Zur Firma Smartmatic liefert die Presse kaum Hintergrund Informationen. So entsteht das Bild einer eher neutralen britischen Kompanie, die in die innenpolitischen Wirren Venezuelas reingezogen und deren Produkte ohne eigenes Verschulden zur Wahlmanipulation mißbraucht wurden. Das Internet dagegen ist voll von Wunderlichkeiten, Skandalen und mutmaßlichen Verbrechen gewaltigen Ausmasses. Hier eine kurze Zusammenfassung der Historie, die in Anbetracht der Fülle des Material wirklich stark komprimiert und nicht vollständig ist.
Der Vorläufer von Smartmatic hieß Software Softer, C.A. und wurde bereits 1997 in Caracas von Antonio Múgica und seinem Vater gegründet. Entwickler waren die 3 Ingenieure, Antonio Múgica, Alfredo José Anzola und Roger Piñate, Unternehmensziel Herstellung und Vertrieb von computerisierten Wahlsystemen, vornehmlich in den USA. So wurde Smartmatic 2000 als Neugründung in Delaware registriert.
Software Softer C.A., Caracas, wurde 2003 in Bizta umbenannt- doch ging das Geld aus. Sie erhielten Hilfe von „privaten Investoren“, beginnend mit 150.000 US-Dollar von Marieta Maarroui de Bolívar, Ehefrau des chavistischen Politikers Didalco Bolívar, Direktor der FONCREI, eine Regierungsinstitution für Industrie Finanzierungen.
Für die Präsidentschaftswahlen in 2004 gab es eine Ausschreibung der CNE zur Beschaffung von Wahlmaschinen. Es gewann das SBC-Consortium (S = Smartmatic, B = Bizta, C = CANTV), welches von der Tochter des damaligen Vizepräsidenten, José Vicente Rangel, vertreten wurde. Die CNE zahlte 128 Millionen Dollar zur Umrüstung gebrauchter Spielautomaten als Wahlmaschinen. Es gab Kick-Backs in Millionenhöhe an Regierungsmitglieder, wie z.B. 1,5 Millionen „Provision“ an Vize-Innenminister Morris Loyo Arnáez. Auch Jorge Jesús Rodríguez Gómez, damals Präsident der CNE, wurde reich bedacht. Gleichzeitig begann Alfredo José Anzola, einer der Smartmatic Gründer, eine sexuelle Affaire mit der Schwester des CNE Präsidenten, Delci Rodriguez, was wohl nicht überall gut ankam. In 2008 wurde er bei einem Flugzeugabsturz schwer verletzt. Diosdado Cabello persönlich lies ihn in rührender Anteilnahme in ein Krankenhaus mit „besserer Versorgung“ verlegen, in dem er dann auch bald verstarb.
Im Zuge undurchsichtiger Aktionen erwarb die Regierung 28% der Aktien von Smartmatic und etablierte den Vorsitzenden des Ministerrates und persönlichen Chávez Berater, Omar Montilla, in einen Direktorensessel.
Seitdem befanden sich Smartmatic’s Finanzierung und Management fest in der Hand der venezolanischen Regierung. 90% der Mitarbeiter arbeiteten bei Bizta in Caracas, nur 10% bei Smartmatic, ansässig in Florida und Kalifornien, in Delaware nur registriert. Bizta und Smartmatic fusionierten. Die Firma expandierte gewaltig, ohne nennenswerte Geschäfte. 2005 wurde Sequoia Voting Systems von einer britischen Firma gekauft. Dies zog eine Untersuchung des U.S. Aussenministeriums nach sich, bezüglich der Verbindungen zur venezolanischen Regierung. Smartmatic erklärte, mal U.S.-amerikanisch, mal holländisch zu sein, verlegte seinen Sitz nach London und versorgte zahlreiche Länder weltweit mit Wahlmaschinen. Die Untersuchung ergab, daß die wahren Besitzer sich hinter einem undurchsichtigen Netz von Holdingfirmen aus den Niederlanden und Barbados verbargen, hinter denen tatsächlich die venezolanische Regierung stand.
