Im südamerikanischen Land Brasilien ist die soziale Ungerechtigkeit im Bildungssystem deutlich sichtbar. Die begehrten qualitativ hochwertigen und kostengünstigen Studiengänge der Bundeshochschulen stehen letztendlich den Bewerbern zur Verfügung, die zuvor die Kosten für eine private Mittelschule aufbringen konnten. Es krankt an vielen Stellen im Bildungssystem und die Bürger sind wütend, dass die Regierung Lula und Rousseff Milliarden US-Dollar in die Ausrichtung der WM und der Olympischen Spiele investiert hat, anstatt in marode Schulen. Das Vertrauen in das staatliche Bildungssystem ist geschwunden, rund ein Fünftel der brasilianischen Kinder und Jugendlichen besucht inzwischen private Bildungseinrichtungen. Landesweit sind seit über eine Woche etwa 1.000 staatliche Schulen und 150 höhere Bildungseinrichtungen besetzt, Schüler- und Studentenbewegungen fordern eine kostenlose öffentliche Bildung von hoher Qualität für alle. Präsident Temer erbte nach der Amtsenthebung von Dilma Rousseff die tiefste Rezession seit den 1930-er Jahren und hat bereits weitreichende Reformen des Rentensystems, des Arbeitsrechts und der Wirtschaft angekündigt. Auch ein Sparprogramm gehört zu seinen Plänen, Temer verzichtet auf das Anwerfen der Notenpresse wie im Nachbarland Venezuela. Die aktuellen Proteste kommen zu einem politisch ungünstigen Zeitpunkt und sind nach Meinung von Ramos Ronaldo Caiado, Senator Bundesstaat Goiás, das Werk von Verschwörern.
Caiado ist einer der aktivsten Senatoren des Bundeskongresses und wegen seiner Anzahl von Reden und konstruktiven Vorschlägen parteiübergreifend geschätzt. Er bezeichnet es als peinlich, dass ein Großteil der „Protestierenden“ überhaupt nicht weiß, weshalb er protestiert. „Die Amtsenthebung von Rousseff war ein Schlag für die Arbeiterpartei (PT) und die Abstrafung bei den Kommunalwahlen demoralisierend. Die PT und ihre Satelliten haben den größten Rückschlag in ihrer Geschichte erlitten und maßen sich trotzdem an, im Namen des Volkes zu sprechen. Den linken Fundamentalisten ist offenbar entgangen, dass das brasilianische Volk an der Urne klar entschieden hat. Hier wird es kein Aushebeln der Demokratie wie in Venezuela geben. Trotzdem versucht diese räuberische und korrupte Sekte einmal mehr in das revolutionäre Chaos zu investieren und missbraucht dafür jugendliche Studenten“, so Caiado.
Der Kongressabgeordnete weist darauf hin, dass die Regierung unter Rousseff noch zwei Wochen vor der Amtsenthebung eine Kürzung der Bildungsausgaben in Höhe von 10,2 Milliarden Reais (1 Real = 0,294 US-Dollar) angekündigt hatte – ohne Protest von links.
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