In diesen Tagen musste ich immer wieder an Luisa denken und daran, wie es ihr wohl gehen mag, wenn sie die Bilder des verheerenden Erdbebens in ihrer neuen Heimat sieht. Gerade hat sie mir geschrieben, dass sie dort war und das Beben gespürt hat, eine endlose Minute lang, aber zum Glück weit genug weg. Nah gekommen sind jedoch die Nachrichten von der Katastrophe und den Nöten der Menschen in der Krisenregion. Luisa hatte Sehnsucht und war einfach für ein paar Wochen nach Ecuador geflogen – zur Generalprobe gewissermaßen. Nun ist sie zurück und bereitet sich auf den Abschied vor. In vier Wochen geht wieder ein Flieger, diesmal direkt ins neue Leben. Vorher feiert sie noch Geburtstag, ihren 24. Das wollte sie so.
Luisa hat sich entschieden, Deutschland, seinem Klima und sonstigen Widrigkeiten den Rücken zu kehren – der Liebe wegen. Es hätte auch einen anderen Grund geben können, ebenso ein anderes Land, denn Luisa ist spontan und macht gern neue Erfahrungen nach dem Motto: was soll ich in einem Land, das ich schon kenne? – aber es war eben eine Liebe in Ecuador. Den Ring trägt sie schon, und ihr Mann hat inzwischen das ‚Nest’ gebaut. Paúl ist Arzt, „gewissenhaft, zuverlässig und aktiv. Ich bin eher faul“, sagt Luisa. Das komme daher, dass ihr eigentlich alles in den Schoss gefallen sei, ohne dass sie viel dafür tun musste. Aber ihr habe immer der nötige Ehrgeiz gefehlt, vielleicht, weil es bisher nie das Richtige war.
„Ich träumte schon als Kind davon, Tierärztin zu werden“, erzählt Luisa, aber erst versuchte sie es mit Psychologie, und weil es das auch nicht war, ließ sie sich zur Hörgeräte-Akustikerin
ausbilden. Der Beruf gefiel ihr wegen des Kontakts zu vielen verschiedenen Menschen. Nach der Ausbildung wollte sie eigentlich nach Peru, aber das gestaltete sich dann doch zu kompliziert und zu teuer. „Mein Vater fragte einen Arbeitskollegen, der aus Ecuador stammt, ob er vielleicht eine Idee hätte.“ Er hatte. Kontaktierte seine Schwestern, die Luisa der Direktorin einer Grundschule in Cuenca empfahlen, die heute ihre Schwiegermutter ist. Das alles passierte vor gerade mal einem Jahr, und am 4. Dezember wurde schon Hochzeit gefeiert. In Cuenca, mit ihren Eltern. Happy end nach dem ersten Schock. Irgendwann soll es noch mal ein richtig großes Fest geben, mit Familie und Freunden. In Ecuador oder in Deutschland.
Im Augenblick ist allerdings keine Zeit für Romantik. Luisa räumt und packt, verkauft und verschenkt, recherchiert, wie sie was womit verschicken kann und vor allem, was es kostet, überlegt, was oder ob sie überhaupt was mitnehmen soll, und sie hat sich über Zugangs- und Studienbedingungen an der Universität von Cuenca informiert. Luisa will endlich ihren Traum erfüllen und Veterinärmedizin studieren. Cuencas Hunde haben es ihr angetan, um die würde sie sich später gern kümmern. Gleich nach ihrer Ankunft will sie an einem dreimonatigen Vorbereitungskurs teilnehmen, und wenn die Prüfung bestanden ist, kann sie loslegen. Und wenn nicht? Dann kommt eben etwas anderes, lacht Luisa und verstaut ihr Spanisch-Lehrbuch in der Tasche.
Luisa lamentiert nicht viel über wenn und aber, sie ist gespannt auf das, was passieren wird. Sicher fehlten ihr im Moment noch die sozialen Kontakte, aber da sei eine liebevolle Großfamilie und einige Freunde ihres Mannes, die sie schon kenne. Keine Bedenken, Ängste, die Frage, ob das alles so richtig war? „Sicher ist so eine Entscheidung nicht einfach, ich lasse ja das Liebste zurück, meine Familie, meine Freunde, aber wir leben in einer globalen Welt, in der alles möglich und nichts endgültig ist. Und wenn ich es nicht tue, weiß ich nicht, wie es gewesen wäre.“
Luisa hat einfach Vertrauen in ihr Glück: „Paúl nimmt mich mit auf seine Reise.“
Leider kein Kommentar vorhanden!