Die haitianische Destillerie Barbancourt wurde 1862 vom französischen Spirituosen-Hersteller Dupre Barbancourt gegründet und ist in der Hauptstadt von Haiti, Port-au-Prince, ansässig. Der Barbancourt Rum ist weltberühmt und wird aus frisch gepresstem Zuckerrohrsaft hergestellt. Die Alterung findet in vier Jahre alten französischen Eichenholzfässern statt, welche bis zu 70 hl fassen können.
Die ausgetrocknete Erde rund um die Destillerie dampft in der feuchten Luft. Es riecht nach Rum und Zuckerrohr. Hunderte von Gallonen Premier-Rum, einige bis 15 Jahre alt, sickerten in die ausgetrocknete Erde. Das Erdbeben vom 12. Januar 2010 zerstörte dutzende Fässer, der edle Inhalt versickerte im Boden. Hunderttausende Dollar möglicher Exporteinnahmen verdampften in der feuchten tropischen Luft.
„Wir erwarteten doch kein Erdbeben“, teilte Thierry Gardere, Generaldirektor der Société du Rhum Barbancourt, in Port-au-Prince mit. „Wir hatten an alles gedacht und waren auf Hochwasser und Hurrikane vorbereitet, aber auf nichts in dieser Größenordnung“, fügte Gardere hinzu. Laut seinen Worten betragen die gesamten Verluste durch das katastrophale Erdbeben ungefähr US $ 4 Millionen. Gardere, der das Familienunternehmen in der vierte Generation führt, versucht nun mühsam sein Export-Geschäft neu zu erstellen. Barbancourt’s Rum Umsatz verdoppelte sich in den letzten fünf Jahren auf bis zu 3 Mio. Liter pro Jahr. Das Unternehmen eroberte und baute sich eine Nische im Mark der internationalen Spirituosen-Industrie auf. Der Rum aus Haiti fand immer mehr Liebhaber in den Vereinigten Staaten, Europa, der Karibik und Lateinamerika. Gardere erwartet, dass sich die Verluste auf rund 2,5 Millionen Liter belaufen und es vier bis fünf Jahre dauern wird, bis das Unternehmen in vollem Umfang seine Reserven wieder aufgebaut hat.
Auf dem Gelände der Destillerie Barbancourt herrscht reges Leben. Hämmern und Sägen erfüllt die Luft. Unzählige Helfer sind mit Aufräumarbeiten und der Reparatur von Verbindungsleitungen der Abfüllanlage beschäftigt. Die Brennerei selbst erlitt zum Glück nur einen geringen Schaden. Zwei Barbancourt Arbeiter wurden vom Beben getötet, einhundert der zweihundertfünfzig Beschäftigten wurden obdachlos. Spezialisten arbeiten an den wertvollen und zersplitterten Eichenfässern, um diese zu reparieren. Laut Gardere ist die diesjährige Ernte auf den Zuckerrohr-Feldern bereits in vollem Gange. Er hofft, dass die Abfüllung für den Export innerhalb der nächsten Wochen gestartet werden kann. Somit wäre das Unternehmen bereits wenige Wochen nach dem vernichtenden Erdbeben in der Lage, einige seiner laufenden Aufträge zu erfüllen.
So schrecklich und vernichtend das Beben vom 12. Januar 2010 auch war- für die Destillerie Barbancourt trat ein unvorhergesehener Nebeneffekt ein. Die Nachfrage nach haitianischem Rum der Marke Barbancourt ist gewaltig gestiegen, das Unternehmen steigerte seinen Marktwert. „Es ist traurig- aber für das Image von Barbancourt gut. Nun ist unser Rum ein seltenes und rares Produkt. Deswegen müssen wir uns vor Selbstgefälligkeit hüten und darauf achten, dass angesichts der angespannten Versorgungslage nach dem Beben die Kunden nicht einfach ihren Bedarf an Rum in der benachbarten Dominikanischen Republik. auf dem lokalen Markt dort decken.
„Eine zu lange Abwesenheit aus dem internationalen Markt könnte unsere internationale Position bedrohen. Deswegen ist Eile ratsam, denn die Exportwirtschaft hat für uns oberste Priorität“, so Gardere. Sein Herstellungsverfahren macht den haitianischen Rum einzigartig und lehnt sich stark an das französische Vorbild der aufwendigen Cognac-Destillation an. Nicht nur dies macht den Barbancourt zu einem vorzüglichen Rum, sondern auch die Tatsache, dass er vier Jahre in speziellen französischen Eichenholzfässern der Firma Seguin Moreau lagert.