Das Filmforum Höchst erwartet zum Festival „Venezuela im Film“ Diego Risquez, einen der wichtigsten Regisseure Venezuelas (ORINOCO – NUEVO MUNDO). Risquez stellt als Europa–Premiere seinen neuesten Film, die Geschichte des venezolanischen Malers REVERON, in Frankfurt vor. Armando Reverón, dem das Moma in New York 2007 eine Retrospektive gewidmet hat, wurde 1889 in Caracas geboren, studierte Kunst in Caracas, Barcelona und Madrid und zog sich 1921 an die Nordküste Venezuelas, nach Macuto zurück, wo das Malen monochromer Landschaften und später von Portraits im Mittelpunkt seines künstlerischen Schaffens stand. 1954 starb er in einer psychiatrischen Anstalt.
Ergänzt wird Risquez´ Spielfilm durch Juan Andres Bellos 2011 entstandenen Dokumentarfilm REVERON, der anhand von Archivmaterial und Interviews sowie historischen Dokumenten das Leben und Werk Armando Reverons dokumentiert. Die fiktive Geschichte eines Malers erzählt schließlich Andrea Rios in ihrem Spielfilm „UNA MIRADA AL MAR“, so dass in diesem Jahr die venezolanische bildende Kunst einen kleinen Themenschwerpunkt unseres Festival bildet.
Die weiteren Filme führen weg von der Großstadt in die grandiosen und entlegenen andinen Landschaften Venezuelas wie „EL MANZANA AZUL“ von Olegario Barrera und „SAMUEL“ von César Lucena, einem Vertreter des „Cinema Àtomo“. Ebenfalls wird die venezolanisch/ kubanische Koproduktion „HABANA EVA“ vorgeführt. Mit „EL RUMOR DE LA PIEDRAS“ wird ein verstörender Film über den gesellschaftlichen Absturz einer Familie gezeigt.
Außerdem werden vor den Vorstellungen wieder venezolanische Kurzfilme laufen.
Mit der Vernissage der Fotoausstellung über Armando Reverón in Anwesenheit von Diego Risquez sowie des Konsuls der Bolivarischen Republik Venezuela in Frankfurt und einem kleinen Umtrunk wird das Festival am 17. Oktober um 18.30 Uhr eröffnet.
Venezuela im Film
Orinoco – Neue Welt
Diego Risquez erzählt in seinem Film ORINOKO – DIE NEUE WELT ausschließlich in Bildern und Tönen 300 Jahre Geschichte Venezuelas, der der „Entdeckung“ bis zur Unabhängigkeit im Jahre 1810.
Der Film beginnt in einer abgeschiedenen Dorfgemeinschaft am Oberlauf des Orinoko, des größten Flusses Venezuelas. Unter Drogeneinfluss halluziniert der Schamane Yanomani die Ankunft des Christoph Columbus, sieht den englischen Piraten Walter Raleigh den Fluss befahren, ebenso wir Alexander von Humboldt und Aimé Bonplant, die von der Wasserstraße aus die NEUE WELT erkunden. Die Kulturen begegnen sich, aber neben der Religion bringen die europäischen „Entdecker“ die Waffen zum Einsatz, um ihre Machtansprüche zu durchzusetzten. Der Rückblick zeigt die europäischen Eroberer in Siegerpose, aber es wird nicht bleiben, wie es war …
Reveròn (Spielfilm)
Diego Risquez erzählt die Lebensgeschichte von Armando Reverón, die zwischen den Jahren 1920 und 1954 einzuordnen ist. Reverón, der ebenso exzentrisch wie lebenslustig auftretende Maler verliebt sich bei einem Volksfest im nahegelegenen Dorf in eine junge Frau. Fortan wird diese inspirierend auf seine Malerei wirken und bald auch zu ihm in sein Haus El Castillete ziehen. Juanita lernt mit dem Einsiedler umzugehen, obwohl ihr das nicht immer gleich gelingt … Risquez lässt sich vom wirklichen Leben des Künstlers inspirieren, erlaubt sich aber, eigene Akzente zu setzen. Daraus entsteht eine unterhaltende Geschichte zweier sehr unterschiedlicher Menschen, deren Leben sich im Spiegel der Leinwände abspielt.
Reverón (Dokumentarfilm)
Armando Reverón (1889–1954) gehörte schon zu Lebzeiten zu den anerkanntesten Künstlern Venezuelas. Er war exzentrisch, liebte die Natur und schwamm stets gegen den Strom, sowohl in seiner Lebensweise als auch in seiner Kunst. Früh schon zog er sich in das Fischerdorf Macuto zurück. Kaum dreißig Jahre alt, schuf er sich dort mit seinem Haus El Castillete ein kleines Universum. Der an historischem Material vielseitige Dokumentarfilm erzählt die Geschichte von dem „verrückten Künstler“, seiner Lebensgefährtin Juanita und den verschiedenen ästhetischen Stationen seiner Kunstwerke, die es unbedingt zu entdecken gilt. Juan Andres Bello hat ein Zeitdokument geschaffen, das mit kinematographischem Anspruch, in poetischer Sprache und einem spannend konzipierten Drehbuch seine Zuschauer bis zum Abspann in Bann zu halten vermag.
