Im südamerikanischen Land Brasilien hat am Sonntagmorgen (08:00 Uhr Ortszeit) die erste Runde der Präsidentschaftswahl begonnen. 142.822.046 Brasilianer wählen neben dem Staatsoberhaupt und den 513 Parlamentsabgeordneten auch die Gouverneure der 27 Bundesstaaten und ein Drittel der Senatoren. Nur wenige Minuten nach Öffnung der Wahllokale strömten bereits die ersten Wahlberechtigten an die elektronischen Wahlmaschinen. Brasilien rühmt sich, die größte Demokratie in Lateinamerika zu besitzen – Stimmenkauf und Unregelmässigkeiten bestimmen allerdings das Wahlgeschehen.
Die 30-jährige Maiara da Silva hat bereits kurz nach 08:00 Uhr ihre Wohnung in einem vornehmen Stadtteil der brasilianischen Stadt São Luís (Hauptstadt des Bundesstaates Maranhão) verlassen. Sie will ihrer Wahlpflicht früh nachkommen, in der Millionenmetrople herrschen bereits am Morgen über 30 Grad. Maiara hat noch keine 100 Meter zurückgelegt, als sie bereits von einer Frau angesprochen wird. Diese hält in ihrer rechten Hand eine Plastiktüte, die randvoll mit Geldscheinen gefüllt ist. Nach einem kurzen Morgengruß kommt sie auch gleich zur Sache. Sie sei die „Helferin“ eines Abgeordneten und möchte doch höflich darum bitten, „richtig“ abzustimmen. Ihren Wunsch untermauert sie mit 30 Reais (etwa zehn Euro), die sie Maiara bereits als kleines „Dankeschön“ in die Hand drücken will.
Die Praxis des Stimmenkaufs ist der 30-jährigen Verwaltungsangestellten bereits von den Wahlen im Jahr 2006 und 2010 bekannt. Nach ihren Worten hat sich allerdings einiges verändert. „Bei den letzten beiden Wahlen agierten diese Stimmenkäufer noch meist im Verborgenen. Jetzt treten sie unbehelligt in die Öffentlichkeit. Von den in Rundfunk und TV angekündigten Sicherheitskräften ist zumindest hier in diesem Teil von São Luís nicht viel zu sehen“, so Maiara in einem Interview mit agência latinapress.
Die zweite Überraschung gibt es dann im Wahllokal. Vor der Abstimmungslokalität hängen Fotos der Kandidaten, die mit den jeweiligen Namen und Nummern jedes einzelnen versehen sind. Als Maiara die Nummer ihres Kandidaten in die mit einem Biometrieleser versehene Wahl-Maschine eingeben will, erscheint dort zwar die eingegebene Nummer, das Bild des Kandidaten ist jedoch ein ganz anderes. Auf Nachfrage rümpft die den Wahlprozess begleitende Aufsichtsperson die Nase – und winkt genervt ab.
XIIIIIIIIIIIIII #SELFIENAURNA… A CADEIA VEM. pic.twitter.com/9Zl1cbVKAr
— Comunidade CartolaFC (@cmm103019174) October 5, 2014
Obwohl den Brasilianern verboten wurde, an diesem Sonntag Fotos von sich und vom Stimmzettel zu machen, scheint sich niemand darum zu kümmern (Strafe von bis zu zwei Jahren Gefängnis). In der als Wahllokal dienenden Schule wird mit Handys fotografiert – die sogenannten „Wahl-Selfies“ gelten als schick.
Bereits kurz vorher hatte sich ein weiterer gravierender Vorfall im „Centro de Enseñanza Cecilia Meireles“ ereignet. Eine als Wahllokal dienende Schule wurde von einer Bande Krimineller überfallen und verwüstet. Gleichzeitig steckten die Chaoten alle vier Wahlurnen in Brand. Ebenfalls in den frühen Morgenstunden hatten Einheiten der Militärpolizei den Ehemann der Bürgermeisterin von Urbano Santos (Iracema Vale) festgenommen. Dieser trug 60.000 Reais (20.000 Euro) Bargeld bei sich, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdacht auf Stimmenkauf.
Venezuela laesst Gruessen