Zum Abschluss einer mehrtägigen Reise durch die Karibik ist der französische Präsident François Hollande in Haiti eingetroffen. Das Nachbarland der Dominikanischen Republik war nach der französischen Kolonialzeit der reichste Staat in Lateinamerika, ist jedoch inzwischen das einzige Land des amerikanischen Doppelkontinents, das zu den am wenigsten entwickelten Ländern gezählt wird. Hollande sicherte seinem haitianischen Amtskollegen Michel Martelly Investitionen zu, vermied dabei aber das Wort „Reparationen“ (Transferleistungen in Form von Kriegsentschädigungen und Wiedergutmachungsleistungen). Paris hatte Port-au-Prince bereits kurz nach dem verheerenden Erdbeben im Jahr 2010 Schulden in Höhe von rund 77 Millionen US-Dollar erlassen.
Haiti hatte während des größten Teils seiner Geschichte unter Gewaltherrschern und Kleptokraten zu leiden. Nach der Besetzung des zu Spanien gehörenden östlichen Teils der Insel (der späteren Dominikanischen Republik) wurde 1822 auch dort die Sklaverei abgeschafft. Frankreich verlangte als Gegenleistung für die Anerkennung der Unabhängigkeit Haitis im Jahr 1825 Entschädigungen für ehemalige Plantagenbesitzer. Jahrzehntelang zahlte der einzige unabhängige französischsprachige Staat Lateinamerikas an Frankreich, insgesamt 90 Millionen Gold-Franc.
Der Besuch von Hollande war der erste offizielle Besuch eines französischen Staatschefs seit der Ausrufung der Unabhängigkeit in Haiti im Jahre 1804. „Wir können nicht die Geschichte verändern, aber wir können die Zukunft ändern“, so Hollande nach einem Treffen mit seinem Kollegen Michel Martelly. Die geplanten Investitionen in Entwicklungsprojekte bezeichnete er als wirkungsvolle Leistung zur Tilgung einer vorhandenen moralischen Schuld.
„Keine Verhandlungen und keine Entschädigungen können die Wunden der Geschichte, die uns auch heute noch kennzeichnen, reparieren. Haiti hat nicht vergessen, aber Haiti ist nicht stur,“ erklärte Präsident Martelly. Er betonte, dass Haiti seine Beziehungen zu der ehemaligen Kolonialmacht wieder festigen/ausbauen will – ohne Reparationen zu fordern.
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