Ein aktuelles Rechtsgutachen zeigt, dass die in der EU eingereichten Anträge auf Anbau von gentechnisch verändertem Mais in zentralen Punkten fehlerhaft sind. Die Anträge müssen laut Rechtsgutachten zurückgewiesen und die bereits bestehende Zulassung für Mais MON810 widerrufen werden. Betroffen sind die Konzerne Monsanto, Pioneer/DuPont und Syngenta. Die Firmen haben aktuelle Entwicklungen nicht berücksichtigt und deswegen die Risiken einer unkontrollierten Ausbreitung der manipulierten Mais-Gene falsch eingeschätzt.
Schuld ist das überraschende Auftreten der Pflanzenart Teosinte. Diese breitet sich insbesondere in spanischen Maisfeldern aus. Dort werden auch die meisten Gentechnik-Pflanzen in der EU angebaut. Teosinte kann mit Mais hybridisieren und fruchtbare Nachkommen produzieren. Dadurch kann es zu einer Übertragung der in den Mais zusätzlich eingebauten Gen-Konstrukte kommen.
Die EU-Richtlinien verlangen ausdrücklich, die Risiken eines Gen-Austauschs zwischen gentechnisch veränderten Pflanzen und anderen Pflanzenarten im Detail zu prüfen. Derartige Untersuchungen sind ein zentrales Element der Risikobewertung, da eine unkontrollierte Ausbreitung der Gen-Konstrukte erhebliche Schäden für Landwirte und die Umwelt verursachen kann. Doch in den vor mehreren Jahren eingereichten Anträgen der Firmen wird ein Gen-Austausch zwischen Mais und anderen Pflanzenarten ausdrücklich ausgeschlossen. So schreibt beispielsweise Pioneer/DuPont: „Teosinte ist eine ursprüngliche wilde Grasart, die in Mexiko und Guatemala auftritt, aber nicht in der EU.“
Spätestens seit 2009 ist jedoch das Auftreten von Teosinte in Spanien aktenkundig. Nach dem Rechtsgutachten hätten die Konzerne das Auftreten der Teosinte den EU-Behörden offiziell melden und eine Risikobewertung vorlegen müssen. Das ist aber nicht passiert. Stattdessen behauptete Monsanto, dass das Auftreten der Teosinte zu vernachlässigen sei.
„Dieses Problem haben die Konzerne mit ihrer Ignoranz selbst verursacht. Jetzt müssen die Zulassungsverfahren gestoppt, und der Anbau von MON810 muss bis auf Weiteres beendet werden“, sagt Christoph Then für Testbiotech. „Falls die EU-Kommission die Zulassungen auf der Basis der gegenwärtigen Anträge weitertreibt, bedeutet dies nicht nur erhebliche Risiken für die Umwelt, auch das Vertrauen in die Rechtssicherheit der EU würde erheblichen Schaden nehmen.“
Die Teosinte-Pflanzen haben sich in Spanien bereits auf mehreren Hundert Hektar ausgebreitet und verursachen erhebliche wirtschaftliche Schäden. Derzeit ist aber nicht bekannt, welche Unterart von Teosinte auf den Feldern wächst. Ohne Kenntnis der genauen Unterart kann das Risiko der Gen-Übertragung jedoch nicht seriös bewertet werden, deswegen sind jetzt ausführliche Untersuchungen notwendig. Kommt es zu einer Gen-Übertragung, könnten die Teosinte-Pflanzen Insektengifte produzieren oder auch andere unerwartete Eigenschaften aufweisen.
Das Gutachten wurde von Testbiotech in Auftrag gegeben. Der Verfasser, Professor Ludwig Krämer, gilt als einer der erfahrensten Experten im Bereich des EU-Umweltrechts. Seinem Rechtsgutachten zufolge betreffen die aktuellen Probleme drei Varianten von Gentechnik-Mais, die Insektengifte produzieren (MON810, Bt 11 und Mais 1507), sowie einen Mais, der gegenüber Herbiziden resistent gemacht wurde (GA21). Die EU-Kommission und die Vertreter der Mitgliedsstaaten wollen am 9. Dezember über drei der Anträge beraten. Eine Abstimmung ist für den 17. Januar 2017 angesetzt.
Gesprächen mit Insidern in den Jahren 2003 bis 2005 konnte ich entnehmen, dass sämtliche U.S. Agrar-Riessen die weltweite Verbreitung von gentechnisch veränderten Getreide- und Ölsaaten als unwiderrufliche Tatsache vorsätzlich herbeigeführt haben, gerade in Ländern, in denen Einfuhr und Anbau solcher Pflanzen verboten ist. Man sagte mir unverblümt, bei Transport, Lagerung und Verarbeitung (z.B. in Mühlen) werden – wissentlich – sämtliche natürlichen Saaten mit Rückständen von gentechnisch modifizierten Produkten vermischt. Deshalb müssten wir Traumtänzer uns mit der Gentechnik in unserer Nahrung als Tatsache abfinden. Getreide- und Ölsaaten, frei von genetisch modifizierten Produkten, gebe es einfach nicht mehr, und man würde auch keinen Liefervertrag akzeptieren, der das Gegenteil garantiere. Dies sei so gewollt und deshalb hätte man umumkehrbare Fakten geschaffen.