Senckenberg-Wissenschaftler haben in Kooperation mit der CONICET in Argentinien einen spektakulären Fund aus dem UNESCO Welterbe Grube Messel untersucht: Eine fossile Schlange, in deren Magen eine Echse zu erkennen ist, die wiederum einen Käfer verspeist hat. Der Fund der dreigliedrigen etwa 48 Millionen Jahre alten fossilen Nahrungskette ist für Messel einmalig, weltweit gibt es nur ein einziges vergleichbares Fundstück. Die Studie wurde kürzlich im Senckenberg-Fachjournal „Palaeobiodiversity and Palaeoenvironments“ veröffentlicht.
Dass die Grube Messel fantastische Fossilien beherbergt, ist kein Geheimnis – doch einige Funde sind so sensationell, dass auch langjährige Messelforscher ins Staunen kommen: „Wir konnten im Jahr 2009 eine Platte aus der Grube bergen, die eine beinah vollständig erhaltene Schlange zeigt“, erzählt Dr. Krister Smith von der Abteilung Messelforschung am Senckenberg Forschungsinstitut in Frankfurt und fährt fort: „Doch damit nicht genug: Im Magen der fossilen Schlange fanden wir eine versteinerte Eidechse und in deren Innerem wiederum einen fossilisierten Käfer!“
Die Erhaltung von fossilen Nahrungsketten ist extrem selten; aus dem UNESCO Welterbe sind aufgrund der exzellenten Konservierung in der Fundstelle bereits Blätter und Trauben aus dem Magen eines Urpferdchens, Pollenkörner im Verdauungstrakt eines Vogels und Insektenreste im fossilen Fischkot bekannt. „Eine dreigliedrige Nahrungskette haben wir aber bisher noch nie entdeckt. Das ist für Messel einmalig!“, freut sich Smith. Weltweit ist bislang nur ein weiteres Beispiel für solch eine fossile Erhaltung bekannt: Bei einem 280 Millionen Jahre alten Hai.
Durch die Untersuchung mit einem hochauflösenden Computertomographen konnte Smith und sein Kollege Agustín Scanferla aus Argentinien sowohl die Schlange als auch die Echse auf Artebene bestimmen. Smith hierzu: „Bei dem Schlangenfossil handelt es sich um eine Palaeophython fischeri, die Echse gehört zu der bisher ausschließlich in Messel gefundenen Art Geiseltaliellus maarius.“ Die Schlange misst 103 Zentimeter und ist damit wesentlich kleiner als sonstige Exemplare dieser Art, die gut zwei Meter lang werden können. Smith geht daher davon aus, dass es sich um ein juveniles Tier der mit den heutigen Boas verwandten Schlange handelt.
Die Echse ist von Kopf bis Schwanzende etwa 20 Zentimeter lang – Schlangenrippen, die über dem baumlebenden Reptil liegen zeigen deutlich, dass sich die Echse im Inneren der Schlange befindet. Geiseltaliellus maarius trug vermutlich einen kleinen Scheitelkamm. Er konnte seinen Schwanz bei Gefahr abtrennen, bei seiner Erbeutung verlor er diesen aber nicht. „Den Käfer konnten wir leider nicht eindeutig bestimmen. Dafür war der Erhaltungszustand zu schlecht“, ergänzt der Frankfurter Messelforscher. Dennoch gibt der kleine Krabbler Auskunft über das bisher kaum bekannte Freßverhalten der Messeler Echsen: In bisherigen Funden wurden in den Reptilienmägen nur pflanzliche Überreste gefunden; dass die Echsen auch Insekten fraßen, deutet auf eine Ernährung als Allesfresser hin.
Der einzigartige Fund stammt aus einer Schicht des Mittleren Eozäns und ist etwa 48 Millionen Jahre alt. „Da der Mageninhalt relativ schnell verdaut wird und die Echse in einem sehr guten Erhaltungszustand ist, gehen wir davon aus, dass die Schlange nur ein bis zwei Tage nach der Nahrungsaufnahme starb und auf den Boden des Messelsees sank, wo sie dann konserviert wurde“, erläutert Smith. Pech für die Schlange – Glück für die Wissenschaft!
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