnisse erreichen, zum anderen muss er ein sozial äusserst gespaltenes Land regieren. Während ein Großteil der Bevölkerung seit Jahren deutlich ärmer wird, profitieren Großgrundbesitzer und Unternehmerfamilien immer mehr von glänzenden Exportzahlen. Korruption bis in die höchsten Ebenen ist in Paraguay auch heute noch weit verbreitet.
Die mit Spannung erwarteten Wahlen wurden nach letzten Meldungen von mehreren Anschlägen der Paraguayischen Volksarmee EPP überschattet. Die Guerrilla-Truppe soll mehrere selbstgebaute Bomben zur Explosion gebracht haben, mindestens ein Polizist kam ums Leben. Ansonsten soll die Wahlen äusserst geordnet und friedlich abgelaufen sein, Wahlbeobachter berichteten bis zum Abend von faktisch keinen Unregelmässigkeiten.
Neben dem Staatspräsidenten waren die knapp 3,5 Millionen Wahlberechtigten aufgerufen, 45 Senatoren, 80 Abgeordnete, 17 Gouverneure und Regionalparlamente sowie 18 Mecosul-Abgeordente zu wählen. Auch Ex-Präsident Fernando Lugo will wieder politisch mitmischen. Er kandidiert für seine sozialdemokratische Partei Frente Guasú als Senator und hat nach letzten Umfragen auch große Chancen, in den Senat einzuziehen.
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