Am 24. Mai 2017 wurde das neue brasilianische Einwanderungsgesetz (Gesetz Nr. 13.445/2017) verabschiedet; es tritt 180 Tage nach seiner Veröffentlichung in Kraft. Das Gesetz, für das der Senator und Außenminister Aloysio Nunes Ferreira verantwortlich zeichnet, wurde seitens diverser internationaler Organisationen, die sich mit Migrationsthemen befassen, positiv aufgenommen, darunter dem Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlingsfragen (UNHCR), der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes.
Die brasilianische Regierung hat umfassende Beratungen mit Behörden, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden sowie Vertretern der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft durchgeführt, um die derzeit noch geltende, aus den 80er Jahren stammenden Bestimmungen zu ersetzen. Im Zentrum des neuen Gesetzes steht die Achtung der Rechte von Migranten und die Integration von Ausländern, ohne dabei sicherheitsrelevante Fragen außer Acht zu lassen. Es sieht zudem ein modernes und flexibles System zur Visa-Vergabe und eine Reihe von Verbesserungen für die Arbeit des Ministeriums im Ausland sowie neue Arten von Visa vor, darunter ein humanitäres Visum. Und schließlich gewährt es der Exekutive weitreichende Möglichkeiten, unter Wahrung der Interessen des Landes Visabefreiungen zu erteilen.
Der neue Gesetzestext spiegelt darüber hinaus die seit vielen Jahren von Brasilien vertretenen Positionen in regionalen und multilateralen Foren wider, darunter u.a. die Nichtkriminalisierung der Migration, der Schutz der Rechte von Migranten und die Regelung ihrer rechtlichen Situation. Es ist zudem Ausdruck einer grundsätzlich positiven Einstellung gegenüber Einwanderern und der Anerkennung ihres wertvollen Beitrages zum Aufbau unserer Nation und nicht zuletzt der neuen brasilianischen Realität als ein Auswanderungsland, als das es seinen Einwanderern die gleichen Rechte zugestehen möchte die es sich für Brasilianer im Ausland wünscht.
Im Folgenden einige Elemente des neuen Gesetzes:
a) Das neue Gesetz bestimmt, dass kein Einwanderer seine Freiheit verliert, allein weil er sich irregulär im Land aufhält. Als Sanktionen sind Bußgelder und Abschiebung vorgesehen. Irregulärer Aufenthalt wird künftig als Ordnungswidrigkeit eingestuft. Im Falle von strafrechtlichen Vergehen von Migranten in Brasilien findet das Strafgesetzbuch Anwendung.
b) Migranten mit irregulärem Aufenthalt werden die gleichen verfassungsmäßigen Rechte zuerkannt wie Brasilianern.
c) Der neue Text ermöglicht unabhängig von den Umständen der Einwanderung die Vergabe eines Aufenthaltstitels auf brasilianischem Staatsgebiet, sofern alle Voraussetzungen im Einzelfall gegeben sind. So kann auch ein Tourist, der die Zulassung für ein Hochschulstudium erlang hat, ein Studentenvisum beantragen, ohne erneut das Land verlassen zu müssen. Die Umschreibung des aufenthaltsrechtlichen Status‘ wird in Brasilien selbst erledigt, das Verfahren wird dadurch rationaler und effizienter.
d) Es wurde ein modernes und flexibles Visaverfahren geschaffen. Unter Berücksichtigung ähnlicher Tendenzen weltweit wird das Besuchsvisum eingeführt, welches das Touristen- und das Geschäftsvisum ersetzt und an Ausländer vergeben wird, die für einen kurzen Zeitraum nach Brasilien kommen und weder einer bezahlten Tätigkeit nachgehen noch dort einen Wohnsitz nehmen wollen.
e) Unbeschadet des freien Zugangs von Ausländern zum öffentlichen brasilianischen Gesundheitssystem wird es künftig auch ein Visum für medizinische Behandlungen geben, das einen Aufenthalt im Land ermöglicht, wenn die erforderlichen Behandlungsmethoden im Herkunftsland nicht verfügbar sind. Hierbei ist allerdings nachzuweisen, dass der Antragsteller über ausreichende Mittel verfügt, um die Behandlung zu bezahlen.
f) Ein weiteres neu eingeführtes Visum ist das für „Ferienarbeitsaufenthalte“, das an Ausländer ab 16 Jahren vergeben werden kann, sofern deren Herkunftsland Brasilianern die gleichen Vorzüge gewährt. Damit soll der Austausch von Jugendlichen aus Brasilien und anderen Ländern gefördert werden. Durch das neue Gesetz wird die Umsetzung gegenseitiger Übereinkünfte zu diesem Thema erleichtert; es erlaubt zudem einen raschen Abschluss von Verhandlungen über einschlägige Abkommen (bisher gibt es eine entsprechende Übereinkunft nur mit Neuseeland, die Abkommen mit Deutschland und Frankreich wurden noch nicht vom Nationalkongress ratifiziert).
g) Angesichts der guten Erfahrungen mit der Ausstellung von Visa aus humanitären Gründen an haitianische Bürger und vom Konflikt in Syrien betroffene Ausländer wurde das humanitäre Visum geschaffen, um die Aufnahme von Menschen aus Ländern zu ermöglichen, die sich in einer schweren oder drohenden politisch-institutionellen Krise, einem bewaffneten Konflikt befinden (Einzelheiten werden in einer neuen Richtlinie festgelegt).
Allerdings sind die Ausführungsbestimmungen für das neue Gesetz noch nicht festgelegt. Das Justizministerium hat eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe unter Beteiligung des Itamaraty eingerichtet, die am 16. Mai erstmals zusammentrat, um ein entsprechendes Dekret zu erarbeiten.
Leider kein Kommentar vorhanden!