Die sogenannte Petrobras-Affäre lässt in Lateinamerika und besonders in Brasilien keinen Stein auf dem anderen. In das gigantische Geflecht von Korruption und Nepotismus ist auch die Brasilianische Entwicklungsbank (Banco Nacional de Desenvolvimento Econômico e Social, Kurzform BNDES) verwickelt, die Projekte im Ausland finanziert. Der Baukonzern Odebrecht gehörte zu den grössten Empfängern von günstigen Staatskrediten, Brasiliens ehemaliger Präsident Lula da Silva soll darin verwickelt sein und wird in mindestens vier Fällen wegen Korruption und Geldwäsche angeklagt. Nachdem die BNDES am 11. Oktober angekündigt hatte, alle Verträge hinsichtlich der Finanzierung von Auslands-Projekten an Odebrecht zu überprüfen, wurden nun geplante Auszahlungen in Höhe von rund 3,6 Milliarden US-Dollar für 16 Infrastrukturprojekte in Argentinien, Venezuela, Dominikanische Republik, Kuba, Honduras und Guatemala ausgesetzt.
Das brasilianische Außenministerium ist an den Verhandlungen über die Wiederaufnahme der Auszahlungen involviert und betonte am Wochenende, dass dies nur nach Unterzeichnung eines Abkommens zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber-Ländern geschehen könne. An den Arbeiten für die gesperrten Infrastrukturprojekte sind fünf der größten brasilianischen Unternehmen beteiligt (Odebrecht, Andrade Gutierrez, Camargo Corrêa, Queiroz Galvão und OAS). Die größten Nutznießer der undurchsichtigen Kredite sind Venezuela und die Dominikanische Republik. Caracas muss fünf Projekte neu verhandeln, darunter Darlehen für die Erweiterung der U-Bahn in der Hauptstadt (1,28 Milliarden US-Dollar) und zur Modernisierung der Astialba Werft für die Herstellung von Öltankern der PDVSA. In der Dominikanischen Republik hängen sechs Projekte in der Luft, darunter Bewässerungsprojekte und ein Thermoelektrisches Werk in Punta Catalina mit geschätzten Kosten von 656 Millionen US-Dollar.
Besonders auffällig ist, dass das größte Finanzierungsvolumen durch die BNDES in ganz Lateinamerika auf Venezuela entfiel. In auffälliger Regelmäßigkeit hatten die brasilianischen Unternehmen Odebrecht, Camargo Corrêa, Andrade Gutierrez und Queiroz Galvão (alle in Lava-Jato verwickelt) seit dem Jahr 2000 Aufträge für 42 Projekte im Gesamtwert von über fünfzig Milliarden US-Dollar erhalten. Odebrecht führt das Ranking mit 32 Verträgen in 16 Jahren an (40,98 Milliarden US-Dollar).
Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und Venezuelas ehemaliger Präsident Hugo Chávez haben sich zwischen den Jahren 1998 und 2013 mindestens 55 Mal getroffen (22 mal in Brasilien, 14 mal in Venezuela und 19 mal in anderen Ländern). Als der tief in den Skandal aus Vetternwirtschaft und Korruption verstrickte Lula 2004 an die Macht kam, wurden 37 Vereinbarungen zwischen den Regierungen von Venezuela und Brasilien unterzeichnet, in 27 Fällen war Odebrecht der Nutznießer.
In den letzten Jahrzehnten hat Brasilien seine politische Macht in Lateinamerika, der Karibik und Afrika massiv ausgebaut. Zwischen 2005 und 2010 haben sich die BNDES-Kredite vervierfacht. In einem einzigen Jahr (2010) erreichten die brasilianische Bankkredite fast 100 Milliarden US-Dollar -die dreifache Summe der durch die Weltbank (IBRD) gewährten Darlehen.
„…im Gesamtwert von über 50.000 Milliarden US-Dollar…“ Hier dürfte wohl das Komma verrutscht sein.
Ansonsten sehr aufschlussreiche Zahlen, die perfekt in das Gesamtbild passen, welche eine recht breite Bevölkerungsschicht in Venezuela von den Vorgängen hat, auch wenn Details nicht vielen bekannt sind.