Brasiliens Bevölkerung erhält zu wenig Gegenleistung für die gezahlten Steuern. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des brasilianischen Instituts für Steuerplanung (IBPT). Danach belegt Brasilien seit fünf Jahren in Folge den letzten Platz beim Vergleich von Steuerbelastungen und Rückflüssen aus der öffentlichen Hand. Allein in den ersten fünf Monaten dieses Jahres haben die Menschen in Brasilien über umgerechnet 260 Milliarden Euro an den Fiskus bezahlt. Trotzdem liegt die Infrastruktur in vielen Teilen des Landes brach, sind Schulen und Krankenhäuser schlecht ausgestattet oder fehlen gänzlich.
Die Investitionsmöglichkeiten wären mit dem Steueraufkommen jedoch durchaus vorhanden, auch wenn die Regierung eine Investitionsbremse angekündigt hat. Mit dem alleine bis Mai eingenommenen Geld ließen sich theoretisch über 62 Millionen Klassenzimmer bauen und einrichten, 747.420 Kilometer Straße asphaltieren, 9,3 Millionen Kilometer Kanalisation anlegen, knapp 1,2 Milliarden Mindestlöhne bezahlen oder knapp drei Millionen Gesundheitsposten bauen und ausstatten. In der Realität lassen die öffentlichen Leistungen wie im Gesundheits- und Bildungswesen sowie bei der öffentlichen Sicherheit allerdings mehr als zu wünschen übrig.
Die anhaltende Steuerverschwendung und die fehlenden Investitionen dürften sich auch mittelfristig auf die Wirtschaftsdaten auswirken und dort für größere Schwankungen sorgen. Für Spekulanten und Analysten könnte dies allerdings ein einträgliches Geschäft sein. Denn die Wirtschaftszahlen sind im Agrarstaat Brasilien natürlich vornehmlich von Produktion und Ernten abhängig. Auf die daraus resultierenden Preisschwankungen können dann vor allem Anhänger binärer Optionen spekulieren. Wer bei dieser nicht unumstrittenen Form der modernen Finanzspekulation sein Geschäft machen will, sollte sich allerdings zuvor hier ausführlich über das Geschäftsmodell informieren.
Wie schlecht es um die effiziente Nutzung der öffentlichen Gelder auch im internationalen Vergleich bestellt ist, zeigt die Studie recht deutlich. So wertete die Erhebung auch die Leistungen der 30 Länder, in denen weltweit am meisten Steuern bezahlt werden. Dabei werden zudem die Steuerbelastungen, das Bruttoinlandsprodukt und der menschliche Entwicklungsindex (Human Development Index) in Bezug gesetzt. Während Australien, USA und Südkorea die ersten drei Plätze belegen, bildet Brasilien abermals das Schlusslicht. Das südamerikanische Land liegt dabei noch weiter hinter seinen Nachbarn Uruguay (Platz 11) und Argentinien (Platz 19) sowie hinter Chile, welches in Lateinamerika ohnehin den höchsten Entwicklungsstandard aufweist.
Dass viele Steuergelder in Brasilien in falsche Projekte gesteckt, unnötig verprasst oder sogar illegal in fremde Tasche fließen, sieht man bei einem Besuch des Landes mehr als deutlich. Denn die Steuern in Brasilien sind mit über 35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) ähnlich hoch wir in den mächtigen Industrienationen der ersten Welt. In Deutschland beispielsweise dürfte der Anteil von 36,7 Prozent des BIPs deutlich mehr zum Wohl der Bevölkerung beitragen als unter dem Zuckerhut, wo auch weiterhin große Teile der Bevölkerung unter großer Armut und prekären Lebensbedingungen leben.
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