Zeitreise per Speedboat in die Mangrovensümpfe von Samaná

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Nationalpark erstreckt sich inzwischen über eine Fläche von rund 800 Quadratkilometer (Foto: motomarinatours)
Datum: 30. Dezember 2013
Uhrzeit: 10:26 Uhr
Leserecho: 0 Kommentare
Autor: Redaktion
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Padamm, padamm, padamm. Das Speedboat von Capitano Luis Hidalgo zickzackt wie ein Springbock auf der Flucht durch die aufgerauhten Wellen des Atlantiks und schlägt dabei gnadenlos auf dem brettharten Wasser auf. Nichts für Bandscheibengeschädigte, die beiden je 225 PS-starken Mercury-Außenbordmotoren kennen kein Erbarmen. Seit vier Jahren pflügt der 23-Jährige durch die Bucht der Halbinsel Samaná und bringt Touristen und Wissenschaftler in den Nationalpark „Los Haitises“, eines von 22 geschützten Naturreservaten in der Dominikanischen Republik.

Samaná ist vor allem für die Buckelwale bekannt, die zwischen Januar und März zu tausenden in der salzarmen Bucht zur Paarung eintreffen. Im östlichsten Zipfel, in der Bahia de Rincon bei Las Galeras, kommen die gewaltigen Meeressäugetiere sogar bis auf wenige hundert Meter an die Küste heran. Aber die Halbinsel hat einiges mehr zu bieten – Palmenwälder, Traumstrände, Taucherparadiese oder eine Bootstour nach „Los Haitises“. Nach gut einer halben Stunde Fahrt kommt die Küstenlinie des Parks näher und urplötzlich ist man in einer anderen Welt. Wie in einem Fantasy-Film schieben sich Dutzende von immergrünen Kalksteinfelsen bis zu 50 Meter hoch aus der Bahia de San Lorenzo, der Pforte zum Nationalpark.

Kapitän Luis umkurvt souverän die üppig bewachsenen Mini-Inseln und steuert unbeirrt auf die Mangrovenwälder mit dem Höhlensystem „Cuevas de Cano Hondo“ zu. Kurz vor dem Nationalpark reißt ein riesiger Weißer Hai seinen Rachen auf, in den Luis furchtlos hineinsteuert. „Boca de Tiburon“ (Haifischmaul) wird die Höhle dieser Felseninsel passend genannt, in der neben den dominikanischen Ureinwohnern, den Tainos, auch englische Freibeuter einen Unterschlupf vor den Spaniern fanden. Einmal Schaudern im Revolvergebiss des steinernen Hais, dann ist man auch schon in einem der Kanäle zu den Mangrovensümpfen von „Los Haitises“.

Der Nationalpark, dessen Name sich von dem Taino-Wort „ayiti“ (Berg) ableitet, erstreckt sich inzwischen über eine Fläche von rund 800 Quadratkilometer und wird seit 1968 immer wieder erweitert. „Mehr als die Hälfte unserer 200 Vogelarten haben hier ihren Lebensraum“, berichtet Tourguide Prudencio Ferdinand, „darunter Hühnergeier, Pelikane, Kormorane oder Fregattvögel, die in der Inselwelt jagen und brüten.“ Im tropischen Klima des Parks wachsen zudem über 700 Pflanzen wie Bromelien, Orchideen, Agaven und natürlich die Mangroven. „Auf einer Länge von rund 90 Kilometer entlang der Küste ist dies die größte Ansammlung von weißen und roten Mangroven in der gesamten Karibik“, weiß Prudencio.

An den oberarmdicken, verknoteten Stämmen der Mangrovenhölzer finden Austern Halt und Krebse wie auch Garnelen Schutz vor Fressfeinden. Neben den zahlreich vorhandenen Schalentieren leben in „Los Haitises“ auch zwei vom Aussterben bedrohte Säugetiere – die Jutia, eine mit den Stachelschweinen verwandte Baumrattenart, und das Solenodon, ein Schlitzrüssler, der einer Spitzmaus auf Anabolika ähnelt. Der muskulöse Spinnen- und Insektenliebhaber ist eines der sehr seltenen giftigen höheren Säugetiere. Er produziert in einer Speicheldrüse im Unterkiefer ein Nervengift, das die Beutetiere lähmt. Der giftige Speichel wird durch eine Furche an der Innenseite des unteren Schneidezahns in die Wunde der Beute geleitet.

422 Jahre nachdem ihr Vorfahr Francis Drake die dominikanische Hauptstadt Santo Domingo geplündert hatte, machten sich britische Wissenschaftler im Jahr 2008 in „Los Haitises“ auf die Suche nach diesen Exoten. In Zusammenarbeit mit der Ornithologischen Gesellschaft von Hispaniola fördert u. a. der renommierte Durrell Wildlife Conservation Trust in London das Forschungsunternehmen. Nach Recherchen der International Union for Conservation of Nature (Stichwort Rote Liste) gilt das hispanische Solenodon paradoxus als stark gefährdet, da sein Überleben durch Holzeinschlag und von Europäern eingeführten Haustieren immer mehr bedroht ist. Gegründet von der Darwin Initiative wurden unlängst zwei Programe zum Erhalt dieser Tiere ins Leben gerufen, die sich auf die letzten Solenodons in der Dominikanischen Republik und Haiti konzentrieren.

Während die nachtaktiven Säuger in „Los Haitises“ das Tageslicht eher scheuen, unternehmen die Besucher an Land eine Zeitreise zu den Anfängen der Besiedlung der Dominikanischen Republik. Die Höhlen von Cano Hondo wurden schon vor 4000 Jahren von den Siboney-Indianern genutzt, einem Jägervolk, das vor den Tainos die Karibikinsel bewohnte. Im Gegensatz zu dem aus Südamerika stammenden Volk hinterließen die Siboney jedoch nur wenig der Nachwelt. Mehr Schöpfergeist zeigten die Tainos, die bis zur Ankunft von Christoph Kolumbus 13 Jahrhunderte lang vom Fischfang und dem Anbau von Mais, Maniok und Tabak lebten. Neben der Schutzfunktion vor Hurrikans und spanischen Eroberern dienten ihnen die kathedralgroßen Grotten vor allem als Kultstätten für die Gottheiten und die toten Angehörigen.

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