In 2014 versuchte man es mit einer anderen Tarnung und gründete die SGO Corporation Ltd. in London, mit dem britischen Lord Malloch-Brown als seriöses Aushängeschild. Das Geschäftsfeld wurde von Wahlsystemen erweitert auf „Kontrollsysteme für intelligente Städte“ (Haben die dabei an Caracas gedacht…?) und Identitätsmanagement (Totale digitale Überwachung und Ausspionieren von Bürgern per biometrischer Merkmale. Orwell lässt grüßen!)
In der Folge installierte man „innovative“ Systeme in diversen Ländern, nicht nur Wahlmaschinen, sondern auch Geräte zur Identifikation von Wählern, deren visueller und akustischer Überwachung. Allein bei den Wahlen in Brasilien 2012 setze Smartmatic 14.000 Techniker und 480.000 Wahlmaschinen ein. Noch während der Links-Regierung!
Bereits nach dem Referendum in Venezuela 2004 wurde publik, daß das System von Smartmatic die Sendung von Daten über das staatliche CANTV Netz zur CNE in 2 Richtungen vorsah, was zu „Unregelmäßigkeiten“ bei der CNE geführt hatte. – Also schon damals geplante, vorsätzliche Manipulation! – 2005 wurde publik, dass Techniker das Software Protokoll der Wahlmaschinen umgingen und das Wahlgeheimnis damit eliminierten. – Also weiß wohl die venezolanische Regierung seit 2005 von jedem Benutzer einer Wahlmaschine, für wen er gestimmt hat! Zumindest wurde die Möglichkeit dazu geschaffen.
Lord Mark Malloch-Brown, Vorsitzendender der Holding von Smartmatic, war bereits 1986 als beratender Chefstratege von Corazon Aquino tätig, bei der Führung der „Volks-Macht-Revolution“ gegen Diktator Marquinos. Nicht verwunderlich also, dass seit 2008 Smartmatic auch die Philippinen mit Wahlsystemen versorgt. In 2010 wurde die Firma erstmals der Mitwirkung an vorsätzlichem Wahlbetrug verdächtigt. Im Juni 2017 wurde ein komplettes Technikerteam, einschließlich des Technical Support Chefs, Marion Garcia, offiziell angeklagt, wegen illegalem Zugriff, Veränderung von Daten und Systemveränderungen im Wahlsystem während des Wahlprozesses in 2016. Es sollen inoffizielle Firmenserver zur illegalen Weiterleitung von Wählerinformationen benutzt worden sein, außerhalb jeder Kontrolle. Das Gerichtsverfahren läuft.
Mehr und mehr deutet darauf hin, dass Smartmatic nicht etwa Wahlsysteme herstellt, die womöglich Sicherheitslücken aufweisen und manipuliert werden können. Vielmehr scheint es sich eher um speziell für planmäßigen Wahlbetrug konstruierte Systeme zu handeln, die gleichzeitig das Wahlgeheimnis umgehen und jeden Oppositionswähler der Repression durch den Regierungsapparat preisgeben.
Wirklich peinlich, dass die Geräte von Smartmatic auch in den USA bereits bei Wahlen und Caucasus eingesetzt wurden!
Danke für die ausführliche Information. Und CANTV ist praktisch von den Kubanern dominiert ! Also wie schon lange vermutet , haben die gemeinsame Sache mit der Mafia von hier gemacht. Nun versuchen sie sich gegenseitig zu beschuldigen. Sie sind auf jedenfall Komplizen in einigen Dritte Welt Länder, deren Regierungen getürkte Wahlen benutzen um einen demokratischen Schein zu bewahren.
Gracias für den interessanten Artikel auch von meiner Seite.
Und ein ganz besonders herzliches Dankeschön für das Erwähnen von George Orwell in diesem Zusammenhang.
Für einige Kommentatoren hier wäre das übrigens mal ein guter Buchtipp wenn mal wieder das Bier knapp ist auf Margarita!!
Da sie hier bei LP für ihre Beiträge bekannt sind, müssen sie hoffentlich nicht damit rechnen, von ganz besonders intelligenten Menschen hier, doch noch als Troll oder VT „entlarvt“ zu werden ;-))