Una mirada al mar
Der 71 jährige Maler Rufino kehrt nach dem Tod seiner Frau in sein Heimatdorf zurück. Er wird erst einmal bei seinem Freund Gaspar, ebenfalls Maler, wohnen. Unter Gaspars Obhut lebt auch die achtjährige Waise Anna-E. Doch Anna-E. lehnt Rufino vom ersten Augenblick an kategorisch ab. Das kristallblaue Wasser des karibischen Meeres und die pittoreske Landschaften im Hintergrund vermögen den sich anbahnenden Kleinkrieg nicht aufzuhalten, wenn da nicht die Malerei wäre, die beide schließlich zusammenbringen soll …
El manzano azul
Der 11jährige Diego wird von seiner Mutter für die Zeit der Ferien zu seinem Großvater Francisco aufs Land gebracht. Die beiden kennen sich allerdings kaum und das Stadtkind Diego fühlt sich zunächst sichtlich unwohl in der freunden Umgebung in den Ausläufern der venezolanischen Anden. Der Großvater lebt ohne Fernsehen, ohne Handy und Computeranschluss, ohne fließendes Wasser und ohne Elektrizität, aber zufrieden und im Einklang mit seiner Umwelt. Für ihn ist der Besuich von Diego eine willkommende Abwechslung, hat er doch dadurch die Gelegenheit seinen Enkel kennenzulernen und ihm die Vorteile eines Lebens fernab von der Großstadt zu vermitteln. Diego beginnt langsam, sich einzuleben, überwindet seine anfängliche Furcht und macht eine Erfahrungt, die ihn für sein Leben prägen wird …
Habana Eva
Im Mittelpunkt der kubanisch-venezolanischen Koproduktion steht Eva, eine junge und talentierte Näherin, die in einer staatlichen Einrichtung uniforme Kleidung nach Maß herstellen muss. Eva entwirft immer wieder eigene Muster und riskiert, von der rigiden Fabrikleitung eine Abmahnung zu bekommen. Auch zu Hause scheint es kein Weiterkommen zu geben, trotzdem Evas Freund ihnen mühevoll ein eigenes Heim aufzubauen versucht, mit dem wenigen Geld und Baumaterial, das ihnen zur Verfügung steht. Plötzlich taucht ein attraktiver und sichtlich wohlhabender junger Fotograf auf. Evas Leben nimmt eine Wendung ein, die kaum jemand voraussehen würde. „Der Film ist der Entscheidungsfreiheit gewidmet … er zeigt eine Näherin, die über ihre Muster hinaus neue Wege sucht, um wirklich frei zu sein“ (Fina Torres).
El rumor de las piedras
Delia erwacht aus einem Albtraum: Steine, Geröll und geschlachtete Hühner werden von tobenden Wassermassen in einem Fluss mitgerissen. Delia zählt zu den Überlebenden der tragischen Unwetterkatastrophe von Vargas 1999. Ihre Tochter konnte sie nicht retten, sie wurde von den Fluten mitgerissen, ein Bild, das sich ihr immer wieder in Erinnerung drängt. Auf engem Raum lebt sie heute mit ihrem jüngsten Sohn in einem Armenviertel in Caracas. Der Ältere lebt bei der Großmutter. Delia arbeitet in einer Hühnerschlachtfabrik. Die prekäre wirtschaftliche Situation der Familie, die Abwesenheit des Vaters, den der Jüngste nie kennengelernt hat und die Jugendkriminalität im Viertel überfordern die Mutter, die mit allen Mitteln versucht, die Familie vor dem absoluten gesellschaftlichen Absturz zu bewahren …
Samuel
Alma und Samuel sind seit ihrer Kindheit unzertrennliche Freunde. Dennoch wird Alma, noch ein halbes Kind, an einen viel älteren Mann vergeben. Erst auf Umwegen finden Samuel und sie wieder zu einander. Als sich ihr Wunsch nach einem Kind nicht erfüllt, verlassen sie ihr Dorf, um nach einem Mittel gegen ihre Unfruchtbarkeit zu suchen. Sie treffen auf einen exzentrischen spanischen Wunderheiler, der bei Samuel die vermeintliche Gabe entdeckt, andere von ihren Krankheiten zu heilen zu können. Obwohl er nicht daran glaubt wird sich Samuels Leben gravierend ändern …
SAMUEL ist der erste Film des jungen venezolanischen Regisseurs César Lucena. In den Hauptrollen sind Ananda Troconis und Erich Wilpret, der 2011 bei uns mit seinem Film UN LUGAR LEJANO zu Gast war, zu sehen. SAMUEL ist ein weiterer Film der Filmbewegung „Cine Atomo“, die von Alberto Arvelo ausging und von dem dänischen Dogma 95 Filmen inspiriert ist.
Das Filmforum Höchst ist das kommunale Kino der Volkshochschule Frankfurt am Main und präsentiert seit seiner Gründung 1975 den Film als Kunstwerk in seinen inhaltlichen, formalen, historischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen. Die Filme werden in Reihen in Beziehung zueinander gesetzt und ermöglichen dem Publikum, zu vergleichen und filmgeschichtliche Entwicklungen nachzuvollziehen. Das Filmforum sieht es als seine Aufgabe an, auch Filme zu präsentieren, die in den gewerblichen Kinos selten oder gar nicht gezeigt werden.
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