In der brasilianischen Stadt São Luís (Hauptstadt des Bundesstaates Maranhão) kommt es seit Wochen zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und kriminellen Gruppen. Vor wenigen Tagen zündeten mehrere Personen vier öffentliche Busse an und überfielen einen Polizeiposten. In der Nacht patrouillieren Polizeihelikopter über der Stadt, Soziologen sprechen von einer Gefängniskrise.
Laut den Behörden haben Gefangene der Haftanstalt „Pedrinhas“, des größten Gefängniskomplexes in São Luís, den Befehl zu Brandstiftungen gegeben. Sie protestieren damit gegen Überbelegung und unmenschliche Haftbedingungen. „Pedrinhas“ hat eine Kapazität für 1.770 Gefangene, 2.196 Häftlinge sind in den engen Zellen zusammengepfercht.
„Das Gefängnissystem in Maranhão befindet sich in einer Krise und unterstreicht die Unfähigkeit des brasilianischen Staates und all seiner mit dem System beauftragten/befassten Organe“, bewertet der Soziologe Renato Sérgio Lima die aktuelle Situation. Für das Mitglied des Brasilianischen Forums für Öffentliche Sicherheit ist eine Überholung der Sicherheitspolitik, verbunden mit einer wirksamen Koordinierung zwischen der Bundesregierung und den lokalen Regierungen im Land, wichtig und unabdingbar. Nur so könnten „Mindestüberlebensbedingungen“ für die Gefangenen garantiert werden.
In „Pedrinhas“ gab es im Jahr 2013 insgesamt 60 Todesfälle, alleine in den ersten Tagen des neuen Jahres zwei weitere. Eines der Opfer wurde mit Zeichen der Strangulation aufgefunden, einem anderen Häftling wurde während den Kämpfen zwischen rivalisierenden Banden eine zugespitzte Eisenstange in den Leib gerammt. In der Haftanstalt sind Massenmörder mit „gewöhnlichen“ Häftlingen eingesperrt. Lima plädiert dafür, dass im Rahmen der Modernisierung der Gefängnisse die Häftlinge nach der Schwere ihrer Straftat untergebracht werden müssen – ohne dass es zu unangemessenen Luxus oder Vorteile für die Gefangenen komme.
Update: 6. Januar
Die sechsjährige Ana Clara Santos Sousa ist am Montag um 06:30 Uhr Ortszeit im Hospital Estadual Infantil Juvêncio Matos gestorben. Das kleine Mädchen befand sich in einem der Busse, auf die ein Brandanschlag verübt worden war – 95% ihres Körpers waren verbrannt. Die Regierung von Maranhão hat zur Bewältigung der Krise Bundeshilfe akzeptiert. Am Montagmorgen (Ortszeit) wurden sechs Personen in Vila Sarney Filho, Verwaltungsbezirk São José de Ribamar, festgenommen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, am Brandanschlag beteiligt gewesen zu sein.
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